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Wo niemand dich findet

Wo niemand dich findet

Titel: Wo niemand dich findet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Griffin
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verpflichtet?«
    »Was hast du nur dagegen, dass ich meine Arbeit mache?«
    »Das hat doch nichts mit deiner Arbeit zu tun«, fauchte er. »Wieso bindest du dich an diese Frauen? Du kannst einfach nicht die Finger von ihnen lassen. Gestern Abend wärst du fast erschossen worden, doch selbst das reicht dir wohl nicht.«
    Er umklammerte das Lenkrad und dachte an den Anruf, den er heute Morgen von seinem Partner erhalten hatte. »Wolltest du mir eigentlich noch erzählen, was am Donnerstag passiert ist?«

    »Was war am Donnerstag?«, fragte sie mit Unschuldsmiene.
    »Als du in dieser verdammten Shoppingmall ebenfalls in eine Schießerei verwickelt warst.« An ihrer Reaktion sah er, dass sie das wirklich nicht vorgehabt hatte. »Alex, was willst du damit beweisen?«
    »Ich will überhaupt nichts beweisen.«
    »Oder möchtest du, dass dir irgendwas zustößt?«
    »Blödsinn.«
    »Dann überlass das der Polizei. Jedes Mal, wenn ich dich treffe, steckst du noch ein bisschen tiefer im Schlamassel.«
    Nun wandte sie ihm ihr Gesicht zu, und an ihren Augen sah er, dass sich ein Gewitter zusammenbraute. »Du tust gerade so, als sei das alles meine Schuld! Hast du vergessen, dass die Person, die dafür verantwortlich ist, ein Cop ist? Mein Vertrauen in die sogenannten Gesetzeshüter ist momentan nicht besonders groß.«
    Nathan atmete durch, sichtlich um Fassung bemüht. Und ja, sie hatte recht, Schuld an der Misere war ein Cop. Auch Nathans Vertrauen war erschüttert. Mehr als ihm lieb war.
    »Hör doch, ich will dich ja nur verstehen«, beschwichtigte er. »Ich weiß auch, dass du helfen willst, aber …«
    »Du willst mich verstehen?« Ihre Wangen waren vor Aufregung und Zorn gerötet. »Das ist ganz leicht. Ich liebe meine Arbeit, sie bedeutet mir alles. Manche Leute lieben ihr Sozialleben, ihre Familie, ihren Whisky. Bei mir ist es der Job. Das ist alles.«
    »Glaubst du das wirklich?«
    »Ich weiß es sogar.«

    Er musste sich auf die Zunge beißen, um nicht zu widersprechen. Aber er war mit seinen Gedanken und Gefühlen heute schon mehrfach auf taube Ohren gestoßen.
    Sie blickte an ihm vorbei auf ihre Autos. Eins davon konnte sie erst morgen holen.
    Nathan ließ den Motor an. »Ich würde den Sunliner nehmen«, sagte er emotionslos. Sie sah ihn überrascht an. Ungläubig, dass er nicht weiter streiten wollte. »Er ist praktisch eine Einladung, so wie er da steht. Du kannst von Glück reden, dass er nicht schon geklaut wurde.«
    Sie nickte und öffnete die Tür. Dann drehte sie sich um und sah ihn an. »Danke. Fürs Mitnehmen und alles.«
    »Gern geschehen.«
    »Gute Fahrt.«
     
    Sie verfuhr sich zwei Mal und brauchte fast eine Stunde, aber schließlich fand Alex das Krankenhaus. Auf dem Weg in die Intensivstation, wohin Melanie nach der gestrigen Operation verlegt worden war, kam sie problemlos am Schwesternzimmer vorbei. Doch vor Melanies Zimmertür hielt sie ein bulliger U.S. Marshal auf.
    »Tut mir leid, Madam.« Er erhob sich von einem metallenen Klappstuhl. »Aber hier darf niemand rein.«
    Alex zog ein langes Gesicht. »Aber sie ist meine Schwester.« Sie sprach mit zitternder Stimme, und sogar ein paar Tränen traten ihr in die Augen. »Ich komme von weit her, um sie zu besuchen.«
    Er blickte sie mit versteinerter Miene an.
    »Könnte ich nicht nur für ein paar Augenblicke …«
    »Tut mir leid, Madam.«

    »Aber …«
    »Es ist okay. Sie gehört zu mir.«
    Alex fuhr herum. John Holt schlenderte den Gang entlang – mit allen Insignien eines Texas Rangers: Cowboyhut, Stiefel und silberner Stern am Revers.
    »Guten Abend, Alex.« Er nickte dem Wachposten zu und nahm das Klemmbrett von der Plastikhalterung an der Tür. Es war eine Art Besucherbuch, und Holt trug seinen und Alex’ Namen sowie Datum und Uhrzeit ein.
    »Dauert nicht lange«, meinte Holt zu dem U.S. Marshal, während er die Tür öffnete.
    Alex trat in den Raum, der nur von der Neonröhre über dem Waschbecken und dem grünlichen Licht der neben Melanies Bett aufgereihten medizinischen Apparate erhellt wurde. Ihr Blick fiel erst auf den Herzmonitor und die Infusionsvorrichtung, dann auf Melanie.
    Ihre Haut war wächsern, die Haare teilweise abrasiert, und dort, wo sie die Kugel am Schädel gestreift hatte, trug sie einen dicken Verband. Alex wusste, dass die weit schlimmere Verletzung von dem Laken verdeckt wurde. Eine Kugel vom Kaliber .22 hatte eine Niere durchschlagen.
    Alex’ Blick richtete sich auf Melanies blasses, fast graues Gesicht.

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