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Wo niemand dich findet

Wo niemand dich findet

Titel: Wo niemand dich findet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Griffin
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Wie tot. Plötzlich sah Alex einen mit hochrotem Kopf schreienden und strampelnden Säugling vor sich. Einen wie den, den sie vor nicht allzu langer Zeit in den Armen gehalten hatte.
    »Der Arzt ist erst vor Kurzem da gewesen.«
    Alex drehte sich um. Holt stand hinter ihr in einer dunklen Nische neben dem Badezimmer.
    »Was meinte er?«

    »Sie hat eine Gehirnprellung. Vor allem die Schwellung bereitet ihm Sorgen.«
    »Wie sind die Aussichten?«
    »Den ersten Tag hat sie gut überstanden, das ist schon eine Leistung. Aber ihre Chancen schwinden, je länger es dauert.«
    Alex presste die Lippen aufeinander. Es gefiel ihr nicht, dass sie so vor Melanie sprachen. Vielleicht hörte sie es ja?
    Alex ging zu ihr und nahm ihre Hand. Sie war kalt und schlaff.
    »Seit wann ist der Wachposten da?«
    »Seit sie hier ist.« Holt kam ebenfalls näher.
    »Und wie lang bleibt er?« Holts Miene verriet ihr, dass er wusste, worauf sie anspielte. Personal war teuer, der Marshal konnte nicht ewig dort sitzen. Melanies Zeit lief ab. Heute war ihr Leben noch etwas wert, morgen könnte es jedoch schon weniger wichtig sein.
    »Gehen wir doch nach draußen«, schlug Holt vor.
    »Ich möchte noch kurz mit ihr alleine sein.« Sie hielt kurz inne. »Bitte.«
    Er ging wieder in die kleine Nische, blieb jedoch im Raum.
    Alex begriff, dass sie nicht mehr erwarten konnte, und ging vorsichtig neben dem Bett in die Knie. Sie strich mit dem Daumen über Melanies Handfläche.
    Wusste Holt von Grace? Falls nicht, würde er es auch von Alex nicht erfahren. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Geheimnis auch ein Geheimnis blieb, verringerte sich mit jeder Person, die davon wusste.
    Im Neonlicht schimmerten Melanies Augenlider bläulich.
Alex bemerkte die kunstvoll geschwungenen Brauen, die Courtney erst gestern Vormittag herausgearbeitet hatte. Wie viel war seither passiert!
    Holt räusperte sich.
    Sie drückte Melanies Hand und beugte sich nah an ihr Ohr.
    »Ich hab Grace gesehen«, flüsterte sie. »Mit ihr ist alles in Ordnung, mach dir keine Sorgen.« Alex legte Melanies Hand neben sie auf das Bett und tätschelte sie. »Werd nur schnell gesund, ja? Ich komme bald wieder.«
    Vor dem Zimmer nickte sie dem Marshal zu und ging hinter Holt den Gang entlang, in dem es nach Desinfektionsmittel roch. Am Ende befand sich ein Besucherbereich mit schäbigen lila Sofas.
    Holt bedeutete ihr, Platz zu nehmen, aber sie blieb vor ihm stehen.
    »Wurde Coghan schon gefasst?«
    Seine klaren grauen Augen musterten sie. »Ein Beamter hat heute Nachmittag im Haus seines Vaters in Freeport mit ihm gesprochen. Für gestern Nacht hat er ein Alibi.«
    Sie verschränkte die Arme vor der Brust. »Und das wäre?«
    »Er sagt, er war beim Fischen.«
    »Glauben Sie das?«
    »Es scheint glaubwürdig.« Holt stemmte die Fäuste in die Hüften. »Zumindest im Augenblick.«
    Alex verdrehte die Augen.
    »Wir glauben, dass er einen Komplizen hat, Alex. Sind Sie sicher, dass Sie gestern nichts gesehen haben? Nicht mal ein bisschen?«

    »Ich habe der Polizei gesagt, was ich weiß. Steht alles im Protokoll.«
    »Das hab ich gelesen«, erwiderte Holt. »Aber er ist nicht der Einzige. Er hat einen Komplizen, und wir müssen rauskriegen, wer das ist.«
    »Vielleicht ist es der Kerl aus der Shoppingmall. Hat man den denn schon identifiziert?«
    »Aber sicher. Gleich als er ins Leichenhaus kam.«
    Ein Schauer lief über Alex’ Rücken. »Glauben Sie, Coghan hat ihn auf dem Gewissen?«
    »Vielleicht. Vielleicht aber auch der geheimnisvolle Unbekannte.«
    »Vielleicht weiß Melanie, wer das ist.«
    »Vielleicht.«
    Alex’ Blick wanderte den langen Gang zurück. »Wie lang wird der Marshal da sein?«
    »Maximal noch eine Woche.«
    Sie funkelte ihn an.
    »Unsere Mittel sind beschränkt«, sagte er. »Wir können es uns nicht leisten, sie ewig zu bewachen.«
    Nicht wenn sie uns nicht von Nutzen ist. Nicht wenn sie nur wie tot daliegt. Die Worte schwebten unausgesprochen im Raum.
    Alex schlang die Handtasche über die Schulter. »Ich hätte gerne einen Besucherausweis oder eine Zugangsberechtigung.«
    »Bleiben Sie noch da?«
    »Ja.«
    »Ich seh, was sich machen lässt.«
    »Vielen Dank.« Damit machte sie sich auf den Weg.
    »Alex.«

    Sie drehte sich um.
    »Seien Sie vorsichtig.«
    Niedergeschlagen verließ Alex das Krankenhaus. Nun war sie allein. Doch Nathans Abfahrt hatte ihr nicht die erhoffte Erleichterung verschafft. Heute Abend hätte sie gerne mit jemand geredet. Und noch lieber wäre ihr

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