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Wo Licht im Wege steht

Wo Licht im Wege steht

Titel: Wo Licht im Wege steht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. A. Fair
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Außer ihr war anscheinend niemand mehr im Haus. Dann ging ich weiter zu der Tür, auf die Lucille gezeigt hatte. Dieses Zimmer glich ihrem Schlafraum fast aufs Haar, nur daß hier die Vorhänge vorgezogen waren.
    Ich befand mich in einem typischen Mädchenschlafzimmer mit all den kosmetischen Kleinigkeiten auf dem Frisiertisch, einem Bett mit farbiger Chintzdecke, einem bequemen, tiefen Sessel, hinter dem eine Leselampe stand. Neben dem Sessel lagen auf einem Tischchen verschiedene Magazinhefte und ein Buch.
    Nachdem ich mich mit dem Zimmer vertraut gemacht hatte, ließ ich mich in dem Sessel nieder, um zu warten. Dann erinnerte ich mich, daß noch Spuren von Lucilles Lippenstift in meinem Gesicht sein mußten. Ich stand auf, blickte in den großen Spiegel und versuchte, die roten Flecke mit einem Taschentuch zu entfernen.
    Ich sah mich nach einem Telefon um, konnte aber keines entdecken. Als mir die Lektüre der Magazine zu langweilig wurde, griff ich nach dem Buch.
    Es war die Geschichte zweier Liebender. Ich blätterte ein bißchen darin. Allmählich wurde ich vom Inhalt gefesselt und begann es systematisch zu lesen.
    Die Geschichte enthielt viel Romantik und war kurzweilig geschrieben. Sie begann mit dem Glück der Liebenden. Aber dann tauchte eine berechnende Intrigantin auf, die den Mann verwirrte. Sie spielte ihm die Rolle des kleinen, unwissenden Mädchens vor und zog ihn mehr und mehr in ihren Bann. Es war jedoch keine echte Liebe, sondern nur Erotik, was ihn bei ihr anzog. Das, was ihn mit seiner ersten Geliebten verbunden hatte, war ein tiefgründigeres Gefühl. Leider erkannte der Mann das nicht... Das Buch "War noch nicht ganz aufgeschnitten, nur bis zu dieser Szene. Es War mir also nicht möglich, weiterzulesen. Aber es schien mir eine Art Nachschlagewerk für die Bewohnerin dieses Zimmers zu sein denn sie hatte es sorgfältig in Zellophan eingebunden.
    Plötzlich fühlte ich mich gestört. Ich befeuchtete meine Lippen und dachte, daß es wohl der fremdartige Geschmack von Lucilles Lippenstift sein müsse, den ich noch immer empfand. Und wieder fuhr ich mir mit meinem Taschentuch über den Mund. Mir kam zum Bewußtsein, daß ich nun schon ziemlich lange hier saß und daß Lucille sich reichlich viel Zeit zum Umkleiden nahm. Auch fiel mir ein, daß sie womöglich durch den Innenhof davongelaufen sein könne. Ich wußte zwar nicht, was sie damit hätte bezwecken wollen, denn ich hatte sie nun gefunden - und so leicht würde sie mir nicht wieder entfliehen. Ihre Schwester saß nebenan, und ich konnte jederzeit zu ihr gehen, mich vorstellen - oder aber ich konnte durch Lucilles Schlafzimmer wieder das Haus verlassen.
    Plötzlich hörte ich ein Geräusch hinter mir. Es war jemand im Zimmer.
    »Nun«, sagte ich, »allmählich wird es auch Zeit.«
    Ich hörte einen Schrei und sah mich um.
    Es war nicht Lucille, die hinter mir stand, sondern ihre Schwester.
    Man erkannte sofort die Ähnlichkeit an den ausdrucksvollen dunklen Augen und den hervorstehenden Backenknochen. Die Schwester war jünger als Lucille, zarter und sensibler. Ihre braunen, seelenvollen Augen sahen mich in diesem Moment überrascht und erschrocken an, und sie war gerade dabei, einen neuen Schrei auszustoßen.
    Schnell stand ich auf, um sie zu beruhigen. »Ich warte auf Lucille. Sie zieht sich gerade an - und bat mich, hier hereinzugehen.«
    Sie betrachtete mich aufmerksam und fragte dann mißtrauisch: »Wie kamen Sie denn überhaupt ins Haus herein?«
    »Lucille ließ mich durch die Seitentür.«
    »Durch die Seitentür?«
    Ich nickte.
    »Ich habe aber nichts gehört.«
    »Das weiß ich. Ich sah Sie im Wohnzimmer sitzen, Sie waren von Ihrer Lektüre völlig gebannt.«
    »Ja, ich habe gelesen, aber ich...«
    »Lucille sagte mir, ich sollte mich ruhig verhalten, bis sie mich holen würde. Sie wollte sich nur schnell umkleiden.«
    »Aber warum führte meine Schwester Sie ausgerechnet in mein Schlafzimmer?«
    »Das weiß ich nicht. Wir können sie ja selbst fragen, sie dürfte jetzt fertig sein.«
    »Wo ist sie?«
    Inzwischen waren wir in die Halle gegangen, und ich deutete den Korridor hinunter.
    »Dort unten irgendwo, in einem dieser Zimmer. Ich vermute, es ist ihr Schlafzimmer.«
    Rosalind sah mich noch immer scheu und unsicher an. Sie wußte nicht, ob sie lieber um Hilfe rufen oder mit mir den Korridor hinuntergehen solle.
    Als ich auf sie zuging, löste sich plötzlich der Bann. Sie flog geradezu den Korridor hinab und rief laut: »Lucille,

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