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Wo Träume im Wind verwehen

Wo Träume im Wind verwehen

Titel: Wo Träume im Wind verwehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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Du warst so lange ungebunden. Ungebunden und sicher. Liebes, ich kann den Gedanken nicht ertragen, dass du verletzt wirst.«
    »Ich bin stark, Mom«, sagte Caroline noch einmal. Ja, das stimmte. Sie hatte ihre Lektionen gelernt, hatte eine Schutzmauer errichtet, sich keine Bindung gestattet – und sich einsam gefühlt. Aber es gab nichts, worüber sich ihre Mutter Sorgen machen musste. Joe und sie würden niemals ein Paar werden, das war ein für alle Mal vorbei.
    »Gott sei Dank«, sagte Augusta schniefend. »Verzeihst du mir?«
    »Was?«
    »Gestern Abend. Nicht meine Gefühle, aber mein Verhalten. Dass ich derart die Kontrolle über mich verloren habe.«
    »Das war der Schock«, sagte Caroline und stellte sich Joes Gesicht vor. Und Sams. Die Fähigkeit zu verzeihen ist nicht das Einzige, was wichtig ist, dachte sie, sich an Joes Worte erinnernd. Zuerst müssen wir bereit sein, der Wahrheit ins Gesicht zu sehen und Verständnis für andere aufzubringen. Sie drückte die Hand ihrer Mutter.
    »Ja, das stimmt«, pflichtete Augusta ihr dankbar bei.
    »Wo ist Skye?«
    »Drinnen. Ich glaube, sie schläft.«
    »Ich muss mit ihr reden.«
    Augusta nickte. Die Sonne schien ihr in die Augen, und sie blinzelte. Sie blickte sich verwundert um, als wüsste sie nicht, wie sie in den Kräutergarten geraten war. Sie strich über die Spitzen der Lavendelblüten und atmete den Duft ihrer Hand ein.
    »Das Lieblingskraut deiner Großmutter.« Ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Manchmal vermisse ich meine Mutter und meine Großmutter sehr. Sie waren kluge Frauen, ein Fels in der Brandung, richtige Mütter, wie es früher üblich war.«
    »Du bist eine richtige Mutter.«
    »Aber keine gute.«
    »O Mom …«, sagte Caroline, und auch ihr traten Tränen in die Augen, weil sie es bisweilen genauso empfunden hatte.
    »Ich wüsste nicht, was ich ohne meine Töchter täte.«
    »Und wir wüssten nicht, was wir ohne dich täten.«
    »Skye …« Augustas Stimme erstarb. Ihr Blick wanderte zu einem der Fenster in dem weißen Haus hinüber, an dem weiße Vorhänge im Wind flatterten.
    »Ich weiß.« Caroline folgte dem Blick ihrer Mutter zu dem Fenster, hinter dem sich Skyes Zimmer befand.
    »Ich habe viel falsch gemacht.« Augustas Stimme klang belegt. »Und großen Schaden angerichtet.«
    »Aber auch viel Gutes bewirkt«, sagte Caroline ruhig und dachte an den gestrigen Abend, an Joe, der Skye gerettet hatte, an Sam, der ihr zur Hilfe geeilt war, an Clea und Peter, die ratlos zugeschaut hatten. »In unserer Familie gibt es einiges, worauf wir stolz sein können.«
     
    Joe blickte aufs Meer hinaus. Die Wellen glitzerten. Der Tag war so sonnig, wie man sich einen Sommertag nur wünschen kann, aber die alte Wut war wieder in ihm aufgestiegen, hüllte ihn ein wie der Nebel in Maine. Sie lastete schwer und lähmend auf ihm. Er ging wie gewohnt seiner Arbeit nach, aber seine Gedanken kehrten immer wieder zu den Renwicks zurück.
    Es war ein Fehler gewesen, hierher zu kommen. Die Bergungsaktion auf der
Cambria
hatte sich als Erfolg erwiesen, aber alles andere wühlte ihn auf. Er hatte die Vergangenheit begraben wollen, als er die Herausforderung annahm, vor der Küste von Black Hall zu tauchen. Stattdessen waren alte Wunden in ihm wieder aufgerissen. Als er die Hände in die Taschen steckte, stieß er auf einen Gegenstand, der sich fremd anfühlte. Stirnrunzelnd zog er die Kameenbrosche heraus.
    Blass und schimmernd war das Profil einer Frau auf der Brosche abgebildet. Ihr Gesicht wirkte würdevoll und stolz, mit einem unverkennbaren Hauch von Traurigkeit und Entschlossenheit um den Mund. Selbst auf einem so alten und kleinen Schmuckstück offenbarten sich diese Gefühle. Sie hatte üppige Haare und eine hohe Stirn. Sie erinnerte Joe an Caroline, und seine Miene verfinsterte sich.
    »Diese Mrs. Renwick war wirklich fuchsteufelswild«, sagte Sam, der soeben das Deck überquerte.
    »Ja.« Joe ließ die Brosche in seine Tasche zurückgleiten.
    »Konnte sich gar nicht mehr einkriegen!«
    Joe nickte. Er beobachtete, wie sich Seemöwen auf den Rücken von Blaufischen sammelten, die gerade damit beschäftigt waren, nach Nahrung zu tauchen. Das Meer war aufgewühlt und silbern von ihren peitschenden Bewegungen. Joe musterte Sam verstohlen. Der Junge schien das Herz auf dem rechten Fleck zu haben und sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. Er grinste sogar von einem Ohr zum anderen.
    »Eine richtige Spielverderberin! Setzt uns doch glatt vor die

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