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Wo Tiger zu Hause sind

Wo Tiger zu Hause sind

Titel: Wo Tiger zu Hause sind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Marie Blas de Roblès
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ich dich soeben eingeweiht. Und wie du wohl bereits annimmst, befindet sich der Altar dieses Gotteshauses wiederum direkt oberhalb der beiden anderen. Derselbe Gott also wurde hier angebetet, fünfzehn Jahrhunderte lang …«
    Als wir hernach aus San Clemente hinaustraten, blendete mich das Licht des Tages kurz, doch weniger als jene andere entscheidende Erleuchtung, die meine Seele in Glut versetzt hatte: Ich befand mich im dritten Himmel, war hingerissen wie einer, der gesegnet worden. Von nun an stand für mich ganz außer Zweifel, dass ich in der Person Kirchers niemand anderen vor mir hatte als einen wahrhaftigen Heiligen!

Auf dem Rio Paraguay
    Jähes Klatschen, Plätschern, träge Rülpser des Schlamms.
    »Der Typ ist doch krank!« Elaine setzte sich neben Mauro. »Ist dir das klar? Jetzt gibt es keinen Beweis mehr, das Milton ermordet wurde …«
    Sie duzte ihn weiter, ohne es zu bemerken. Er hätte genau sagen können, seit wann genau: mitten in der Aktion, als sie, großartig anzusehen, die Brust bloß wie bei einer Galionsfigur, Befehle gab.
    »Machen Sie sich keine Sorgen«, sagte er und nahm ihre Hand.
Wie erregend, sie weiter zu siezen und die eigentlich unwesentlich gewordene Distanz aufrechtzuerhalten.
»Das hilft jetzt sowieso nichts mehr.«
    Eine unwiderstehliche Erschöpfung nach den Aufregungen des Tages schnürte ihnen die Kehle zu.
    »Was meinst du?«, fragte Elaine, um gegen die aufsteigenden Tränen anzukämpfen. »Warten wir hier auf ihn?«
    »Das kommt mir am logischsten vor. Ich kann mir nicht vorstellen, wie wir Detlef tagelang durch den Dschungel schleppen sollen.«
    »Und wenn Petersen nie wiederkommt?«
    »Der kommt zurück, keine Angst … und sei es nur, um sein Schiff wieder flottzumachen. Außerdem ist da noch Yurupig, der lässt uns nicht sitzen.«
    »Hast du nicht gesehen, vorhin, während der Diskussion mit dem Saukerl, da hat er mir ein Zeichen gegeben, ich soll mich nicht drauf einlassen, als wollte er, dass wir nicht auf dem Schiff bleiben. Darum habe ich erst mal auf Zeit gespielt.«
    »Vielleicht haben Sie das auch falsch verstanden … Wir reden später noch mal mit ihm, wenn Petersen ihn in Ruhe lässt. Und Detlef?«, fragte er mit einem Blick auf den blutgetränkten Verband. »Besonders schön sieht das nicht aus …«
    »Er muss schnellstmöglich ins Krankenhaus. Ich habe getan, was ich konnte, aber das Knie ist zertrümmert.«
    »Sie waren großartig! Ich hätte das nie tun können, nicht mal, wenn ich gewusst hätte, wie. Haben Sie eine Ausbildung als Krankenschwester, oder was?«
    Elaine gelang ein Lächeln:
    »Schön wär’s … Ich glaube, wenn Detlef mir nicht geholfen hätte, würde ich die Arterie immer noch suchen! Ich erinnere mich nur ziemlich allgemein an Sachen, die ich während der Schwangerschaft gelesen habe; damals war ich besessen von der Angst, bei einer Krankheit oder einem Unfall unvorbereitet zu sein. Sogar Spritzen zu setzen, habe ich gelernt! Aber als meine Tochter auf der Welt war, verschwand das auf einen Schlag wieder. Merkwürdig, was?«
    »Wie alt ist sie jetzt?«
    »Moéma? Achtzehn. Sie studiert Ethnologie in Fortaleza. Wenn ich dran denke, wie sie mich um diese Reise beneidet hat!«
    Mauro verspürte einen Stich. Er war in eine Frau verliebt, die seine Mutter sein könnte. Dieser Gedanke erinnerte ihn schmerzhafter an seine Jugend, als eine Zurückweisung es getan hätte.
    »In Fortaleza!«, staunte er unwillkürlich. »Warum so weit weg?«
    »Das ist kompliziert«, antwortete Elaine nach kurzem Zögern. »Wie soll ich sagen … Als Schikane, nehme ich an. Es hat sie ziemlich aus der Bahn geworfen, dass ich meinen Mann verlassen habe; sie hat dann weder bei mir noch bei ihm leben wollen.«
    »Sie sind geschieden?«
    »Noch nicht«, sagte sie nachdenklich. »Der Prozess läuft.«
    In der abendlichen Dunkelheit war ihr Gesicht nicht mehr recht zu erkennen.
    »Gut«, sagte Mauro. »Ich hole mal eine Lampe und öffne ein paar Konserven. Ich habe Hunger bekommen.«
    »Bleib hier, ich kümmere mich darum. Dann kann ich mich gleich auch ein bisschen frisch machen.«
    »Wie Sie möchten. Ich rufe, falls er aufwacht.«
    »Danke.« Sie kniete sich hin, wollte aufstehen. »Ich meine für deine Hilfe vorhin … es ging mir so jämmerlich.«
    »Vergessen Sie’s. Ohne Yurupig hätte es auch nicht viel geholfen.«
    Wie nebenbei strich sie ihm mit dem Finger über die geschwollene Wange:
    »Ich schau mir das nachher mal bei Licht an. Ruh dich so

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