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Wo die Nacht beginnt

Wo die Nacht beginnt

Titel: Wo die Nacht beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Harkness
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der Bartholomäusnacht.« Schaudernd dachte ich an die blutgetränkte Hochzeit der katholischen Prinzessin Frankreichs mit ihrem protestantischen Gemahl.
    »Als die Königin Walsingham ein paar Jahre später erneut nach Paris schickte, wurde ich ihr Agent. Eigentlich sollte er die Vermählung Ihrer Majestät mit einem Prinzen aus dem Haus Valois arrangieren.« Matthew schnaubte. »Es war offensichtlich, dass die Königin in Wahrheit nicht an dieser Ehe interessiert war. Während dieses Besuchs erfuhr ich von Walsinghams Netz von Kundschaftern.«
    Mein Gemahl sah mir kurz in die Augen und dann wieder weg. Er hielt immer noch etwas vor mir geheim. Ich ging die Geschichte im Geist noch einmal durch, stieß auf die Verwerfungslinien in seiner Darstellung und folgte ihnen zu einem unausweichlichen Schluss: Matthew als katholischer Franzose hatte im Jahr 1572 keinesfalls auf Elisabeth Tudors Seite stehen können – genauso wenig wie im Jahr 1590. Wenn er für die englische Krone tätig war, dann verfolgte er damit weitergehende Ziele. Dabei hatte die Kongregation gelobt, sich nicht in die menschliche Politik einzumischen.
    Im Unterschied zu Philippe de Clermont und seinen Lazarusrittern.
    »Du arbeitest für deinen Vater. Und du bist nicht nur ein Vampir, sondern obendrein Katholik in einem protestantischen Land.« Die Tatsache, dass Matthew nicht nur für Elisabeth, sondern auch für die Lazarusritter arbeitete, machte seine Situation brandgefährlich. Schließlich wurden im England Elisabeths I. nicht nur Hexen gejagt und hingerichtet – sondern auch Verräter, Geschöpfe mit ungewöhnlichen Kräften und Menschen anderen Glaubens. »Die Kongregation wird dir nicht helfen, wenn du dich in die politischen Angelegenheiten der Menschen einmischst. Wie konnte dich deine Familie bitten, ein solches Risiko einzugehen?«
    Hancock grinste. »Genau aus diesem Grund sitzt immer ein de Clermont in der Kongregation – um sicherzustellen, dass die Geschäfte nicht durch hochtrabende Ideale gefährdet werden.«
    »Es ist nicht das erste Mal, dass ich für Philippe arbeite, und es wird auch nicht das letzte Mal sein. Du verstehst es, Geheimnisse aufzudecken. Ich verstehe es, sie zu bewahren«, sagte Matthew nur.
    Wissenschaftler. Vampir. Krieger. Spion. Das nächste Puzzleteilchen fügte sich an seinen Platz, und plötzlich verstand ich nur zu gut, warum Matthew nie etwas über sich erzählte – egal ob es wichtig oder belanglos war –, wenn er nicht dazu gezwungen war.
    »Es ist mir egal, wie erfahren du bist! Walsingham schützt dich – und du hintergehst ihn.« Seine Antwort hatte mich nur noch wütender gemacht.
    »Walsingham ist tot. Inzwischen berichte ich an William Cecil.«
    »Den gerissensten Mann auf Erden«, ergänzte Gallowglass ruhig. »Abgesehen von Philippe natürlich.«
    »Und Kit? Arbeitet er für Cecil oder für dich?«
    »Verratet es ihr nicht, Matthew«, warnte Kit. »Der Hexe ist nicht zu trauen.«
    »Ach was, Ihr Schlaumeier«, bemerkte Hancock leise. »Dabei habt Ihr doch die Dörfler aufgehetzt.«
    Kits Wangen verfärbten sich in einem knallroten Schuldeingeständnis.
    »Mein Gott, Kit. Was habt Ihr getan?«, fragte Matthew ungläubig.
    »Nichts«, antwortete Marlowe mürrisch.
    »Ihr habt wieder einmal geplaudert.« Hancock wedelte tadelnd mit dem Finger. »Ich habe Euch gewarnt, dass wir das nicht mehr lange dulden, Master Marlowe.«
    »In Woodstock redete man ohnehin über Matthews neue Frau«, protestierte Kit. »Bei all diesen Gerüchten musste die Kongregation irgendwann auf uns aufmerksam werden. Woher hätte ich wissen sollen, dass sie schon hier ist?«
    »Erlaubt mir endlich, ihn umzubringen, de Clermont. Das wollte ich schon seit Ewigkeiten.« Hancock knackte mit den Knöcheln.
    »Nein. Ihr könnt ihn nicht töten.« Matthew rieb sich mit der Hand über das müde Gesicht. »Das würde zu viele Fragen aufwerfen, und ich habe im Moment keine Geduld, mir überzeugende Antworten auszudenken. Das ist nur Gerede unter Dörflern. Ich werde schon damit fertig.«
    »Das Gerede kommt zu einem ungünstigen Zeitpunkt«, sagte Gallowglass leise. »Berwick ist kein Einzelfall. Du weißt, wie sich die Menschen in Chester vor Hexen fürchteten. Als wir nordwärts nach Schottland ritten, wurde es noch schlimmer.«
    »Falls sich die Furcht bis in Englands Süden ausbreitet, ist diese Frau unser Tod«, versprach Marlowe und deutete auf mich.
    »Sie wird auf Schottland beschränkt bleiben«, gab Matthew zurück.

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