Wo immer Du bist, Darling
Marlene und Petra vorbei und helfen uns beim Packen.«
Sie sahen sich atemlos einen Moment an, dann fielen sie sich in die Arme.
»Ich freue mich so für dich, Anja.« Carolin hatte Tränen in den Augen.
Anja klammerte sich an sie. »Ich kann es noch gar nicht glauben. Ich werde ihn wiedersehen. Ich werde Ramon wiedersehen.« Ihre Stimme brach.
Eng aneinandergedrückt standen sie minutenlang da, ehe sie sich langsam voneinander lösten. Anja atmete ein paar Mal tief durch, bis sie sich wieder etwas gefasst hatte, dann öffnete sie leise die Tür zu ihrem Zimmer und sah nach Adrian. Er hatte zum Glück den ganzen Tumult verschlafen, nicht ahnend, dass er bald zum ersten Mal seinem Vater begegnen würde.
Sie strich ihm über die glatte Wange und blieb einige Minuten bei ihm sitzen, Ramons Figur immer noch fest in den Händen.
In den nächsten Tagen glich die Wohnung einem Bienenstock. Anja flitzte ununterbrochen umher, räumte Adrians und ihre Kleider aus, sortierte wichtige Unterlagen, meldete sich beim Krankenhaus ab.
Marlene, Petra und Carolin wichen keinen Millimeter von ihrer Seite und unterstützten sie beim Packen, wo sie konnten. Sie war froh über die hektische Betriebsamkeit, weil sie vor Nervosität ohnehin keine Sekunde hätte still sitzen können. Noch nie in ihrem Leben war sie so oft umarmt worden. Ihre Freundinnen freuten sich aufrichtig für sie, obwohl sie vermutlich wussten, dass sie sich bald nur noch äußerst selten zu Gesicht bekommen würden. Kuba lag ein ganzes Stück entfernt vom heimischen Heidelberg.
Es beflügelte sie, wie sicher alle davon ausgingen, dass sie bei Ramon bleiben würden. Ihr Herz war längst bei ihm. Wie er wohl nach Kuba gelangt war? Ob er auf sie wartete? Bestimmt.
Wie gern hätte sie sich Adrian unter den Arm geklemmt und wäre sofort losgeflogen. Ihr Sohn verstand zwar nicht genau, was eigentlich passiert war, hatte aber nichts gegen eine Reise einzuwenden. Geschäftig rannte er zwischen den Kartons hin und her und probierte aus, in welchen Koffer sich Mr. Bun am besten verstauen ließ.
Anjas Puls begann jedes Mal zu rasen, wenn sie daran dachte, dass sie Ramon tatsächlich wiedersehen würde. Es kam ihr so unwirklich vor. Nur wenige Tage zuvor war sie noch felsenfest davon überzeugt gewesen, für immer von ihm getrennt leben zu müssen. Und nun würde sie vielleicht den Rest ihres Lebens mit ihm verbringen können. Hätte sich Freude in Zahlen ausdrücken lassen, sie hätte jeden Wert überflügelt.
Nach einer halben Woche voller Hektik, Aufruhr und nervenzermürbendem Warten, brach endlich der Morgen der Abreise an.
Wie immer hatte Anja keine Sekunde geschlafen. Sie weckte Adrian und schloss ihn in die Arme. Die nächsten Stunden würden ihr beider Leben entscheidend verändern, daran gab es keinen noch so winzigen Zweifel.
Unter Carolins strenger Aufsicht spülte sie einige Bissen Vollkornbrot mit Tee hinunter, während sie im Stillen dafür dankte, dass ihrem Sohn die ganze Aufregung nicht auf den Magen zu schlagen schien.
Fleißig schaufelte er sich seine Lieblingsflakes in den Mund.
Als sie das Geschirr in die Spüle stellte, klingelte es. Carolin öffnete. Oliver stand vor der Tür, pünktlich, wie nur er es zustande brachte.
Er küsste Carolin und umarmte Anja dann. »Seid ihr fertig? Marlene und Wolfgang sitzen schon im Auto.«
»Ja, sind wir.« Mit wackligen Knien griff Anja nach Adrians Hand. Sie hatten nur wenige Gepäckstücke, in denen sich überwiegend Kleider und Dinge ihres Sohnes befanden. Anja benötigte nicht viel. Liebend gern würde sie auf alle materiellen Güter verzichten, solange zwei spezielle Menschen an ihrer Seite weilten. Der eine hielt gerade ihre Hand, der andere befand sich auf Kuba.
Carolin schnappte sich den kleinen Trolli, mit dem Anja schon einmal eine bedeutungsvolle Reise angetreten hatte, und Oliver klemmte sich den Koffer unter den Arm. Schwatzend eilte das Paar die Treppe zur Straße hinab.
Anja drehte mit Adrian zusammen eine letzte Runde durch ihre Wohnung. Bewegt glitt ihr Blick über die vertrauten Räume, in denen sie sich gestern tränenreich und doch unendlich glücklich von Petra und Lars verabschiedet hatte.
Tief in ihrem Herzen wusste sie, dass sie nicht mehr zurückkommen würde. Sie gehörte zu Ramon. Sie gehörte zu ihm seit dem Moment, in dem sie in der dunklen Waldhütte ihre Hand in seine gelegt und mit ihm gemeinsam die Flucht in die Wildnis angetreten hatte.
Sie blickte in Adrians
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