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Wo Tiger zu Hause sind

Wo Tiger zu Hause sind

Titel: Wo Tiger zu Hause sind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Marie Blas de Roblès
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wärmsten Glückwünsche seitens de Peirescs, der aber- und abermals darauf hinwies, dass er dank seiner Empfehlungen einen kleinen Anteil an den Entdeckungen meines Meisters hatte.
    Das Ende jenes Jahres war dramatisch: Der Astrologe Centini & seine wenigen Gefolgsleute wurden angeklagt, ein Mordkomplott gegen Papst Urban  VIII . angezettelt zu haben, bei schwarzen Messen, deren Art im Detail zu enthüllen das Schamgefühl mir untersagt, & dass sie ihn anschließend vergiften wollten. Kircher wurde beauftragt, die Gifte zu analysieren, die man im Hause Centinis & in den Speisen unseres Heiligen Vaters gefunden hatte. So hatte er Gelegenheit, sich mit einigen ob ihrer todbringenden Macht höchst interessanten Substanzen vertraut zu machen, was er später in einer Schrift zu diesem Thema nutzen sollte. Centini & seine Anhänger wurden zum Tode verurteilt & auf dem Petersplatz gehängt, zur Erbauung des Volks. Beim Anblick dieser armen Schlucker, wie sie am Strick zappelten, wäre ich beinahe ohnmächtig geworden, doch Kircher, der sich Notizen machte, tadelte mich unumwunden:
    »Ja, was denn!«, rief er aus, »du zitterst wie Espenlaub angesichts eines Schauspiels, das doch vollkommen natürlich ist. Diese Männer haben den Tod eines anderen vorbereitet & werden ebenso bestraft, wie sie sich versündigt haben. Je mehr sie beim Sterben leiden, desto wohlwolllender wird Gott der Herr ihre Gebete erhören, zumal sie ihre Verbrechen gestanden haben & folglich die Gnade verdienen, die den Reumütigen gebührt. Statt dich über etwas zu entsetzen, das doch nur der Übergang in eine bessere Welt ist, solltest du vielmehr, so wie ich, Verlauf & Wirkung des Erstickens beobachten & die Zeichen, die damit einhergehen …«
    Solchermaßen ermahnt, fasste ich den Mut, bis zum Ende der Hinrichtung dieser Unglückseligen beizuwohnen, doch ohne etwas anderes im Gedächtnis behalten zu können denn die greulichen Grimassen & das Schieferblau der hervorquellenden Zungen, die anschwollen wie die Blase eines zu rasch an die Oberfläche gezogenen Fischs.
    Einige Minuten nach Centinis Tod & während die Menge sich allbereits zerstreute, näherte Kircher sich den baumelnden Leichnamen. Da sein Amt ihn dazu befugte, betastete er einen nach dem anderen auf der Höhe der Hosen. Mit großer Befriedigung wies er mich auf die Feuchtigkeit der Leichname an dieser Stelle hin & versprach, mir eines Tages zu entdecken, inwiefern diese Beobachtung gewisse seiner geheimsten Studien bestätigte.
    So tragisch das Jahr 1636 geendigt hatte, so freudenvoll war eine Nachricht Anfang 1637 : Friedrich von Hessen, Fürst von Hessen-Darmstadt, kehrte in den Schoß der katholischen Kirche zurück.
    Kircher war hocherfreut ob dieses Ereignisses: Da Fulda zum Großherzogtum Hessen gehörte, verhieß die Konversion des Großfürsten die Wiederkehr des Friedens in diese seinem Herzen liebe Gegend, die von Krieg & Entbehrungen so schwer gezeichnet war. Friedrich von Hessen kam also nach Rom, wo der Oberste Hirte & Kardinal Barberini ihn mit großen Ehren empfingen. Da der Großfürst beschlossen hatte, durch Italien bis hinab nach Sizilien & Malta zu reisen, setzten die Oberen Kircher zu seinem Beichtiger & Reisegefährten ein. Abermals gelang es meinem Meister, mich mit ihm für diese Unternehmung zu verbinden.
    Einige Wochen später, wir legten gerade letzte Hand an die Reisevorbereitungen, erfuhr Athanasius vom Tode de Peirescs & erhielt zugleich mit einem Brief des Verstorbenen eine Abschrift von dessen Testament. Der alte provenzalische Gelehrte vermachte Kircher die Gesamtheit seiner Sammlungen, welche, sorgsamst aufgelistet & verpackt, bereits auf dem Wege nach Rom waren.
    Mit großer Erschütterung erbrach mein Meister das Siegel an diesem letzten Schreiben seines Freundes & Gönners. Über die bevorstehende Reise nach Süden in Kenntnis gesetzt, empfahl Peiresc ihm, dort unten die Höhe des Himmelspols zu messen, den Ätna zu beobachten & für ihn ein Verzeichnis der Bücher in den wichtigsten Bibliotheken von Sizilien aufzustellen, insonderheit eine Liste der Manuskripte der Abtei von Caeta. Athanasius bedurfte dieser Vorschläge nun durchaus nicht, da er bereits selbst ein höchst vollständiges Forschungsprogramm ausgearbeitet hatte, doch gingen die postumen Ermutigungen de Peirescs ihm so zu Herzen, dass er beschloss, diese Beobachtungen nicht nur als seine eigenen zu führen, sondern so, als entsprängen sie dem Wunsch des lieben

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