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Wo die Nacht beginnt

Wo die Nacht beginnt

Titel: Wo die Nacht beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Harkness
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Falken. Bei Gallowglass musste ich an einen Bären denken. Philippe ähnelte einem weiteren todbringenden Raubtier.
    »Gallowglass und Walter berichten mir, dass die Hexe meinen Schutz benötigt.« Der Löwe griff nach einem Brief. Er klopfte mit der Kante auf den Tisch und sah Matthew eindringlich an. »Ich hätte angenommen, seit du den Familiensitz in der Kongregation einnimmst, ist es deine Aufgabe, Schwächere zu beschützen.«
    »Diana ist nicht schwach – und da sie mit mir verheiratet ist, braucht sie stärkeren Schutz, als ihn die Kongregation ihr gewähren kann. Wirst du ihn ihr geben?« Nun wirkte Matthews Tonfall – und seine Haltung – provokant.
    »Erst muss ich mir anhören, was sie zu sagen hat«, antwortete Philippe. Er sah mich an und zog die Brauen hoch.
    »Wir sind uns zufällig begegnet. Ich wusste, dass sie eine Hexe ist, aber vom ersten Moment an spürte ich das Band zwischen uns«, erklärte Matthew. »Ihr eigenes Volk hat sich gegen sie gewandt …«
    Eine Hand, eine Pranke, erhob sich in einer Stille gebietenden Geste. Philippe wandte sich wieder seinem Sohn zu.
    » Matthaios .« Philippes gedehntes Knurren brachte seinen Sohn so effektiv zum Schweigen wie eine langsam ausgezogene Peitsche. »Soll ich das so verstehen, dass du meinen Schutz brauchst?«
    »Natürlich nicht«, erwiderte Matthew entrüstet.
    »Dann schweig, und lass die Hexe sprechen.«
    Ich konnte es kaum erwarten, Matthews Vater alles zu verraten, was er wissen wollte, damit wir so schnell wie möglich aus seiner nervenzerrenden Nähe verschwinden konnten, und legte mir darum in Windeseile zurecht, wie ich unsere jüngsten Abenteuer am besten zusammenfassen konnte. Jedes Detail zu schildern, würde zu lange dauern, vor allem da Matthew jeden Moment explodieren konnte. Ich atmete tief durch und begann.
    »Ich heiße Diana Bishop, und meine Eltern waren mächtige Hexen. Als ich noch ein Kind war, wurden sie weit entfernt von ihrem Zuhause von anderen Hexen getötet. Bevor sie starben, banden sie mich durch einen Zauber. Meine Mutter war Seherin und wusste daher, was mich erwartete.«
    Philippes Augen zogen sich misstrauisch zusammen. Ich konnte seinen Argwohn verstehen. Ich begriff selbst noch nicht wirklich, warum zwei Menschen, die mich liebten, gegen den Kodex aller Hexen verstoßen und ihrer Tochter magische Handschellen angelegt hatten.
    »Als junges Mädchen war ich eine Schande für die ganze Familie – eine Hexe, die keine Kerze anzünden und keinen einzigen Zauber ausführen konnte. Darum kehrte ich den Bishops den Rücken und ging an die Universität.« Bei dieser Eröffnung begann Matthew unruhig auf seinem Stuhl hin und her zu rutschten. »Ich studierte die Geschichte der Alchemie.«
    »Diana studiert die Kunst der Alchemie«, korrigierte Matthew und warf mir dabei einen warnenden Blick zu. Aber mit einem Gespinst von Halbwahrheiten würde er seinen Vater nicht abspeisen können.
    »Ich bin Zeitwandlerin.« Das Wort stand zwischen uns dreien im Raum. »Ihr nennt das Fileuse de temps.«
    »Oh, ich weiß sehr wohl, was Ihr seid«, antwortete Philippe genauso gedehnt wie zuvor. Matthews Gesicht hellte sich überrascht auf. »Ich lebe schon sehr lange, Madame, und habe dabei viele Kreaturen kennengelernt. Ihr stammt weder aus unserer Zeit noch aus der Vergangenheit, demnach müsst Ihr aus der Zukunft kommen. Und Matthaios ist mit Euch zurückgereist, denn er ist nicht derselbe wie vor acht Monaten. Der Matthew, den ich kenne, hätte keine Hexe eines zweiten Blickes gewürdigt.« Der Vampir holte tief Luft. »Mein Enkel hat mich gewarnt, dass ihr beide eigenartig riecht.«
    »Philippe, lass mich erklären …« Aber Matthew sollte an diesem Abend seine Sätze nicht zu Ende bringen.
    »So unangenehm diese Situation in vielerlei Hinsicht ist, bin ich doch froh, dass wir in der Zukunft eine vernünftigere Einstellung dem Rasieren gegenüber haben werden.« Philippe kratzte sich gemächlich an seinem korrekt gestutzten Kinn- und Schnurrbart. »Bärte sind kein Sitz der Weisheit, sondern lediglich der Läuse.«
    »Mir hat man erklärt, Matthew sähe aus wie ein Invalide.« Ich seufzte müde. »Aber ich kenne keinen Zauberspruch, um dem abzuhelfen.«
    Philippe winkte ab. »Ein Bart lässt sich leicht anbringen. Ihr wolltet mir von Eurem Interesse an der Alchemie erzählen.«
    »Ja. Dabei stieß ich auf ein Buch – eines, das schon viele vor mir gesucht hatten. Ich begegnete Matthew, als er es mir stehlen wollte, aber das

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