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Wo die Nacht beginnt

Wo die Nacht beginnt

Titel: Wo die Nacht beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Harkness
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Irland.« Hancock sah mich finster an. »Das würde den Bannspruch und die wirre Sprache erklären. Die Iren sind alle irre.«
    »Sie ist keine Irin«, widersprach Gallowglass. »Verrückt oder nicht, wenn sie aus Irland käme, hätte ich sie verstanden.«
    »Ruhe!«, bellte Matthew.
    »Die Männer aus dem Dorf sind am Torhaus«, verkündete Pierre in die einsetzende Stille hinein.
    »Dann bring sie her«, befahl Matthew. Er drehte sich zu mir um. »Überlass mir das Reden. Beantworte ihre Fragen nur, falls und nachdem ich es sage. Außerdem«, fuhr er hastig fort, »müssen wir aufpassen, dass nichts so … Ungewöhnliches geschieht wie beim Besuch von Witwe Beaton. Bist du immer noch so benommen? Musst du dich hinlegen?«
    »Neugierig. Vor allem bin ich neugierig«, antwortete ich mit geballten Fäusten. »Mach dir keine Gedanken um meine Magie oder meine Gesundheit. Mach dir lieber Gedanken, wie lange du brauchen wirst, um meine Fragen zu beantworten, wenn der Pfarrer erst wieder gegangen ist. Und falls du dich dann mit ›es ist nicht an mir, diese Geschichte zu erzählen‹ aus der Affäre zu ziehen versuchst, mache ich dich platt.«
    »Ich sehe schon, es geht dir wieder ausgezeichnet.« Matthews Mundwinkel zuckten. Er setzte einen Kuss auf meine Stirn. »Ich liebe dich, ma lionne. «
    »Du solltest deine Liebesbezeugungen auf später verschieben und Tantchen Gelegenheit geben, sich zu sammeln«, schlug Gallowglass vor.
    »Warum fühlt sich jeder bemüßigt, mir zu erklären, wie ich mit meiner Frau umgehen sollte?«, schoss Matthew zurück. Es kostete ihn sichtlich Mühe, die Fassung zu wahren.
    »Das weiß ich beim besten Willen nicht«, erwiderte Gallowglass fröhlich. »Allerdings erinnert sie mich ein bisschen an Oma. Und Philippe erteilen wir morgens, mittags und abends gute Ratschläge, wie er ihrer Herr werden könnte. Nicht dass er je auf uns hören würde.«
    Die Männer nahmen ihre Plätze im Raum ein. Obwohl sie sich scheinbar zufällig verteilten, schufen sie dadurch einen menschlichen Trichter – breiter am Eingang, schmaler am Kamin, wo Matthew und ich saßen. Da George und Kit als Erste den Mann Gottes und seine Begleiter begrüßen würden, ließ Walter ihre Würfel und das Manuskript des Doktor Faustus verschwinden und ersetzte sie durch eine Ausgabe von Herodots Historien. Das war zwar keine Bibel, trotzdem würde es der Szene die gebotene Ernsthaftigkeit verleihen, versicherte Raleigh. Kit protestierte immer noch gegen den unmöglichen Tausch, als von draußen Stimmen und Schritte zu hören waren.
    Pierre führte die drei in den Raum. Einer erinnerte so stark an den dünnen Jungen, der meine Füße vermessen hatte, dass ich ihn sofort als Joseph Bidwell erkannte. Er schrak zusammen, als hinter ihm die Tür ins Schloss fiel, und sah sich beklommen um. Als er das bleiche Gesicht wieder nach vorn wandte und mit trübem Blick erkannte, wer ihn hier alles erwartete, schrak er gleich noch einmal zusammen. Walter, der mit Hancock und Henry eine strategische Position mitten im Raum einnahm, ignorierte den nervösen Schuhmacher und fixierte stattdessen herablassend den Mann im abgerissenen Talar.
    »Was bringt Euch in einer solchen Nacht hierher, Mr Danforth?«, wollte Raleigh wissen.
    »Sir Walter.« Danforth zog unter einer Verbeugung die Mütze und drehte sie zwischen den Fingern. Dann entdeckte er den Earl of Northumberland. »Mylord! Ich wusste nicht, dass Ihr immer noch hier weilt!«
    »Können wir Euch irgendwie behilflich sein?«, fragte Matthew freundlich. Er blieb sitzen, die Beine scheinbar entspannt ausgestreckt.
    »Ah ja. Master Roydon.« Danforth verbeugte sich erneut, diesmal vor uns. Er warf mir einen neugierigen Blick zu, bevor ihn die Angst überwältigte und er wieder auf seine Kappe starrte. »Wir haben Euch in letzter Zeit nicht in der Kirche oder im Ort gesehen. Bidwell meinte, Ihr könntet womöglich krank sein.«
    Bidwell trat von einem Fuß auf den anderen. Seine Lederstiefel beklagten sich knarrend, und die Lunge des Mannes stimmte pfeifend und mit einem bellenden Husten ein. Eine welke Halskrause drückte so fest auf seine Luftröhre, dass sie bei jedem zaghaften Atemzug erbebte. Das gefältelte Leinen sah reichlich mitgenommen aus, und der bräunliche Fettfleck unter seinem Kinn ließ darauf schließen, dass er Soße zum Abendessen hatte.
    »Ja, ich lag in Chester krank darnieder, aber dank Gottes Gnade und der Pflege meiner Frau bin ich wieder genesen.« Matthew drückte

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