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Woche voller Samstage

Woche voller Samstage

Titel: Woche voller Samstage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Maar
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Sams.
    »Wenn einer das alles im Kopf rechnet, braucht er mindestens sechs Stunden«, sagte Herr Oberstein.
    »Es ist ja auch schon fünf Uhr«, antwortete das Sams mit der Stimme von Herrn Taschenbier.
    »Bist du still!«, flüsterte Herr Taschenbier erschrocken.
    »Fünf Uhr? Reden Sie keinen Unsinn!«, sagte der Chef und drehte sich zur großen Uhr um, die über der Tür hing.
    Die Uhr zeigte genau fünf Uhr an.
    Während Herr Oberstein erstaunt die große Uhr betrachtete, kroch das Sams leise zu ihm hin, zog ihm flink wie ein Taschendieb die Uhr aus der Westentasche, drehte daran und steckte sie wieder zurück.
    Keine Sekunde später zog Herr Oberstein mit zitternden Fingern die Uhr an der Kette hervor, schaute darauf und stöhnte: »Tatsächlich: fünf Uhr. Wie ist das nur möglich? Ich hätte schwören mögen, dass es höchstens zwölf ist!«
    Das Sams war inzwischen wieder in sein altes Versteck zurückgekrochen und antwortete von dort:
    »Sieht ganz nach Gedächtnisschwund aus, Herr Oberstein.«
    »Gedächtnisschwund?«, fragte der Chef entsetzt, knüllte das Papier mit den Rechenergebnissen zusammen und warf es neben den Papierkorb.
    Gleich kam das Papier wieder auf seinen Schreibtisch zurückgeflogen.
    »Taschenbier, was erlauben Sie sich?«, schimpfte der Chef.
    »Ich habe nichts getan«, antwortete der wahrheitsgemäß. Ihm war das Ganze furchtbar peinlich. Aber wie sollte er das Sams dazu bringen, mit dem Werfen aufzuhören, ohne sich zu verraten?
    Herr Oberstein warf noch einmal das Papier weg und beobachtete Herrn Taschenbier scharf. Der saß da und faltete Rechnungen zusammen. Trotzdem landete das Papier ein paar Sekunden später wieder auf dem großen Schreibtisch.
    »Das ist mir unheimlich«, murmelte der Chef und warf das Papier ein drittes Mal weg. Diesmal traf er in den Papierkorb.
    »Sie können für heute Schluss machen, Taschenbier«, sagte er dann. »Die Suche nach dem Schlüssel hat mich ziemlich mitgenommen. Ich gehe heute früh zu Bett.«
    »Ich glaube, die Uhr geht falsch, Herr Oberstein«, sagte Herr Taschenbier. »Ich bleibe doch lieber noch ein wenig hier.«
    »Wenn ich sage, Sie sollen gehen, dann gehen Sie, verstanden!«, schnauzte Herr Oberstein.
    »Wenn Sie es so wollen«, sagte Herr Taschenbier und stand auf.
    In diesem Augenblick kam das Papier ein drittes Mal auf den Schreibtisch zurückgeflogen.
    »Da ist dieses blöde Papier schon wieder«, stöhnte der Chef. »Da hat ja einer etwas daraufgeschrieben. Taschenbier, waren Sie das?«
    »Ich habe nichts geschrieben, Herr Oberstein«, versicherte Herr Taschenbier.
    »Aber da steht doch was«, sagte der Chef und schlug mit dem Handrücken aufs Papier.
    Herr Taschenbier beugte sich darüber.
    »Das ist Ihre Schrift, Herr Oberstein«, sagte er dann. »Das müssen Sie geschrieben haben!«
    »Meine Schrift? Sie haben recht«, rief er aus und las fassungslos vor:
    »Taschenbier und Oberstein
    sitzen im Büro.
    Taschenbier hat Grips im Kopf,
    Oberstein nur Stroh.«

    Dann zog er sein Taschentuch heraus, wischte sich den Nacken ab und sagte dumpf: »Herr Taschenbier, mit mir steht es schlechter, als ich dachte. Bleiben Sie mal den Rest der Woche zu Hause. Ich brauche dringend Ruhe. Ich lege mich sofort ins Bett und schlafe durch bis übermorgen. Wir sehen uns am Montag wieder.«
    Damit packte er Herrn Taschenbier an der Schulter und schob ihn aus dem Büro.
    Draußen zuckte er zusammen. »Entsetzlich, jetzt sehe ich schon Hirngespinste. Ich schlafe lieber gleich bis Freitag.«
    »Was sehen Sie denn?«, fragte Herr Taschenbier.
    »Dinge, die es gar nicht gibt.«
    »Was denn?«, forschte Herr Taschenbier weiter.
    Herr Oberstein näherte seinen Mund Herrn Taschenbiers Ohr und flüsterte: »Eben habe ich mir eingebildet, ich hätte einen rothaarigen Affen in einem Taucheranzug aus dem Büro rennen sehen. Entsetzlich, nicht wahr?«
    »Entsetzlich«, bestätigte Herr Taschenbier.
    Darauf machte sich Herr Oberstein auf den Weg ins Bett, und Herr Taschenbier ging um die Straßenecke, wo das Sams schon auf ihn wartete.
    »Da hast du ja wieder was Schönes angerichtet«, sagte er.
    »Was sehr Schönes«, verbesserte das Sams fröhlich. »Mittwoch, Donnerstag und Freitag frei. Und heute schon um zwölf Uhr Schluss. Sehr, sehr schön! Da können wir den ganzen Nachmittag spazieren gehen.«
    »Meinetwegen«, sagte Herr Taschenbier und nahm das Sams bei der Hand.
    »Wie war eigentlich mein Gedicht?«, fragte das Sams.
    »Sehr frech.«
    »Dann war es

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