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Woche voller Samstage

Woche voller Samstage

Titel: Woche voller Samstage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Maar
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richtig. Achtung, jetzt kommt noch ein Gedicht!«
    »Wieder so frech?«
    »Überhaupt nicht«, versicherte das Sams und sang so laut, dass die Leute stehen blieben und sich umsahen:
    »Taschenbier und Robinson
    kommen vom Büro.
    Der Chef, der hat schon Schluss gemacht,
    da ist der Papa froh.«
    »Nicht nur der Papa«, wandte Herr Taschenbier ein.
    »Natürlich«, sagte das Sams. »Das habe ich so gesagt, weil es sich sonst nicht reimt. Achtung, jetzt kommt noch ein Gedicht!«
    »Was, schon wieder eines?«
    »Es ist das letzte für heute«, versicherte das Sams und sang genauso laut weiter:
    »Heute ist das Wetter fein,
    da geht man aus und bummelt.
    Drum hat das Sams Herrn Oberstein
    ganz fürchterlich beschummelt.«
    »Das kann man wohl sagen«, murmelte Herr Taschenbier.
    Hierauf hörte das Sams auf zu dichten, und die beiden gingen den ganzen Tag miteinander spazieren.

Am Mittwoch wurde Herr Taschenbier zur Abwechslung wieder einmal vom Singen des Sams geweckt:
    »Oberstein und Unterstein,
    alles muss versteckt sein,
    Hinterstein und Vorderstein,
    Papa will geweckt sein.«
    Schimpfend setzte er sich auf: »Warum brüllst du nicht gleich: ›Ich bin hier im Zimmer!‹? Damit es alle Welt merkt. Gestern haben wir uns hier hineingeschlichen, und heute machst du einen Lärm wie eine Alarmanlage.«
    »Ich habe halt aus Versehen gesungen«, entschuldigte sich das Sams.
    »Das war nicht aus Versehen, das war aus vollem Hals«, sagte Herr Taschenbier, stieg aus dem Bett und schloss die Tür von innen ab.
    Gleich darauf rüttelte schon Frau Rotkohl daran.
    »Herr Flaschenbier, Sie haben ja immer noch diesen Robinson bei sich, diesen Flegel«, rief sie von draußen. »Sofort schließen Sie die Tür auf!«
    »Wenn man ein Zimmer gemietet hat, darf man es auch abschließen«, rief Herr Taschenbier mutig zurück.
    »Sehr gut«, flüsterte das Sams. »Du hast schon etwas gelernt, Papa.«
    »Wir sprechen uns noch, Herr Flaschenbier. Wir sprechen uns noch!«, drohte die Rotkohl und ging wieder in ihr Zimmer zurück.
    »Das haben wir davon«, sagte Herr Taschenbier ärgerlich. »Dass du auch immer singen musst.«
    »Andere Kinder singen ebenfalls«, verteidigte sich das Sams.
    »Andere Kinder können um diese Zeit gar nicht singen, weil sie da schon in der Schule sitzen«, erklärte er.
    »Schule, bäh«, sagte das Sams und streckte seine Zunge bis zum Kinn heraus.
    »Du brauchst gar nicht die Zunge herauszustrecken«, verwies es Herr Taschenbier. »Die Schule würde dir ganz gut tun. Da lernt man, wann man singen darf und wann nicht.«
    »Ich singe, wenn ich will«, erklärte das Sams. »Und wenn ich nicht will, dann singe ich nicht. So ist es richtig, weil es mir so gefällt.«
    »Ich wünsche, du würdest mal eine Schulstunde mitmachen. Dann würdest du anders reden!«
    »So ein blöder Wunsch. So ein strohblöder Wunsch!«, schimpfte das Sams, zog sich an, machte sich fertig und raste in die Schule.
    Als Herr Studienrat Groll in die Klasse kam, herrschte dort große Aufregung.
    »Ruhe!«, donnerte er und schlug mit dem Buch auf die erste Bank.
    Schlagartig verstummten alle Schüler, rannten zu ihren Plätzen und stellten sich auf.
    »Was soll der Lärm?«, fragte er barsch.
    »Da ist ein Neuer!«, sagte ein Schüler.
    »Der sieht so komisch aus«, ein anderer.
    »Er hat einen Anzug wie ein Froschmann«, rief ein dritter.
    »Und das ganze Gesicht voller Tintenflecken«, fügte ein vierter hinzu.

    »Ruhe!«, schrie Herr Groll noch einmal. »Redet doch nicht alle durcheinander!«
    Streng sah er von einem Schüler zum anderen, ging durch den Mittelgang nach hinten, drehte sich ruckartig um, kam langsam wieder nach vorn, setzte sich hinter sein Pult und legte seine Bücher vor sich hin.
    »Setzen!«, befahl er dann, und die Schüler setzten sich aufatmend nieder.
    Jetzt wandte er sich dem Neuen zu. Der hatte während der ganzen Zeit seelenruhig in der ersten Bank gesessen.
    »Kannst du nicht aufstehen?«, fragte er.
    »Doch«, sagte der Neue freundlich und stand auf.
    »Warum sitzt du hier in der ersten Bank?«, fragte Groll weiter.
    »Ich sitze nicht in der ersten Bank«, antwortete der Neue.
    »Wieso?«, fragte Groll.
    »Weil ich stehe«, erklärte der Neue ernst.
    »Keine Frechheiten. Setzen!«, schrie Studienrat Groll. »Ich meine, wer dich da hingesetzt hat.«
    »Ich hab mich ganz allein hingesetzt.«
    »Hier setzt sich keiner allein irgendwohin. Hier bestimme ich, wer sich wo hinsetzt«, sagte Groll schneidend. »Sofort

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