Wo nur die Liebe Zählt: Die Creeds (German Edition)
Anblick.
„Weißt du, wie viel Uhr es ist?“, fragte Tricia.
Er ließ seinen Blick über ihre Haar wandern, das wahrscheinlich in alle Richtungen abstand, da sie es noch nicht gebürstet und zu dem üblichen schlichten, langen Zopf gebunden hatte, dann über den schäbigen Bademantel bis zu den komischen Hausschuhen. Dass er das schaffte, ohne dabei unverschämt zu wirken, fand Tricia irgendwie … nun, irgendwie eben, mehr nicht.
„Halb acht“, antwortete er, nachdem er auf die Uhr gesehen hatte. „Ich wollte Miss Natty Feuerholz vorbeibringen, wie gewünscht, doch sie macht nicht auf. Deshalb habe ich mir Sorgen gemacht. Geht es ihr gut?“
„Sie ist in Denver“, erklärte Tricia steif.
Sein Lächeln haute sie fast um. „Tja, das erklärt dann wohl, warum sie nicht aufgemacht hat. Ich dachte schon, sie wäre hingefallen oder so was.“ Er schwieg einen Moment. „Hast du schon Kaffee gekocht?“
Zwar kannte sie Conner, wie so ziemlich jeden hier in der Stadt, sie kannte ihn aber nicht gut – sie verkehrten nicht in denselben Kreisen. Tricia war in Seattle aufgewachsen, von dengoldenen Sommern mit ihrem Dad einmal abgesehen, während die Creeds in dieser Gegend Rinder züchteten, seit die Stadt existierte – also seit dem späten 18. Jahrhundert. Zu neunundneunzig Prozent überzeugt, dass dieser Mann kein Amokläufer oder Serienvergewaltiger war, trat sie errötend zurück und lächelte. „Ja, Kaffee ist fertig. Bedien dich.“
„Danke“, sagte er mit lang gezogenem Cowboyakzent und schlenderte gelassen an ihr vorbei wie ein Mann, der sich wohlfühlt, egal wo, ob auf einem buckelnden, halbwilden Pferd oder mit beiden Beinen fest auf dem Boden. Er roch nach frischer Landluft und einer Mischung aus hölzernem Aftershave, Heu und irgendwas Minzigem – wahrscheinlich Zahnpasta oder Mundwasser.
Tricia schloss die Tür hinter ihm und beobachtete Conner dabei, wie er einen Schrank öffnete, dann einen anderen, einen Becher fand und sich Kaffee einschenkte.
Einerseits bestürzt, mit wild zerzaustem Haar und in diesem Bademantel ertappt worden zu sein, und zugleich erstaunt über seine Dreistigkeit, gelang es Tricia, nicht zu lächeln. Sie überlegte, was sie über Conner Creed wusste. Er lebte auf der Familienranch, hatte einen Zwillingsbruder namens Cody oder Brody oder so, war nie verheiratet gewesen und hatte es laut Natty auch nicht eilig, daran etwas zu ändern.
„Bestimmt wird meine Urgroßmutter sich freuen, dass du das Holz gebracht hast“, meinte sie schließlich, wobei sie sich um einen neutral freundlichen Ton bemühte, der aber leider einfach nur langweilig klang. „Natty liebt ihr Kaminfeuer, vor allem, wenn es wieder kälter wird.“
Conner musterte Tricia aus einer Entfernung, die ihr längst nicht weit genug vorkam, und zog eine Augenbraue hoch. Dann gönnte er sich einen zweiten großen Schluck aus dem Becher, bevor er fragte: „Wann kommt sie zurück? Miss Natty, meine ich?“
„Wahrscheinlich nächste Woche“, erwiderte Tricia, überrascht, dass sie so ein Gespräch führte. Schließlich kam es nicht alle Tage vor, dass ein attraktiver, wenn auch ziemlich großspuriger Rancher versuchte, praktisch bei Tageseinbruch eine Tür einzuschlagen und dann in der Küche Kaffee zu schlürfen, als ob ihm das Haus gehörte. „Oder erst in zwei Wochen, wenn es ihr besonders gut gefällt.“
„Miss Natty hat gar nicht erwähnt, dass sie verreisen will“, stellte Conner nach einem weiteren Schluck Kaffee fest.
Die Bemerkung irritierte Tricia. Seit wann spielte sich Conner Creed als Beschützer ihrer Urgroßmutter auf? Auf einmal wollte sie nur noch, dass er verschwand, aus ihrer Küche und aus ihrem Haus. Allerdings schien er es mit dem Verschwinden genauso wenig eilig zu haben wie mit dem Heiraten.
Dabei verbrauchte er den gesamten Sauerstoff in diesem Raum.
Dachte er vielleicht, dass sie Natty gefesselt und geknebelt in einem Schrank versteckt hatte?
Sie deutete auf die Treppe. „Du kannst gern nachsehen, wenn du dich dann besser fühlst. Und, übrigens, du hast die Katze erschreckt.“
Wieder schenkte er ihr dieses Unschuldslächeln, bei dem seine Augen so strahlten, und Tricia stellte fest, dass die blaue Iris von einem grauen Ring umrahmt war. Und er hatte blendend weiße Zähne.
Halt, ermahnte sie sich stumm. Ihre Gedanken aber wirbelten weiterhin wild in ihrem Kopf durcheinander.
„Wenn du sagst, dass Miss Natty in Denver ist, um mit ihrer Schwester auf den Putz zu
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