Wo die Nacht beginnt
nützlich noch erfinderisch.«
»Ich benötige für meine Experimente besondere Gläser, die man nur in den kaiserlichen Werkstätten in Prag erhält. Die Frau meines Bruders – verzeiht mir, denn nach Philips Tod hat sie wieder geheiratet und ist nunmehr die Countess of Essex – hat mir erzählt, dass Master Roydon an den Hof Kaiser Rudolfs geschickt werden soll. Mit Eurem Segen könnte Mistress Roydon ihn begleiten und mir das Benötigte beschaffen.«
»Dieser eitle Tor! Der Earl of Essex kann es nicht lassen, meine Geheimnisse mit der ganzen Welt zu teilen.« Elisabeth drehte uns in einer wütenden, silber-goldenen Pirouette den Rücken zu. »Das wird diesen Laffen den Kopf kosten!«
»Als mein Bruder bei der Verteidigung Eures Königreiches fiel, Eure Majestät, habt Ihr versprochen, dass Ihr mir eines Tages eine Gunst gewähren würdet.« Mary lächelte Matthew und mich heiter an.
»Und Ihr wollt ein so kostbares Geschenk auf diese beiden da verschwenden?« Elisabeth schien das kaum glauben zu können.
»Matthew rettete einst Philips Leben. Er ist für mich wie ein Bruder.« Mary blinzelte die Königin mit eulenhafter Unschuld an.
»Wenn Ihr wollt, seid Ihr glatt wie Elfenbein, Lady Pembroke. Ich wünschte, wir sähen Euch öfter bei Hofe.« Elisabeth hob resignierend die Hände. »Nun gut. Ich stehe zu meinem Wort. Aber Edward Kelley ist bis zum Mittsommer hier – und ich will keinesfalls, dass Ihr pfuscht oder dass ganz Europa von meinen Plänen erfährt. Habt Ihr verstanden, Master Roydon?«
»Ja, Eure Majestät«, bestätigte Matthew mit zusammengebissenen Zähnen.
»Dann reist nach Prag. Und nehmt Eure Gemahlin mit, so wie Lady Pembroke es wünscht.«
»Danke, Majestät.« Matthew sah aus, als würde er jeden Moment Elisabeth Tudor den Perückenkopf vom Hals reißen.
»Aus meinen Augen, und zwar allesamt, bevor ich es mir anders überlege.« Elisabeth kehrte auf ihren Sessel zurück und ließ sich gegen die mit Schnitzereien verzierte Lehne sinken.
Lord Burghley bedeutete uns mit einer knappen Kopfbewegung, dass wir die Königin allein lassen sollten. Aber Matthew konnte den Mund nicht halten.
»Ein Wort der Warnung, Eure Majestät. Vertraut dem Earl of Essex nicht blind.«
»Ihr könnt ihn nicht leiden, Master Roydon. William oder Walter mögen ihn auch nicht. Aber in seiner Gegenwart fühle ich mich wieder jung.« Elisabeth fixierte ihn mit schwarzen Augen. »Einst habt auch Ihr mir diesen Dienst erwiesen und mich an glücklichere Zeiten erinnert. Jetzt habt Ihr eine andere gefunden, und ich bleibe allein zurück.«
» Mein Gefährte ist wie ein Schatten, er kennt keine Ruhe/Er folgt mir im Fluge und flieht meiner Hand/Stets ist er bei mir und tut, was ich tue«, zitierte Matthew leise. »Ich bin Euer Schatten, Majestät, und habe keine Wahl, als dorthin zu gehen, wohin Ihr mich führt.«
»Und ich bin müde«, gab Elisabeth zurück und wandte den Kopf ab, »und habe kein Verlangen nach Poesie. Lasst mich allein.«
»Wir reisen keinesfalls nach Prag«, erklärte Matthew, sobald wir wieder in Henrys Barke waren. »Wir müssen nach Hause.«
»Auch wenn Ihr nach Woodstock flieht, wird die Königin Euch nicht in Frieden lassen, Matthew«, sagte Mary vernünftig und kuschelte sich in eine Pelzdecke.
»Er spricht nicht von Woodstock, Mary«, erklärte ich ihr. »Dieses Zuhause ist … weiter weg.«
»Ach.« Marys Stirn legte sich in Falten. »Ach so.« Sie setzte eine betont ausdruckslose Miene auf.
»Aber wir sind so dicht davor, alles zu bekommen, was wir wollten«, sagte ich. »Wir wissen, wo das Manuskript ist, und möglicherweise beantwortet es all unsere Fragen.«
»Und vielleicht enthält es bloß Unsinn wie das Manuskript bei Dr. Dee«, entgegnete Matthew ungeduldig. »Wir werden es auf andere Weise beschaffen.«
Aber später überzeugte Walter Matthew, dass die Königin es ernst meinte und uns beide in den Tower sperren würde, falls wir uns widersetzen sollten. Als ich mit Goody Alsop darüber sprach, war sie genau wie Matthew gegen eine Reise nach Prag.
»Ihr solltet in Eure eigene Zeit zurückreisen, nicht nach Prag. Selbst wenn Ihr hierbleiben würdet, würde es Wochen dauern, bis wir einen Zauber gewebt hätten, der Euch vielleicht nach Hause bringt. In der Magie gibt es Regeln und Prinzipien, die Ihr noch nicht beherrscht, Diana. Bis jetzt habt Ihr nicht mehr als eine eigensinnige Feuerdrachin, einen Glaem , der einen fast blendet, und das Talent, Fragen zu stellen, die
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