Wo gute Ideen herkommen.: Eine kurze Geschichte der Innovation. (German Edition)
Ahnungen zu kultivieren, alles aufzuschreiben. Im Zeitalter der Serendipitätsmaschine Internet gibt es eine ganz ähnliche Direktive: Schlagen Sie alles nach.
Dass Innovation erblüht, wo immer Ideen die Möglichkeit haben, sich mit anderen Ideen zu verbinden, wo Ahnungen aufeinandertreffen und sich gegenseitig ergänzen können, mag so offensichtlich erscheinen, dass es kaum der Erwähnung wert ist. Tatsache ist jedoch: Während des größten Teils der letzten beiden Jahrhunderte war genau das Gegenteil der Fall. Es wurden regelrecht Mauern errichtet, um zu verhindern, dass Ideen sich zufällig verbinden, wie sie das in unseren Träumen und in der Entwicklung des organischen Lebens tun. Paradoxerweise geschah dies mit dem expliziten Ziel, Innovation zu fördern. Diese Mauern haben sogarNamen: Patente, digitale Rechteverwaltung, geistiges Eigentum, Geschäftsgeheimnis, eigentumsgeschützte Technologie usw. Sie alle gehen von der gemeinsamen Grundannahme aus, dass, wenn Ideen geschützt werden, die Innovationsrate auf lange Sicht zunehmen würde, weil die Schöpfer der Ideen finanziell profitieren, und dieser Profit andere ermuntert, ebenfalls innovativ tätig zu werden. 4
Das Problem solcher Restriktionen ist, dass sie Serendipität unterbinden und die Zahl derer drastisch einschränken, die zur Lösung eines Problems beitragen könnten. Aus diesem Grund versuchen immer mehr Organisationen – seien es Wirtschaftsunternehmen, gemeinnützige Einrichtungen, Schulen oder Behörden –Arbeitsumgebungen serendipitätsfördernd zu gestalten. In der Vergangenheit haben Unternehmen und Organisationen, die auf Innovation angewiesen sind, so etwas wie abgeriegelte Spielwiesen für Ahnungen angelegt: die Forschungs- und Entwicklungsabteilungen. Leider waren diese Abteilungen auch immer eine Art geistiges Schließfach, in denen die eigenen Entwicklungen gehütet wurden wie Staatsgeheimnisse, damit die Konkurrenz keinen Wind davon bekam und das Produkt möglicherweise kopierte. Manche Firmen – als prominentes Beispiel sei hier Apple genannt – unternehmen die größten Anstrengungen, um Neuentwicklungen selbst vor den eigenen Mitarbeitern zu verbergen. Diese Geheimhaltung fordert jedoch ihren Preis, wie wir gesehen haben. Indem man dieeigenen Ideen vor Mitbewerbern und möglichen Nachahmern abschottet, isoliert man sie auch von anderen Ideen, die sie ergänzen oder mit deren Hilfe aus Vermutungen und Ahnungen echte Innovationen werden könnten. Fortschrittlich denkende Unternehmen versuchen deshalb, ihre Entwicklungsabteilungen durchlässiger und transparenter zu machen, als das bisher der Fall war. Firmen wie IBM oder Procter & Gamble, die lange von hinter verschlossenen Türe entstandenen und patentgeschützten Entwicklungen profitiert haben, sind im letzten Jahrzehnt dazu übergegangen, offene Innovationsplattformen zu schaffen, wo sie sich mit Universitäten, Geschäftspartnern, Zulieferern und Kunden über ihre neuesten Entwicklungen austauschen.
Anfang 2010 rief Nike gemeinsam mit zwei anderen Unternehmen den Online-Marktplatz GreenXchange ins Leben und veröffentlichte dort über 400 firmeneigene Patente, die umweltfreundliche Materialien und Technologien betrafen. GreenXchange ist eine Mischform aus kommerziellem Eigeninteresse und Dienst an der Allgemeinheit. Indem Nike seine Ideen öffentlich macht, können andere Firmen sie verbessern, was einen Mehrwert bedeutet, den Nike wiederum für seine eigenen Produkte nutzen kann. In gewisser Weise hat Nike damit seine Entwicklungsabteilung vergrößert, ohne zusätzliches Personal einstellen zu müssen. Umweltbewusstsein und Nachhaltigkeit sind fester Bestandteil von Nikes Firmenphilosophie, und schließlich erkannte man, dass viele der firmeneigenen umweltfreundlichen Technologien auch in anderen Bereichen anwendbar sein könnten. Nike verfügt über eine breite Produktpalette, dennoch gibt es weite Bereiche, in denen der Konzern selbst keine kommerziellen Interessen verfolgt, die firmeneigenen Patente aber anderen von Nutzen sein könnten. Solange Nike seine Patente geheim hielt, hielt die Firma umweltfreundlicheTechnologien unter Verschluss, die in anderen Industriezweigen für mehr Nachhaltigkeit sorgen könnten. Also gab Nike in Zusammenarbeit mit Creative Commons seine Patente unter einer abgeänderten Lizenz für Nichtmitbewerber frei. Gleichzeitig wurde ein für alle Patente geltender Standardvertrag entwickelt, um die bei Nutzung des Patents anfallenden Kosten
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