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Wo die Nacht beginnt

Wo die Nacht beginnt

Titel: Wo die Nacht beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Harkness
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mir das früher gesagt. Dann hätte ich mich nicht jahrelang mit Sarah herumärgern müssen«, sagte ich.
    »Die gute alte Sarah.« Mein Vater lachte warmherzig.
    Schwere Schritte donnerten die Treppe herauf, dann stürmten ein vierbeiniger Mopp und ein Junge über die Schwelle und stießen die Tür dabei so schwungvoll auf, dass sie laut gegen die Wand krachte.
    »Master Harriot hat gesagt, ich darf wieder mit ihm rausgehen und die Sterne anschauen, und er hat versprochen, dass er mich diesmal bestimmt nicht draußen vergisst. Master Shakespeare hat mir das hier geschenkt.« Jack schwenkte einen Zettel in der Luft. »Er sagt, es ist eine Bürgschaft. Und Annie hat ständig einen Jungen angestarrt, während sie im Cardinal’s Hat ihre Pastete gegessen hat. Wer ist das?« Dabei deutete ein schmutzig grauer Finger auf meinen Vater.
    »Das ist Master Proctor«, sagte Matthew und packte Jack an der Taille. »Hast du Mopp auf dem Heimweg was zu essen gegeben?« In Prag waren Junge und Hund unzertrennlich gewesen, und so war Mopp mit nach London gekommen, wo er es dank seiner Erscheinung zu einer Art Lokalberühmtheit gebracht hatte.
    »Natürlich habe ich Mopp gefüttert. Wenn ich es vergesse, dann frisst er meine Schuhe, und Pierre hat gesagt, er würde mir nur ein einziges Paar kaufen, ohne es Euch zu sagen, aber kein zweites.« Jack schlug die Hand vor den Mund.
    »Es tut mir leid, Mistress Roydon. Er lief einfach die Straße hinunter, und ich konnte ihn nicht mehr einholen.« Annie kam mit strenger Miene angelaufen, blieb dann abrupt stehen und wurde kreidebleich, als sie meinen Vater sah.
    »Es ist schon gut, Annie«, sagte ich freundlich. Seit Greenwich fürchtete sie sich vor allen Fremden. »Das ist Master Proctor. Er ist ein Freund.«
    »Ich habe Murmeln dabei. Könnt Ihr Murmeln spielen?« Jack musterte meinen Vater offen und versuchte einzuschätzen, ob es sich lohnen würde, mit dem Neuankömmling Bekanntschaft zu schließen.
    »Master Proctor ist hier, um mit Mistress Roydon zu sprechen, Jack.« Matthew drehte ihn um. »Wir brauchen Wasser, Wein und Brot. Du teilst dir mit Annie die Arbeiten auf, und wenn Pierre zurückkommt, geht er mit dir nach Moorfields.«
    Leise murrend begleitete Jack Annie auf die Straße. Endlich sah ich meinem Vater in die Augen.
    »Wieso bist du hier, Schätzchen?«, kam er auf seine ursprüngliche Frage zurück, nachdem die Kinder den Raum verlassen hatten.
    »Wir dachten, wir könnten hier jemanden finden, der mir einige Fragen über Magie und Alchemie beantworten kann.« Ohne dass ich genau sagen konnte, warum, wollte ich meinem Vater keine Einzelheiten verraten. »Meine Lehrerin nennt sich Goody Alsop. Sie und ihr Konvent haben mich aufgenommen.«
    »Netter Versuch, Diana. Ich bin ebenfalls Hexer und weiß daher, wann du die Wahrheit zu umgehen versuchst.« Matthew lehnte sich in seinem Stuhl zurück. »Irgendwann wirst du sie mir verraten müssen. Ich wollte uns beiden damit nur Zeit sparen.«
    »Warum bist du hier, Stephen?«, fragte Matthew.
    »Ich lungere hier nur ein bisschen herum. Ich bin Anthropologe. Das hier ist meine Arbeit. Was arbeitest du eigentlich?«
    »Ich bin Biochemiker in Oxford.«
    »Du lungerst keineswegs nur ein bisschen im elisabethanischen England herum , Dad. Du hast bereits die Seite aus Ashmole 782 .« Plötzlich war mir klar, warum er hier war. »Du suchst den Rest des Manuskripts.« Ich ließ den hölzernen Kerzenträger herab. Zwischen zwei Kerzen versteckt stand Meister Habermels astronomisches Kompendium. Wir mussten es jeden Tag woanders verstecken, weil Jack es jeden Tag wieder aufspürte.
    »Was für eine Seite?«, fragte mein Vater verdächtig arglos.
    »Die Seite mit der Illustration der alchemistischen Hochzeit. Sie stammt aus einem Manuskript aus der Bodleian Library.« Ich öffnete das Kompendium. Es war, wie erwartet, zur Ruhe gekommen. »Sieh nur, Matthew.«
    »Cool«, meinte mein Vater und pfiff leise durch die Zähne.
    »Du solltest ihre Mausefalle sehen«, kommentierte Matthew leise.
    »Wozu ist das gut?« Mein Vater griff nach dem Kompendium, um es genauer zu studieren.
    »Das ist ein mathematisches Instrument, mit dem man die Zeit messen kann und sich astronomische Ereignisse wie die Mondphasen nachvollziehen lassen. Als wir in Prag waren, begann es, sich von selbst zu bewegen. Ich dachte, das würde bedeuten, dass jemand nach Matthew und mir sucht, aber jetzt frage ich mich, ob es sich nicht auf dich eingependelt hatte, während

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