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Wo die Nacht beginnt

Wo die Nacht beginnt

Titel: Wo die Nacht beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Harkness
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hier bekanntlich mitternächtliche Versammlungen statt, bei denen Geister beschworen werden.«
    Seufzend streckte Harriot dem Geistlichen sein Buch hin. »Dieses Buch beschäftigt sich mit Mathematik, Sir, nicht mit Magie. Witwe Beatons Blick fiel auf eine Geometrieübung.«
    »Es ist nicht an Euch zu bestimmen, wie tief sich das Böse hier eingenistet hat«, blökte Iffley.
    »Wenn Ihr das Böse sucht, dann seht Euch Witwe Beaton an.« Matthew hatte sich nach Kräften bemüht, ruhig zu bleiben, doch jetzt riss ihm der Geduldsfaden.
    »Ihr beschuldigt sie also der Hexerei?«, fragte Danforth scharf.
    »Nein, Matthew. Nicht so«, flüsterte ich und zupfte dabei an seiner Hand, um ihn auf mich aufmerksam zu machen.
    Matthew sah mich an. Sein Gesicht wirkte unmenschlich, seine Pupillen waren riesig und glasig. Ich schüttelte den Kopf, und er atmete tief durch, um seinen Zorn über die Eindringlinge in seinem Heim zu bändigen und gegen seinen ausgeprägten Beschützerinstinkt anzukämpfen.
    »Verschließt Eure Ohren vor seinen Worten, Mr Danforth. Roydon könnte ebenfalls mit dem Teufel im Bunde sein«, warnte Iffley.
    Matthew fasste die Delegation der Reihe nach ins Auge. »Wenn Ihr Grund seht, meine Frau eines Verbrechens anzuklagen, dann sucht einen Richter und erhebt Anklage. Ansonsten verlasst mein Haus. Und bevor Ihr wiederkehrt, Danforth, solltet Ihr überlegen, ob es wirklich klug ist, sich mit Iffley und Bidwell zu verbünden.«
    Der Priester schluckte.
    »Ihr habt ihn gehört«, bellte Hancock. »Hinaus!«
    »Der Gerechtigkeit wird Genüge getan werden, Master Roydon – Gottes Gerechtigkeit«, verkündete Danforth, während er langsam zur Tür zurückwich.
    »Nur wenn die irdische Gerichtsbarkeit die Angelegenheit nicht vorher klärt, Danforth«, versprach Walter.
    Pierre und Charles lösten sich aus dem Schatten und rissen die Tür auf, um die verängstigten Warmblüter aus dem Raum zu treiben. Draußen wehte ein stürmischer Wind. Die Wut des lauernden Sturmes würde ihren Verdacht, dass ich magische Fähigkeiten besaß, nur bestärken.
    Raus, raus, raus! , drängte eine Stimme in meinem Kopf. Die Panik überschwemmte meinen Körper mit Adrenalin. Wieder einmal war ich nichts als eine mögliche Beute. Angelockt vom Geruch der Angst, der aus meinen Poren sickerte, drehten sich Gallowglass und Hancock zu mir um.
    »Bleibt, wo ihr seid«, warnte Matthew die Vampire. »Das ist nur Dianas Fluchtinstinkt. Sie hat sich gleich wieder gefangen.«
    »Hört das denn nie auf? Wir sind hergekommen, um Hilfe zu suchen, aber selbst hier werde ich gejagt.« Ich biss mir auf die Lippe.
    »Du hast nichts zu befürchten. Danforth und Iffley werden sich hüten, noch mehr Ärger zu machen«, erklärte Matthew fest und nahm meine Hände in seine. »Niemand will mich zum Feind haben – weder die anderen Kreaturen noch die Menschen.«
    »Dass die anderen Kreaturen dich fürchten, kann ich verstehen. Schließlich bist du ein Mitglied der Kongregation und kannst sie auslöschen. Kein Wunder, dass Witwe Beaton sofort in die Old Lodge kam, als du sie herbestellt hast. Aber das erklärt nicht, wie diese Menschen auf dich reagieren. Danforth und Iffley müssen den Verdacht hegen, dass du ein … Wearh bist.« Ich konnte mir das Wort Vampir gerade noch verkneifen.
    »O nein, ihm droht von diesen Leuten keine Gefahr«, erklärte Hancock wegwerfend. »Diese Menschen zählen nicht. Bedauerlicherweise werden sie die Angelegenheit jedoch zu Menschen weitertragen, die sehr wohl zählen.«
    »Hör ihm gar nicht zu«, riet Matthew mir.
    »Welchen Menschen?«, hauchte ich.
    Gallowglass riss die Augen auf. »Bei allem, was dir heilig ist, Matthew. Ich habe dich schreckliche Dinge tun sehen, aber wie konntest du ausgerechnet das vor deiner Gemahlin verheimlichen?«
    Matthew starrte in die Flammen. Als er mich endlich ansah, stand tiefe Reue in seinen Augen.
    »Matthew?«, bohrte ich nach. Der Knoten, der sich seit der Lieferung des ersten Postsacks in meinem Magen gebildet hatte, zog sich noch fester zu.
    »Sie glauben nicht, dass ich ein Vampir bin. Sie wissen, dass ich ein Spion bin.«

6
    E in Spion?«, flüsterte ich wie betäubt.
    »Wir haben es lieber, wenn man uns Kundschafter nennt«, kommentierte Kit spitz.
    »Haltet den Mund, Marlowe«, knurrte Hancock, »wenn Ihr nicht wollt, dass ich ihn Euch stopfe.«
    »Erspart uns diese Pose, Hancock. Niemand nimmt Euch ernst, wenn Ihr Euch so aufblast.« Marlowe reckte kampflustig das Kinn vor.

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