Wo die Nacht beginnt
Antwort und würdet Euch die Peinlichkeit ersparen, diese Frage zu stellen.« Raleigh verlagerte beiläufig das Gewicht und ließ dabei die Hand an den Griff seines Schwertes sinken.
»Aber, aber, Robin«, mischte sich die Königin ein und tätschelte nachsichtig seinen Ellbogen. »Ihr wisst, dass ich es nicht mag, wenn andere die Namen verwenden, mit denen ich meine Getreuen benenne. Lord Burghley und Master Roydon werden Euch diesmal noch vergeben.«
»Ich nehme an, die Lady ist Euer Weib, Roydon.« Der Earl of Essex richtete die braunen Augen auf mich. »Wir wussten gar nicht, dass Ihr geheiratet habt.«
»Wen meint Ihr mit wir? «, gab die Königin zurück und schlug diesmal fester auf seinen Arm. »Diese Sache betrifft Euch nicht, Lord Essex.«
»Immerhin hat Matt keine Scheu, sich mit ihr in der Stadt zu zeigen.« Walter strich sich übers Kinn. »Ihr habt ebenfalls kürzlich geheiratet, Mylord. Wo weilt Euer Weib an diesem schönen Wintertag?« Und schon geht’s los , dachte ich, während Walter und Essex verbal die Schwerter kreuzten.
»Lady Essex befindet sich in der Hart Street, im Haus ihrer Mutter, mit dem neugeborenen Erben des Earl an ihrer Seite«, antwortete Matthew für Essex. »Meine Glückwünsche, Lord. Als ich die Gräfin besuchte, erklärte sie mir, er solle nach Euch benannt werden.«
»Ja. Robert wurde gestern getauft«, bestätigte Essex steif. Die Vorstellung, dass Matthew bei seiner Frau und seinem Kind gewesen war, schien ihn zu erschrecken.
»Das wurde er, Mylord.« Matthew bedachte den Earl mit einem wahrhaft beängstigenden Lächeln. »Merkwürdig. Euch habe ich bei der Zeremonie gar nicht gesehen.«
»Genug gezankt!«, fiel ihm Elisabeth erbost ins Wort, wütend, dass ihr das Gespräch aus dem Ruder gelaufen war. Sie trommelte mit den langen Fingern auf die gepolsterte Armlehne. »Ihr hattet beide nicht um meine Erlaubnis gefragt, heiraten zu dürfen. Ihr seid beide undankbare, gierige Schurken. Bringt das Mädchen zu mir.«
Nervös strich ich meine Röcke glatt und nahm Matthews Arm. Die wenigen Schritte zwischen mir und der Königin schienen sich unendlich zu dehnen. Als ich endlich bei ihr angekommen war, blickte Walter scharf auf den Boden. Ich sank in einen tiefen Knicks und verharrte.
»Zumindest weiß sie sich zu benehmen«, gestand Elisabeth mir zu. »Sie erhebe sich.«
Als ich ihr ins Gesicht sah, begriff ich, dass die Königin extrem kurzsichtig war. Ich stand kaum einen Meter vor ihr, aber sie kniff die Augen zusammen, als könnte sie mein Gesicht kaum erkennen.
»Hmpf«, verkündete sie nach ihrer Inspektion. »Ihr Antlitz ist grobschlächtig.«
»Wenn Ihr das findet, dann ist es gut, dass Ihr nicht mit ihr verheiratet seid«, meinte Matthew knapp.
Elisabeth musterte mich weiter ungeniert. »Sie hat Tinte an den Fingern.«
Ich verbarg die peinlichen Flecke hinter meinem geliehenen Fächer. Die Eisengallustinte war nicht wegzubekommen.
»Und welches Vermögen zahle ich Euch, Schatten, dass sich Euer Weib solch einen Fächer leisten kann?« Inzwischen klang Elisabeth fast beleidigt.
»Falls wir die Finanzen der Krone besprechen wollen, möchten die anderen sich vielleicht zurückziehen«, schlug Lord Burghley vor.
»Na schön«, gab sich Elisabeth geschlagen. »Ihr mögt bleiben, William, und Walter ebenso.«
»Und ich«, mischte sich Essex ein.
»Ihr nicht, Robin. Ihr seid für das Bankett zuständig. Ich wünsche heute Abend unterhalten zu werden. Ich bin es leid, dass ich Predigten und Geschichtslektionen über mich ergehen lassen muss, als wäre ich ein Schulmädchen. Keine Geschichten mehr über König John, und auch keine Abenteuer einer verliebten Schäferin, die sich nach ihrem Schäfer verzehrt. Ich will, dass Symons sich selbst übertrifft. Falls es um jeden Preis ein Schauspiel geben muss, dann will ich das mit dem Totenbeschwörer und dem Messingkopf sehen, der die Zukunft weissagt.« Elisabeth klopfte mit den Knöcheln auf den Tisch. » Zeit ist, Zeit war, Zeit ist vergangen. Die Stelle gefällt mir wirklich.«
Matthew und ich tauschten Blicke.
»Ich glaube, das Stück heißt Bruder Bacon und Bruder Bungay , Eure Majestät«, flüsterte eine junge Frau der Königin ins Ohr.
»Genau das, Bess. Wenn Ihr das aufführen lasst, Robin, dann sollt Ihr auch an meiner Seite sitzen.« Die Königin war selbst eine geborene Schauspielerin. Sie spielte im fliegenden Wechsel die Zornige, die Schmollende oder die Betörende.
Halbwegs besänftigt zog
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