Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wo Tiger zu Hause sind

Wo Tiger zu Hause sind

Titel: Wo Tiger zu Hause sind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Marie Blas de Roblès
Vom Netzwerk:
Situation des Nacktseins im Rücken einer ebenfalls entblößten jungen Frau. Die stillschweigende Vereinbarung, sich nicht nacheinander umzudrehen, schwand, da sein Glied der Schwerkraft immer weniger gehorchte und stürmisch zuckte; ohne den Oberkörper zu drehen, riskierte er einen Blick über die Schulter und sah sich darin durch dieselbe Geste gespiegelt und ertappt. Moémas schelmische Augen wanderten langsam nach unten und verharrten.
    »Gar nicht übel, jedenfalls für einen Prof«, lächelte sie. »Und ich?«
    Mit beiden Händen raffte sie die Masse ihres Haars zu einem Knoten zusammen und legte auf diese Weise ihren Nacken frei. Diese kleine Inszenierung ließ ihren schmächtigen, weißen Busen erkennen – ›So blass‹, dachte er, ›wie zu lange eingezwängtes Fleisch oft ist‹ –, dessen Kontrast zur sonst überall gut gebräunten Haut ihn umso begehrenswerter erscheinen ließ. Ihr schmächtiger, etwas linkischer, man hätte meinen mögen noch pubertärer Körper hatte die matten Rundungen einer Eva von Van der Goes.
    »Kommt hin«, meinte Roetgen, ohne etwas an seiner wohl kaum als anständig zu bezeichnenden Haltung zu ändern. »Für eine Studentin jedenfalls.«
     
    Einen Augenblick später hatten sie die Badesachen angezogen.
    »Hast du keine Badelatschen dabei?«, fragte Moéma besorgt, als sie bereit waren.
    »Nein, ich gehe gern barfuß.«
    »Mein Fehler, ich hätte es dir sagen müssen. Das ist hier nicht sehr empfehlenswert, wegen der Sauereien, die überall rumliegen. Und es gibt auch noch den
bicho-do-pé …
«
    »Was soll denn das schon wieder sein?«, lachte Roetgen.
    »Das ist ein winzig kleiner Wurm, ein Parasit, wenn du so willst. Das Weibchen kriecht unter die Haut, durch die Poren der Zehen, und gräbt dann Gänge. Wenn man es nicht sofort bemerkt, wird es bald sehr schwierig, es wieder rauszuziehen, vor allem, weil es irre viele Eier legt und …«
    »Hör bloß auf!«, bat Roetgen mit angewiderter Miene. »Wahrscheinlich tut das auch noch weh, was?«
    »Manchmal juckt es ein bisschen, das ist alles. Aber sie können alle möglichen Krankheiten übertragen.« Da sie seinem Gesicht jetzt wirklich ein gewisses Zögern ansehen konnte, wollte sie ihn rasch beruhigen: »Keine Angst, ich fange mir hier immer welche ein und hab nie was gekriegt. Hauptsache, man zieht sie schnell wieder raus, und da kannst du dich auf mich verlassen, darin bin ich Expertin! Schau einfach, dass du nicht ständig mitten durch den Müll latschst, dann wird’s schon gehen.«
    »Ich habe vor,
überhaupt
nicht durch den Müll zu gehen!«
    »Dann bin ich ja gespannt, wie du das machst. So, komm, wir gehen …«
    Das Badetuch über der Schulter, gingen sie los. Wegen der Gluthitze in der prallen Sonne beeilten sie sich, zu dem sandigen Abhang zu kommen, der zum Strand hinunterführte. Kaum hatten sie ihn erreicht, fing Roetgen schreiend an zu tänzeln.
    »Der Sand! Ich verbrenne mir die Füße!«
    Einem plötzlichen Einfall folgend, warf er das Badetuch auf den Boden und stellte sich darauf.
    »Unglaublich«, sagte er nach einem erlösten Seufzer, »so was hab ich noch nie erlebt. Der Sand ist so heiß, da könnte man ein Ei drauf braten!«
    »Kommt vor!« Moéma musste fürchterlich lachen.
    Er sah einfach zu lustig aus, so auf seinem Frotteetuch gestrandet.
    Ein Fischer durchquerte das Bild; an jedem Ende der Stange quer über seinen Schultern funkelte ein Bündel Bonitos.
    »Und jetzt, Herr Professor?«
    »Mir bleibt wohl keine andere Wahl.« Er zog die Augenbrauen hoch. »Jeder muss irgendwann einmal die Wüste durchqueren … Wir sehen uns im Wasser, wenn ich nicht vorher verbrenne! Nimmst du bitte mein Handtuch?«
    Ohne ihre Antwort abzuwarten, rannte er mit hochgezogenen Ellbogen und durchgedrücktem Kreuz zum Wasser. Moéma blickte ihm nach; erst sah es ganz elegant aus, dann ähnelte es immer mehr einer Flucht, durchsetzt mit unkoordinierten Hüpfern und lauten Schreien.
    Verrückt, der ist komplett verrückt!
    Sie lachte.

Favela do Pirambú
    Den mit Kieselsteinen vollgestopften Mund unnatürlich weit aufgerissen.
    Nelson empfand den Verkauf des Willys als Raub. Als hätte man seinen Helden ein weiteres Mal ermordet, als würde die Ungerechtigkeit allüberall auf Erden triumphieren.
    »Red mit mir, mein Sohn«, sagte Zé nach einer langen Weile. »Sag mir, dass du es mir nicht übelnimmst.«
    »Du bist ja nicht schuld«, antwortete Nelson. »Ich weiß ja, du hättest ihn behalten. Aber ich will

Weitere Kostenlose Bücher