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Wo die Nacht beginnt

Wo die Nacht beginnt

Titel: Wo die Nacht beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Harkness
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wurden. Jehanne, die als Louisas Zofe letztes Jahr in Paris gewesen war, versicherte mir, dass das Gewand à la mode sei.
    »Aber wie soll ich dich mit dem ganzen Zeug um deinen Hals küssen?« Matthew fuhr mit dem Finger meinen Hals nach. Meine gut zehn Zentimeter vorstehende Halskrause begann sofort zu wackeln.
    »Wenn du auch nur einen einzigen Knick in das Ding machst, bekommt Jehanne einen Schlaganfall«, murmelte ich, während er behutsam mein Gesicht in beide Hände nahm. Mithilfe eines bügeleisenähnlichen Gerätes hatte sie mehrere Meter Leinen zu steifen Achter-Formationen gebügelt. Sie hatte Stunden dafür gebraucht.
    »Keine Angst. Ich bin Arzt.« Matthew beugte sich vor und drückte seine Lippen auf meine. »Da, nicht ein einziger Knick.«
    Alain räusperte sich dezent. »Man wartet auf Euch.«
    »Matthew«, sagte ich und nahm seine Hand. »Ich muss dir noch etwas sagen.«
    Er winkte Alain fort, und gleich darauf standen wir allein im Gang.
    »Was denn?«, fragte er beunruhigt.
    »Ich habe Catrine in die Rezeptur geschickt, um Marthes Kräuter wegzuräumen.« Es war ein weit größerer Schritt in das Unbekannte als der Sprung, mit dem ich uns aus Sarahs Hopfenscheune hierhergebracht hatte.
    »Bist du sicher?«
    »Ich bin sicher«, sagte ich und dachte dabei an das, was Philippe am Tempel gesagt hatte.
    Unser Einzug in den Saal wurde von Geflüster und neugierigen Blicken begleitet. Die Veränderungen in meiner Erscheinung waren unübersehbar, und das allgemeine Kopfnicken verriet mir, dass man mich endlich als würdig betrachtete, Milord zu ehelichen.
    »Da sind sie«, dröhnte Philippe vom Familientisch her. Jemand begann zu klatschen, und bald jubelte der ganze Saal. Anfangs wagte Matthew nur ein schüchternes Lächeln, doch als der Lärm zunahm, breitete sich ein stolzes Grinsen auf seinem Gesicht aus.
    Wir saßen auf den Ehrenplätzen beiderseits von Philippe, der sofort den ersten Gang auffahren und die Musiker die Instrumente stimmen ließ. Mir wurden von allem, was der Koch zubereitet hatte, kleine Portionen angeboten. Die Prozession der Gerichte nahm kein Ende: Es gab eine Kichererbsensuppe, gegrillten Aal, ein köstliches Linsenpüree, Stockfisch in Knoblauchsoße und einen ganzen Fisch in einer Art See aus Aspik, in dem Lavendel- und Rosmarinzweige die Wasserpflanzen darstellten. Philippe gestand, dass die Speisenfolge zu hitzigen Diskussionen zwischen dem Koch und dem Dorfpfarrer geführt hatte. Nach dem Austausch mehrerer Depeschen hatten sich die beiden darauf geeinigt, dass beim heutigen Mahl das freitägliche Verbot von Fleisch, Milch und Käse beachtet werden sollte, während es beim morgigen extravaganten Bankett keinerlei Beschränkungen geben würde.
    Wie es dem Bräutigam geziemte, waren Matthews Portionen deutlich größer als meine – überflüssigerweise, denn er aß nichts und trank kaum etwas. Die Männer an den Tischen nebenan rissen Witze darüber, dass er Kräfte tanken müsse, um für die bevorstehenden Mühen gewappnet zu sein.
    Bis der Hypocras, ein mit Honig gewürzter Wein, zu fließen begann und ein köstliches Konfekt aus Walnüssen und Honig von Gast zu Gast weitergereicht wurde, waren die Scherze schon reichlich derb geworden und Matthews Antworten nicht weniger scharfzüngig. Zum Glück wurde hauptsächlich in Sprachen, die ich kaum verstand, gelästert und gespottet, aber Philippe hielt mir trotzdem hin und wieder die Ohren zu.
    Je lauter die Musik und das Gelächter wurden, desto leichter wurde mir ums Herz. Heute Abend sah Matthew ganz und gar nicht aus wie ein fünfzehnhundert Jahre alter Vampir, sondern wie jeder gewöhnliche Bräutigam am Abend vor seiner Hochzeit: nervös, geschmeichelt und ein bisschen verschüchtert. Das war der Mann, den ich liebte, und immer wenn sein Blick auf mir ruhte, geriet mein Herz kurz ins Stolpern.
    Das Singen setzte ein, als der Koch den letzten Wein aus seiner Auswahl und dazu kandierte Fenchel- und Kardamomsamen servierte. Ein Mann am anderen Ende des Saals stimmte in tiefem Bass ein Lied an, und seine Nachbarn fielen gleich darauf ein. Bald sangen alle mit und stampften und klatschten dazu so heftig, dass man die Musiker, die sich verzweifelt gegen den Lärm stemmten, kaum noch hören konnte.
    Während die Gäste damit beschäftigt waren, neue Strophen zu ersinnen, zog Philippe seine Runden und begrüßte dabei jeden Gast mit Namen. Er warf Babys in die Luft, erkundigte sich nach dem Vieh und lauschte aufmerksam, wenn die

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