Wo Schneeflocken glitzern (German Edition)
denn, sie würden ein paar Bilder nehmen …«
»Ich tu’s für dich, Sophie. Es ist mir eine Ehre, dir zu dienen«, sagte Ivan und neigte den Kopf. »Und ich brauche keine Bilder.«
»Und dann? Was machen Sie dann?«
Ivan runzelte die Stirn. »Ich werde in meine Heimat nach Konstantinowo zurückgehen«, sagte er. »Meine Mutter ist alt und krank. Sie hat sich für mich geopfert, als ich klein war – hat mir alles gegeben, das Fleisch aus ihrer Schale, das Gemüse aus ihrem Garten. Und nie etwas dafür verlangt. Jetzt werde ich für sie sorgen, wie sie es verdient.«
»Wenn Sie doch nur hierbleiben könnten«, wisperte Sophie. »Vielleicht gibt es ja doch eine Möglichkeit. Sie könnten doch Ihre Mutter herbringen und hier im Palast versorgen?«
Ivan schüttelte traurig den Kopf. »Nein, nein – aber ich muss zugeben, dass die paar Monate im Winterpalast die glücklichsten meines Lebens waren … Ich habe mir sogar eingeredet, dass ich das alles hier irgendwann mein Zuhause nennen könnte – sofern Zuhause der Ort ist, von dem man nie mehr wegwill … und an den man sich sein Leben lang zurücksehnt, wenn man ihn verloren hat.« Er seufzte wehmütig.
Sophie legte ihre Hand auf Ivans Arm.
»Ich bin kein Prinz, Sophie. Wie konnte ich nur so dumm sein und glauben, dass ich in dieser Zauberwelt hier, so heruntergekommen und verfallen sie auch sein mag, einen Platz finden würde.«
»Ich möchte trotzdem, dass Sie bleiben«, wisperte Sophie. »Dann wäre es leichter für mich, nach London zurückzugehen.«
Ivan lächelte sie an, aber seine Augen blickten traurig. »Wir sind nicht im Märchen, Sophie. Wovon soll ich leben? Wie soll hier überhaupt jemand leben ohne ein Vermögen in der Tasche? Es kostet Millionen Rubel, den Palast zu erhalten. Die Prinzessin …« Er verstummte und schüttelte den Kopf. »Nun, für mich wird sie das wohl immer bleiben … Anna Fjodorovna hat Geld vom General bekommen, um die Diamanten aufzuspüren. Ohne die Diamanten kann der Palast nicht überleben.«
Sophie wurde flau im Magen. »Ich hatte sie«, flüsterte sie. »Ich habe sie gefunden und ihr gegeben. Für den General. Weil er sie bedroht hat. Sie waren im Kronleuchter oben.«
Zum ersten Mal sah Ivan wütend aus. So wütend, dass er sich kaum beherrschen konnte. Mit bebender Stimme murmelte er: »Es wird ihm nichts nützen. Die Welt wird erfahren, mit welchen Mitteln er die Diamanten an sich gebracht hat – dass er ein elender Dieb und Verbrecher ist.« Dann stieß er noch etwas auf Russisch hervor, das Sophie nicht verstand.
»Aber es hilft nichts, Ivan, oder?«, sagte sie traurig. »Hierbleiben können Sie trotzdem nicht.«
» Njet «, antwortete Ivan barsch. »Du wirst warten müssen, bis du erwachsen bist und noch schöner als jetzt, dann kannst du einen Oligarchen heiraten.«
Sophie grinste. »Aber die mögen doch lieber den sonnigen Süden als Schnee und Eis oder, Ivan? Und funkelnagelneue Luxusjachten, keine halb verfallenen Paläste.«
Ivans Lächeln wurde breiter. »Da hast du allerdings Recht«, sagte er. »Und Fußball.«
Marianne und Delphine warteten im Weißen Speisesaal. Mascha hatte ihnen Tee gekocht, dann hatte sie nur noch dagesessen und Delphine angehimmelt. Alle drei sprangen auf, als Sophie den Raum betrat.
»Ich glaube, du bist die erste Prinzessin, der ich je begegnet bin«, sagte Delphine und schüttelte fassungslos den Kopf.
»Mascha hat es uns erzählt«, lachte Marianne. »Müssen wir jetzt einen Hofknicks vor dir machen, oder so was?«
»Ja, klar, jeden Tag«, sagte Sophie. »Morgens, mittags und abends.«
Delphine verdrehte die Augen. »Meint ihr, Miss Ellis hat überhaupt gemerkt, dass wir weg waren? Die wird ganz schön Ärger kriegen, wenn wir das unseren Eltern erzählen!«
»Ich rufe meine aus St. Petersburg an«, sagte Marianne. »Ivan meint, wir können aufbrechen, sobald wir fertig gepackt haben. Und meine Eltern wollen bestimmt, dass ich nach London zurückkomme.«
»Meine Mutter wird alle Termine absagen und herkommen, um mich abzuholen«, sagte Delphine. Dann schaute sie Sophie an. »Wenn du willst, kannst du die restlichen Ferien bei uns in Paris bleiben, ja?«
»Oder bei mir zu Hause«, bot Marianne an. »Meine Eltern freuen sich immer, wenn du kommst. Und jetzt wird’s Zeit, dass wir abreisen.« Entschlossen stand sie auf.
»Darf ich erst noch Lebwohl sagen?« Sophie schaute die anderen entschuldigend an.
»Ja, klar«, sagte Marianne. »Man kann doch
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