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Wo Tiger zu Hause sind

Wo Tiger zu Hause sind

Titel: Wo Tiger zu Hause sind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Marie Blas de Roblès
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Wunde.
    »Au, das tut weh! Ein bisschen sanfter bitte!«
    »Sanfter hilft nicht«, entgegnete sie mit einem seltsamen Blick, in dem sich Freude an der Revanche und Ironie mischten. »Man muss es gründlich desinfizieren. Wie heißt sie?«
    »… Loredana«, antwortete er nach einem kurzen Augenblick, von Soledades Hellsicht beeindruckt. »Italienerin. Woher weißt du?«
    »Das hab ich im kleinen Finger. Ist sie hübsch?«
    »Nicht übel. Na ja, doch, ziemlich gutaussehend. Ein phantastischer Hintern!«, sagte er, um sie ein wenig zu necken.
    »Ihr seid doch alle gleich!« Soledade klebte ihm ein Pflaster rund um den Finger. »Aber wenn man nachts angelt, fängt man nur Aale.«
    »Was bedeutet das?«
    »Weißt du das nicht? … So, hier, fertig. Ich geh einkaufen.«
    »Bring ein bisschen mehr mit. Vielleicht bekommen wir Besuch. Damenbesuch …«
    Soledade nickte wie der Papagei und sah ihn finster an.
    »
Si senhor
 …« Sie mimte den perfekten Gehorsam. »Aber denk ja nicht, ich serviere bei Tisch, das kannst du vergessen.
O meu computador não fala, computa!
«
     
    ›Weiß der Teufel, wo sie das wieder herhat!‹, dachte Eléazard und ging in sein Arbeitszimmer. Dieser verächtlich ausgesprochene Satz konnte Verschiedenes bedeuten, je nachdem, wie man das letzte Wort betonte: »Mein
Computer
spricht nicht, er computerisiert«; oder: »Mein
Computer
spricht nicht mit Huren …« Er fand, Soledade nahm sich ganz schön was heraus ihm gegenüber, aber das Wortspiel gefiel ihm, und er versuchte vergebens, es so zu übersetzen, dass die treffende Kürze erhalten blieb.
    Er vertiefte sich wieder in Caspar Schotts Manuskript, dann las er seine Anmerkungen auf dem Computerbildschirm und fand sie zu knapp und zugleich allzu parteiisch. Er musste eben entscheiden, für wen sie gedacht waren: Ein mit dem 17 . Jahrhundert vertrauter Akademiker fände sie wahrscheinlich vollkommen ausreichend, die Neugier des normalen Lesers aber dürften sie kaum völlig befriedigen. Doch wie weit sie ausdehnen? Er wäre fähig, so wusste er, den Umfang von Schotts Text mit seinen Anmerkungen zu verdoppeln, ja zu verdreifachen, so viel wüsste er über das Jahrhundert Kirchers zu sagen, in seinen Augen eine der bemerkenswertesten Epochen seit der Antike. Seine Aversion gegen die Person Kirchers hingegen war vollkommen neu und entsprang dem Gespräch mit Loredana. Es galt, einen Mittelweg zwischen bedingungsloser Bewunderung und systematischer Feindseligkeit zu finden, ein Gleichgewicht, um seine Vorbehalte gegenüber Kircher zu bezähmen.
    Das immer noch gewittrige Wetter ballte über Alcântara alle Tristesse der Welt zusammen. Eléazard fragte sich, ob Loredana ihn wohl wie versprochen am Vormittag besuchen würde. Diese Frau war wirklich besonders. Der gestrige Abend im Caravela erschien ihm in der Erinnerung wie ein intensiver, poetischer Augenblick, einer jener Momente, die man im Leben wieder erleben möchte. Falls sie heute käme, würde er sich ordentlich entschuldigen und ihr sagen, dass er sich sehr wünschte, sie beide könnten Freunde werden. Er überraschte sich bei der Vorstellung, wie sie die Straße entlang zu ihm geht. Ungeduldig, ja fast ängstlich erwartete er ihr Kommen wie ein Teenager beim ersten Rendezvous.
    ›Moéma hat ganz recht‹, dachte er lächelnd. ›Ich bin ein alter Kindskopf. Also, an die Arbeit!‹ Endlich hatte er in seinem Archiv – eines Tages müsste man das mal alles ordnen … – einen Artikel von François Secret aufgestöbert, der ihm für die Anmerkungen zum dritten Kapitel noch fehlte.
Secret
, Geheimnis, was für ein Name für jemanden, der sich der Hermeneutik verschrieben hatte! Fast könnte man meinen, bisweilen würden Namen die Lebensgeschichte ihrer Träger beeinflussen … Allerdings war die fragliche Untersuchung,
Eine vergessene Episode im Leben von de Peiresc: Der magische Säbel des Gustav Adolf
, nicht dazu angetan, Kircher in einem besseren Licht dastehen zu lassen, denn hier wurden Erkenntnisse von George Wallin zitiert, denen zufolge der von Kircher untersuchte Säbel eine Fälschung war! Um dem Ganzen zusätzliche Würze zu verleihen, zitierte Wallin aus
De orbibus tribus aureis
des Straßburgers Johann Scheffer, einem Text, in dem Kircher völlige Unfähigkeit in Fragen der Interpretation unterstellt wurde, denn er habe magische Zeichen in der Inschrift erkennen wollen, die man ihm heimtückischerweise vorgelegt hatte – nichts als einfache dänische Wörter! Als

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