Wo gute Ideen herkommen.: Eine kurze Geschichte der Innovation. (German Edition)
Nach ein paar Versuchen verwendete er für die mittlere Elektrode einen mehrfach gebogenen Draht, den er »Grid« (dt.: Gitter) nannte. Diesmal zeigten schon frühe Tests, dass die von de Forest »Audion« genannte Vorrichtung Audiosignale weit besser verstärkte als andere Entwicklungen, und das bei hervorragender Empfangsqualität.
De Forests Erfindung wurde schließlich unter der Bezeichnung Triode oder auch Gitteraudion bekannt. Die drei Elektroden wurden zum Standard in den Vakuumröhren, die im folgenden Jahrzehnt in Massenproduktion gingen. Ob Radio-Empfänger, Telefon-Schalttafeln oder Fernsehgeräte – in allen wichtigen Erfindungenim Bereich der Kommunikationstechnologie der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts kamen Variationen von de Forests Triode zum Einsatz. Ursprünglich waren diese Vakuumröhren nur dazu gedacht, Signale zu verstärken, bis sich herausstellte, dass sie sich hervorragend als elektronischer Schalter eigneten, was den Bau des ersten Computers in den 1940er Jahren ermöglichte. Als de Forest den beiden Elektroden eine dritte hinzufügte, stieß er, ohne es zu wissen, genau jene Tür zum Nächstmöglichen auf, an der Charles Babbage 60 Jahre zuvor mit seiner analytischen Maschine gescheitert war. Die Kraft, die dieser Erschließung innewohnte, wurde schnell offenbar: Der erste Computer mit Vakuumröhren, der riesige ENIAC, führte die Berechnungen zur Entwicklung der ersten Wasserstoffbombe durch.
Die Entstehungsgeschichte des Audion klingt wie ein Lehrstück vom eigenbrötlerischen Erfinder, der sich in seinem winzigen Apartment verkriecht und dort mit Scharfsinn und Beharrlichkeit in jahrelanger Kleinarbeit etwas erschafft, das schließlich die ganze Welt verändert. Doch diese Sichtweise lässt einen entscheidenden Aspekt außer Acht: Bei so gut wie jedem Schritt, den de Forest auf dem Weg zur Entwicklung des Audions unternahm, lag er zunächst einmal falsch. In gewissem Sinn war das Audion weniger eine Erfindung als eine fortgesetzte Anhäufung von Irrtümern. Denn, wie sich später herausstellte, hatte das geheimnisvolle Wechselspiel zwischen dem Knallfunkensender und der Glühstrumpflampe überhaupt nichts mit elektromagnetischen Wellen zu tun! Die Flamme hatte auf die Schallwellen reagiert, die der Knallfunkensender erzeugte. Doch de Forest blieb bei seiner falschen Annahme, und auch alle später entwickelten Varianten des Audions wurden mit Gas gefüllt, was die Röhren wesentlich anfälliger machte. Es sollte weitere zehn Jahre dauern, bis man herausfand, dass Trioden am besten in einem Vakuum funktionierten (daher auch dieBezeichnung »Vakuumröhre«). Selbst de Forest machte keinen Hehl daraus, dass er das Gerät nicht verstand, das er da erfunden hatte. »Ich wusste nicht, warum«, erklärte er, »aber es funktionierte.«
Unter den großen Erfindern des 20. Jahrhunderts mag de Forest derjenige gewesen sein, der sich am häufigsten geirrt hat, dennoch ist er mit seinen Fehlschlägen alles andere als allein. Es gab sie zwar, die Erfinder, die spontan richtig lagen mit ihren Ahnungen und Ideen, aber die Liste derer, die meilenweit danebengriffen, und das mehrmals, ist noch viel länger. Ihre vermeintlichen Entdeckungen waren nicht nur falsch, sondern manchmal auch im wahrsten Sinne des Wortes schmutzig, denn eine nicht gerade kleine Zahl bahnbrechender Entdeckungen ist auf verunreinigte Labors zurückzuführen. Berühmt ist die Geschichte von Alexander Fleming, der die medizinische Wirkung von Penizillin entdeckte, weil er eine Kultur Staphylokokken angesetzt und diese neben einem offenen Fenster hatte stehen lassen, sodass sich der Schimmelpilz Penicillium dort einnisten konnte. In den 1830er Jahren versuchte Louis Daguerre lange Zeit vergeblich, iodierten Silberplatten schwarz-weiße Bilder zu entlocken. Eines Nachts sperrte er die Platten nach einem weiteren Fehlversuch in einen Chemikalienschrank. Zu seinem Erstaunen entdeckte er am nächsten Tag, dass die Dämpfe aus einem undichten Quecksilberfläschchen ein perfektes Bild auf die Platte gezaubert hatten. Die Daguerreotypie, ein Vorläufer der heutigen Fotografie, war geboren.
Im Sommer des Jahres 1951 arbeitete der Kriegsveteran Wilson Greatbatch auf einer der Cornell University angeschlossenen Farm für Verhaltensbiologie, wo er unter der G.I. Bill of Rights studierte. Greatbatch war begeisterter Amateurfunker. Schon als Teenager hatte er sich aus den Nachfahren von de Forests Audion ein Kurzwellenradio gebaut. Seine
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