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Wo Tiger zu Hause sind

Wo Tiger zu Hause sind

Titel: Wo Tiger zu Hause sind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Marie Blas de Roblès
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»… gewissen Kenntnis des Hochwohlgeborenen Athanasius Kircher …« (noch ein Ball, wie ein Ei, das er gezwungenermaßen hervorbrachte) »… ein Fünkchen Intelligenz und, nicht zu vergessen …« (ein letzter Ball, langsamer zutage befördert, mit den runden Augen eines, der seine Innereien hervorwürgt) »… meine natürliche Bescheidenheit …«
    Schon bei der ersten Erscheinung hatte Loredana losgelacht:
    »Meraviglioso!«
Sie klatschte. »Wie machst du das?«
    »Streng geheim …«, flüsterte Eléazard und legte sich den Finger auf die Lippen.
    »Ich bin dumm … das ist immer derselbe Ball, oder?«
    »Wie, immer derselbe?! Zähl sie nach, wenn du willst.«
    Und er holte die drei Bälle, die er zu Trainingszwecken immer bei sich trug, aus der Tasche.
    Loredana war verblüfft: »Jetzt bin ich wirklich sprachlos! Für die Nummer kannst du Eintritt nehmen!«
    Diesmal musste Eléazard laut loslachen. Durch ihr naives Staunen wirkte sie besonders attraktiv.
    »Wenn du mir verrätst, wie du das machst, sag ich dir die Zukunft voraus!«, bot sie ihm in geheimnisvollem Ton an.
    »Aus der Hand?«
    »Oh nein,
caro
 … Das ist Theater. Ich lege dir das
I Ging
aus, das ist ganz was anderes.«
    »Wie man’s nimmt. Aber gern, einverstanden«, antwortete Eléazard, hochzufrieden, dass es ihm gelungen war, sie wieder in Laune zu bringen.
    »Und?«
    »Was, und?«
    »Na, der Trick? So war doch der Handel: Du verrätst mir, wie du das machst …«
    Nachdem sie gelernt hatte, die Bälle zu verbergen – die Taschenspielerei war umso enttäuschender, als sie sich im Nachhinein als kinderleicht entpuppte –, holte Loredana ein Büchlein und drei seltsame, orangefarbene Porzellankiesel aus ihrer Handtasche.
    »Stäbchen sind zu sperrig, ich benutze stattdessen diese Dinger hier …«
    »Was ist das denn?« Eléazard nahm eines der Steinchen mit zwei Fingern auf.
    »Das sind St.-Luzien-Augen oder auch Meeresaugen, die Deckel einer Art von Seeschnecken, aber an den wirklichen Namen kann ich mich nicht mehr erinnern. Siehst du die Spirale? Fast das Tao-Zeichen. So, jetzt musst du eine Frage stellen.«
    »Eine präzise?«
    »Deine Entscheidung: Auf eine präzise Frage gibt es eine präzise Antwort, auf eine allgemeinere eine allgemeinere. So sind die Regeln. Aber es muss dir ernst sein damit, sonst lohnt es sich nicht.«
    Eléazard nahm einen Schluck Wein. Sofort war ihm Elaines Bild vor Augen getreten. Elaine als Frage. Nicht besonders überraschend in Anbetracht der Umstände; aber die widersprüchlichen Aussagen, die ihm auf der Zunge brannten, ließen ihn sofort nachdenklich werden: Gibt es eine Chance, dass sie zurückkommt und alles wieder wird wie zuvor? Wäre ich, falls sie zurückkäme, noch in der Lage, sie zu lieben? Werde ich eine Liebe mit einer anderen Frau erleben? Wenn etwas aufhört – beginnt dann etwas anderes, oder ist das nur eine Illusion, dazu bestimmt, den Fortbestand der Art zu garantieren? All das, so wurde er traurig gewahr, lief auf eine einzige Frage hinaus: Wann bin ich endlich von ihr befreit?
    »Na? Ist es so schwierig?« Loredana wurde ungeduldig.
    »Wir …« Eléazard hob die Augen und blickte zu ihr.
    »Wie, wir?«
    »Wir beide. Was werden die Folgen unserer Begegnung?«
    »Raffiniert«, lächelte Loredana. »Aber das könnte die Antwort kompliziert machen. Fangen wir an? Okay. Du wirfst die Muschelschalen sechsmal und konzentrierst dich dabei auf deine Frage. Kopf oder Zahl, das entscheidet darüber, wie die Striche aussehen, aber ich denke, du kennst das schon.«
    Eléazard versuchte sich zu konzentrieren, brachte aber nichts zuwege als Elaines verzerrtes Gesicht, dann warf er die Plättchen auf den Tisch. Jedes Mal notierte Loredana das Ergebnis, nannte Zahlen und legte die Striche des Hexagramms mit Hilfe von Streichhölzern aus, mal mit ganzen, mal mit halbierten, wo es nötig war.
    »Dieses erste
Gua
«, sagte sie, als die Figur endlich fertiggestellt war, »steht für die gegenwärtigen Möglichkeiten deiner Frage. Aus ihm werde ich ein zweites ableiten, das dir die Elemente für deine Antwort geben wird. Es gibt ja ›alte‹ Striche und ›junge‹; ein ›alter‹ Strich bleibt immer unverändert er selbst, ein ›junger‹ kann sich in den entgegengesetzten ›alten‹ verwandeln. So wird ein junges
Yin
zu einem alten
Yang
oder ein junges
Yang
zu einem alten
Yin
 …«
    »Hoppala … klingt ja gar nicht so einfach, dein Zauber!«, spottete Eléazard, amüsiert über

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