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Wo Träume im Wind verwehen

Wo Träume im Wind verwehen

Titel: Wo Träume im Wind verwehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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den Rumpf des einen, und die Sandfontäne, die Caroline von Firefly Hill aus gesehen hatte, schoss in hohem Bogen aus dem Meer empor. Gestalten bewegten sich an Bord hin und her. Joe drosselte den Motor und sagte etwas ins Mikrofon, was sie nicht verstand. Eine Antwort ertönte, die eher einem Rauschen als einer menschlichen Stimme glich. Joe nahm noch mehr Gas weg, sodass ihr Boot ruhig lag und über die leichten Wellen glitt.
    Rot-weiße Tauchwimpel markierten die Oberfläche an zwei Stellen. Joe fuhr vorsichtig um sie herum, machte das Boot an einer Leiter am Heck des kleineren Schiffs fest, und sie kletterten an Bord.
    Das Bild, das sich ihr bot, war spannend und chaotisch; es sah aus wie auf einem Schlachtfeld. Ein Kompressor hämmerte wie eine Dampfmaschine. Die Fontäne aus Sand und Meerwasser, die direkt vor ihrer Nase in die Luft gespien wurde, knarzte und hätte aus einem geplatzten Boiler oder einer heißen Springquelle stammen können. Taucher in Kälteschutzanzügen standen an der Reling Spalier. Andere schwammen zwischen dem Schiff und den Wimpeln hin und her, ihre glatten schwarzen Köpfe glänzten wie Seehunde. Zwei Männer saßen an Deck und entfernten mit weichen Pinseln den Sand von Gegenständen, die wie Baseballbälle aussahen, auf denen Rankenfußkrebse eine Kruste gebildet hatten.
    »He, Skipper, ich hab da was!«, rief einer der Männer. Joe forderte Caroline mit einer Geste auf, ihm zu folgen, und ging hinüber. Er beugte sich hinunter, hörte aufmerksam zu, nickte und antwortete. Dann nahm er einen der Bälle und reichte ihn Caroline. Er passte gerade in Joes Handfläche und schien lange Zeit unter Wasser gelegen zu haben. Krebse und moosgrüne Algen bedeckten die gesamte Oberfläche.
    Der Ball wog mehr als eine Hantel. Er war so schwer, dass Caroline ihn kaum halten konnte und ihn beinahe fallen gelassen hätte. Joe sagte etwas zu ihr, aber sie konnte nichts verstehen, weil der Kompressor solchen Lärm machte. Sie zuckte mit den Schultern. Joe grinste. Vermutlich belustigte es ihn, dass ihr das Monstrum um ein Haar auf den großen Zeh gefallen wäre.
    »Eine Kanonenkugel. Wir haben sie heute gefunden!«, rief er, den Mund dicht an ihrem Ohr.
    »Wow!«, stieß Caroline aus, wider Willen begeistert. Sie bückte sich, um die Gegenstände genauer in Augenschein zu nehmen. Ein Stapel Münzen war darunter, ebenfalls von Meeresgetier bedeckt. Joe hob eine auf. Er ließ die Münze in ihre Hand gleiten. Die Schalen der Rankenfußkrebse fühlten sich scharf und rau an.
    »Von der
Cambria!«,
sagte sie. Es war eine Feststellung, keine Frage.
    »Genau.«
    Sie drehte die Münze um und betrachtete sie eingehend. Als sie sie zurückgeben wollte, schloss sich Joes Hand um ihre. Sein Griff war so hart, dass sich die Krebsschale in ihre Hand bohrte.
    »Für dich.«
    »Danke.« Caroline blies auf die Kratzer in ihrer Handfläche.
    Die Lichter, die das Meer ringsum erhellten, waren gleißend und weißblau. Die beiden großen Boote waren miteinander vertäut. Joe half Caroline über die Reling zu klettern, um vom kleineren auf das größere Schiff zu gelangen. Es war siebzig Fuß lang, schnittig, hochseetüchtig und mit allem ausgestattet, was man für die Arbeit braucht. Weit und breit nichts als glasverstärkter, glänzender Kunststoff, rostfreier Stahl, Aluminium. Caroline spähte ins Ruderhaus, wo überall Instrumente und Messgeräte blinkten. Es erinnerte sie an die Kommandozentrale eines verrückten Meeresforschers aus einem Science-Fiction-Film.
    Die Männer hatten alle Hände voll zu tun, waren aber neugierig, wie sie aus ihren Blicken ersehen konnte. Joe ging mit ihr von einem zum anderen und stellte ihr in voller Lautstärke seine Crew vor. Caroline nickte herzlich und schüttelte nasse, kalte Hände. Sie spürte, dass die Männer sie einzuordnen versuchten. Wurde sie mit anderen Frauen verglichen, die Joe mit aufs Schiff gebracht hatte? Oder waren sie nicht daran gewöhnt, dass Joe eine Frau an Bord hatte? Egal, was für einen Unterschied machte das schon.
    Sie stand im Ruderhaus, während Joe seine Männer an Deck zusammentrommelte. Er wartete, bis sich alle eingefunden hatten, und sagte dann ein paar Worte. Plötzlich verstummte der Kompressor, die Lichter erloschen, und die Männer verließen
en masse
das Schiff wie Nachtschwärmer ein Fest und gingen an Bord des kleineren Boots. Jemand startete den Motor, die Männer winkten ein letztes Mal, und das Boot preschte davon.
    »So ist es besser. Jetzt

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