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Wo Schneeflocken glitzern (German Edition)

Wo Schneeflocken glitzern (German Edition)

Titel: Wo Schneeflocken glitzern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathryn Constable
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versprechen, dass wir auf dich aufpassen …«
    Marianne und Delphine stiegen jetzt in den Zug ein. Ivan schloss die Wagentür hinter ihnen, dann kletterte er in die Lokführerkabine hinauf.
    »Wir sehen uns bald wieder!«, rief Sophie hinauf, aber ihre Worte gingen im Zischen des Dampfs unter. Die Räder quietschten, als sie sich auf den eisigen Gleisen in Bewegung setzten. Plötzlich sehnte sich Sophie danach, mit den anderen im Zugwagen zu sitzen. Verzweifelt rannte sie an dem kurzen Bahnsteig entlang, aber der Zug nahm Fahrt auf und die Bäume verschluckten ihn, bis sie nur noch das Stampfen der Lokomotive hörte.
    Langsam ging Sophie zum vozok zurück und Dimitri sprang zu ihr herunter. »Bleibst du wirklich da?«, fragte er und strahlte vor Freude. »Ganz sicher?«
    »Ja, klar«, lachte Sophie.
    »Wuuuhuuuu!«, schrie Dimitri, nahm seine Mütze ab und warf sie in die Luft. Dann rannte er hin und hob sie lachend aus dem Schnee auf.
    Sophie setzte sich neben ihn in den vozok .
    »Klar bleibe ich da, und ich bin mir hundertprozentig sicher, dass es richtig ist«, sagte sie noch einmal. »Ich darf euch jetzt nicht im Stich lassen, auch wenn ich nicht für immer dableiben kann.«
    Wieder kämpfte sie mit den Tränen. Sie wollte nicht weinen. Sie wollte glücklich sein. Wenn sie schon nicht ihr ganzes restliches Leben hierbleiben konnte, dann wollte sie wenigstens nicht die paar Tage, die ihr vielleicht noch vergönnt waren, ehe sie in ihr altes Leben in London zurückmusste, mit Trübsalblasen vergeuden. Nein, sie hatte hier noch eine Menge zu lernen und wollte möglichst viel über die Familie herausfinden, zu der sie gehörte. Sie würde nicht ruhen, bis sie alle verschollenen Volkonskis ausgegraben hatte.
    Die Wölfe waren im Wald, verständigten sich mit Rufen untereinander. Das Nachmittagssternenlicht fiel auf Sophie herunter. Aus einer Lichtung brach die Meute hervor, mit hängenden Zungen, und kam in geducktem Lauf auf sie zu. Dann trotteten sie neben Viflijanka her, der keine Notiz von ihnen nahm.
    »Sie waren auf der Jagd!«, rief Sophie Dimitri zu und hielt nach dem verwundeten alten Leitwolf Ausschau. Wo war er nur?
    Dimitri ließ Viflijanka zügig auf den Portikus zutraben. Erst vor wenigen Tagen hatte Ivan sie hierhergebracht, ohne dass sie etwas von Anna Fjodorovnas Plänen ahnten. Und jetzt warf Sophie jede Vernunft über Bord, um an einem Ort zu bleiben, den sie kaum kannte. Aber Ivan hatte gesagt, Zuhause ist der Ort, von dem man nicht mehr wegwill, an den man sich sein Leben lang zurücksehnt, wenn man ihn verloren hat. Ein Zuhause in diesem Sinn hatte Sophie nie gekannt, obwohl sie sich nichts sehnlicher gewünscht hatte.
    An der Tür sprang Dimitri vom vozok herunter und ging auf die andere Seite herum, um Sophie herauszuhelfen. Dann bebte die Tür und flog auf.
    Mascha stürzte heraus und schrie auf vor Überraschung, als sie Sophie sah. Sie presste die Hand auf ihre Brust, als hätte es ihr die Sprache verschlagen, aber ihr Gesicht leuchtete vor Freude und sie breitete die Arme aus. Einen Augenblick standen sie sich stumm gegenüber, dann schlang Sophie ihre Arme um Mascha.
    Und als sie in den Palast kamen, erschien Maschas Mutter mit Kerzen und Brot und Salz und einem strahlenden Lächeln. »Kommt, Kinder«, flüsterte sie. »Wir segnen … wir segnen unsere Prinzessin …«
    »Sie haben es gewusst!«, rief Sophie, die jetzt gleichzeitig weinte und lachte. »Sie haben gewusst, dass ich Sie nicht verlassen würde!« Dann nahm sie ein Stück Brot und tunkte es in das Salzhäufchen. »Ich segne dich«, sagte Maschas Mutter und Sophie neigte den Kopf.
    Plötzlich merkte sie, wie Maschas Augen sich weiteten, und als sie sich umdrehte, trottete der alte Leitwolf auf sie zu. Er hatte etwas im Maul, das zu beiden Seiten herunterbaumelte und hinter ihm herschleifte. Sophie drehte sich der Magen um – sie war nicht wild auf Geschenke, die einem ein wilder Wolf aus dem Wald mitbringt.
    Aber Mascha lachte.
    Der Wolf kam direkt auf Sophie zu und sie traute ihren Augen nicht, als sie sah, was ihm aus dem Maul hing. Das konnte doch nicht sein! Aber dann öffnete der Wolf sein Maul und es klirrte leise zu ihren Füßen. Mit einem zufriedenen Japsen, das ganz tief aus seiner Kehle kam, leckte er ihr die Hand, als wolle er gelobt werden. Sophie schaute auf das Wolfsgeschenk hinunter.
    Ein Strang von großen grauen Diamanten, lang genug, um einen Mann damit zu erhängen, blinkte träge im trüben Licht des

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