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Wo die Nacht beginnt

Wo die Nacht beginnt

Titel: Wo die Nacht beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Harkness
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lässt.«
    »Obwohl du einem weiteren Kind deinen Blutrausch vererben könntest?« Ich zwang mich, ganz ehrlich zu sein, auch wenn ich wusste, dass ihn meine Worte treffen mussten.
    »Ja.« Matthew überlegte sich seine Antwort genau. »Natürlich erscheint mir die Zukunft düster, wenn ich in meinem Labor die Muster des Aussterbens analysiere und dabei immer neue Hinweise darauf finde, dass es schlecht um unsere Art steht. Aber wenn ich dann eine Chromosomenveränderung entdecke oder auf einen Abkömmling eines Stammes stoße, den ich für längst ausgestorben hielt, dann löst sich das Gefühl, dass wir zum Untergang verdammt sind, in Luft auf. Genauso fühle ich mich jetzt.« Normalerweise bereitete es mir Schwierigkeiten, wenn Matthew bei einer privaten Auseinandersetzung den Standpunkt eines objektiven Wissenschaftlers einnahm, aber diesmal nicht. Er nahm mir das Kästchen ab. »Was ist mit dir?«
    Darüber hatte ich mir schon seit Wochen den Kopf zerbrochen, genau gesagt seit dem Tag, an dem Miriam und Marcus mit meiner DNA -Analyse vor Tante Sarahs Haustür in Madison erschienen waren und erstmals das Thema Kinder angesprochen hatten. Ich war absolut sicher, dass ich meine Zukunft mit Matthew verbringen wollte, aber ganz und gar nicht sicher war ich mir bezüglich dessen, was diese Zukunft uns bringen würde.
    »Ich wünschte, ich hätte mehr Zeit, das zu entscheiden.« Allmählich entwickelte sich das zu meinem persönlichen Mantra. »Wenn wir noch im 21. Jahrhundert wären, würde ich die Antibabypille nehmen, die du mir verschrieben hast.« Ich zögerte. »Auch wenn ich nicht sicher bin, ob die Pille bei uns wirkt.«
    Matthew wartete immer noch auf meine Antwort.
    »Als ich Champier mit Philippes Dolch durchbohrte, konnte ich nur denken, dass er mir meine Gedanken und Erinnerungen rauben wollte und dass ich dann bei der Rückkehr in unser modernes Leben nicht mehr derselbe Mensch wäre. Aber selbst wenn wir in diesem Moment zurückkehren würden, hätten wir uns bereits verändert. Wir waren an so vielen Orten, wir haben so viele Menschen kennengelernt und so viele Geheimnisse erfahren, dass ich nicht mehr dieselbe Diana Bishop bin und du nicht mehr derselbe Matthew Clairmont bist. Ein Baby würde uns noch mehr verändern.«
    »Demnach würdest du lieber nicht schwanger werden«, erklärte er vorsichtig.
    »Ich bin mir nicht sicher.«
    »Wenn du nicht sicher bist, ob du Mutter werden willst, musst du jedes Verhütungsmittel nutzen, das dir zur Verfügung steht.« Matthews Stimme war fest. Wie sein Kinn.
    »Ich will sehr wohl Mutter werden. Falls du es unbedingt wissen willst, bin ich selbst überrascht, wie sehr ich mir das wünsche.« Ich presste mir die Finger auf die Schläfen. »Mir gefällt die Vorstellung, dass wir zusammen ein Kind großziehen. Es kommt mir nur so früh vor.«
    »Es ist auch noch früh. Also werden wir alles Notwendige unternehmen, um die Möglichkeit einzuschränken, bis du wirklich bereit bist. Aber mach dir keine allzu großen Hoffnungen. Die Wissenschaft sagt eindeutig: Vampire pflanzen sich durch Wiederauferstehung, nicht durch Zeugung fort. Unsere Beziehung mag anders geartet sein, aber wir sind nicht so ungewöhnlich, dass wir Tausende Jahre der Biologie über den Haufen werden.«
    »Das Bild der alchemistischen Hochzeit aus Ashmole 782 – das zeigt uns. Ich weiß es einfach. Und Miriam hatte recht: Auf die Vereinigung von Gold und Silber folgt in der alchemistischen Transformation der Schritt der Zeugung.«
    »Zeugung?«, hörte ich Philippe von der Tür her. Seine Stiefel knarzten, als er sich vom Rahmen löste. »Davon war bisher keine Rede.«
    »Weil es unmöglich ist. Ich hatte schon mit vielen warmblütigen Frauen Sex, und keine wurde je schwanger. Das Bild der chemischen Hochzeit mag als Nachricht gedacht sein, so wie Diana meint, aber die Chancen, dass es Wirklichkeit wird, sind äußerst gering.« Matthew schüttelte den Kopf. »Noch niemals hat auf diese Weise ein Manjasang ein Kind gezeugt.«
    »Niemals ist eine lange Zeitspanne, Matthew, das habe ich dir doch erklärt. Und was die Unmöglichkeit betrifft, so weile ich schon länger auf dieser Erde, als die Menschheitserinnerungen zurückreichen, und habe dabei vieles gesehen, was spätere Generationen als Mythos abtaten. Einst gab es Kreaturen, die wie Fische im Meer schwammen, und andere, die Blitze schleuderten statt Speere. Sie sind verschwunden und wurden durch Neues ersetzt. ›Nichts ist so beständig wie

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