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Wo die Nacht beginnt

Wo die Nacht beginnt

Titel: Wo die Nacht beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Harkness
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war nicht mehr möglich, weil ich es da schon wieder aus den Händen gegeben hatte. Zu diesem Zeitpunkt war mir bereits jede Kreatur in meiner Umgebung auf den Fersen. Ich konnte nicht mehr arbeiten!«
    Ich hörte einen Laut wie unterdrücktes Gelächter und sah einen Muskel in Philippes Kiefer zucken. Wie sich zeigte, war bei Löwen schwer festzustellen, ob sie sich amüsierten oder gleich zum Sprung ansetzen würden.
    »Wir glauben, dass es das Buch der Ursprünge ist«, sagte Matthew. Er sah seinen Vater voller Stolz an, dabei hatte ich das Manuskript ganz zufällig bekommen. »Es hatte auf Diana gewartet. Bis die anderen Kreaturen begriffen, was Diana gefunden hatte, hatte ich mich schon in sie verliebt.«
    »Ihr wart zu dem Zeitpunkt schon länger miteinander bekannt.« Philippe stützte die Ellbogen auf den Tisch und stemmte die Finger vor seinem Kinn gegeneinander. Er saß auf einem schlichten vierbeinigen Schemel, dabei stand direkt neben ihm ein thronartiger Sessel, der so prunkvoll verziert war, dass es beinahe in den Augen wehtat.
    »Nein«, erklärte ich nach kurzem Nachrechnen. »Nur vierzehn Tage. Allerdings wollte sich Matthew seine Gefühle lange nicht eingestehen – bis wir nach Sept-Tours kamen. Aber hier war ich auch nicht sicher. Eines Nachts ging ich allein nach draußen. Eine Hexe entführte mich aus dem Garten.«
    Philippes Blick zuckte von mir zu Matthew. »Eine Hexe hat Sept-Tours betreten?«
    »Ja«, bestätigte Matthew gepresst.
    »Sie hat es nicht wirklich betreten«, verbesserte ich sanft und lenkte damit die Aufmerksamkeit seines Vaters wieder auf mich. »Ich glaube nicht, dass je der Fuß einer Hexe den Boden von Sept-Tours berührt hat, falls das von Bedeutung sein sollte. Bis auf meinen natürlich.«
    »Natürlich«, stimmte Philippe mir nickend zu. »Fahrt fort.«
    »Die Hexe brachte mich nach La Pierre. Dort wartete schon Domenico. Zusammen mit Gerbert.« Philippes Miene verriet mir, dass ihm weder die Ruine noch die beiden Vampire, die mich darin erwartet hatten, fremd waren.
    »Flüche kehren zum Nisten nach Hause zurück wie die Hennen«, murmelte Philippe.
    »Die Kongregation selbst hatte meine Entführung befohlen, und eine Hexe namens Satu versuchte mir meine Magie auszutreiben. Als ihr das misslang, warf mich Satu in die Oubliette.«
    Matthew legte eine Hand auf meinen Rücken, so wie jedes Mal, wenn das Gespräch auf meine Nacht in dem ausweglosen Verlies kam. Philippe beobachtete die Geste wortlos.
    »Nachdem ich entkommen war, konnte ich unmöglich länger in Sept-Tours bleiben, wo ich Ysabeau in Gefahr gebracht hätte. Ständig strömte Magie aus mir heraus, müsst Ihr wissen, ohne dass ich meine Kräfte unter Kontrolle gehabt hätte. Darum fuhren Matthew und ich heim zum Haus meiner Tanten.« Ich hielt inne und überlegte, wie ich am besten erklären konnte, wo sich dieses Haus befand. »Kennt Ihr die Legenden, die sich Gallowglass’ Volk erzählt, von den Ländern jenseits des Ozeans im Westen?« Philippe nickte. »Dort leben meine Tanten. Mehr oder weniger.«
    »Und diese beiden Tanten sind ebenfalls Hexen?«
    »Ja. Dann tauchte eine Manjasang auf, die Matthew umbringen sollte – ein Geschöpf von Gerbert –, und um ein Haar wäre ihr das gelungen. Wir konnten nirgendwohin fliehen, wo die Kongregation uns nicht aufgespürt hätte, außer in die Vergangenheit.« Entsetzt über den giftigen Blick, mit dem Philippe Matthew bedachte, hielt ich inne. »Aber auch hier fanden wir keinen sicheren Hafen. Die Menschen in Woodstock wissen, dass ich eine Hexe bin, und die Prozesse in Schottland könnten sich schon bald auf unser Leben in Oxfordshire auswirken. Darum sind wir wieder auf der Flucht.« Um sicherzustellen, dass ich nichts Wichtiges vergessen hatte, ging ich meine Darstellung noch einmal in Gedanken durch. »Das ist meine Geschichte.«
    »Ihr habt die Gabe, verwickelte Sachverhalte schnell und bündig darzulegen, Madame. Wenn Ihr so gütig wärt, Matthew Eure Methode zu lehren, würdet Ihr unserer gesamten Familie einen großen Dienst erweisen. Wir verbringen weit mehr Zeit als angebracht mit Tinte und Feder.« Philippe blickte versonnen auf seine Fingerspitzen und erhob sich dann mit der Effizienz eines Vampirs, dank der jede einfache Bewegung wie eine Explosion wirkte. Im einen Moment saß er ruhig da, im nächsten spannten sich seine Muskeln an, und er beugte sich in seiner ganzen Größe über den Tisch. Der Vampir sah konzentriert seinen Sohn an.
    »Du treibst

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