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Wodka und Brot (German Edition)

Wodka und Brot (German Edition)

Titel: Wodka und Brot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mira Magén
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geschlagen, gekratzt, jemand wehrte sich gegen sein Schicksal.
    »Danke. Wenn ich es gewusst hätte, hätte ich dir ebenfalls etwas mitgebracht.« Amjad sah zu, wie ihre Hände die Schachtel schlossen und wieder zubanden.
    »Natürlich tust du das. Ich werde dich im Supermarkt besuchen, und du wirst mir eine Pflaume oder eine Banane on the house geben. Wie ich gesagt habe. Man gibt und man nimmt, das ist das Erfolgsrezept.«
    Die Sonne war verschwunden, vermutlich hielt sie sich am Dach des Mercedes fest und fuhr mit ihm zu ihren Bereichen. Die Welt war düster, aber der Laden wurde von Madonnas lilafarbenem Kleid erhellt. Die Konservendosen warfen das Lila zurück, die Scheibe des Kühlschranks spiegelte den fliederfarbenen Satin, die Neonlampe flackerte, und die Stellen, die nicht vom Staub bedeckt waren, blitzten lilafarben. Mit ein bisschen Fantasie und einer mutigen Seele hätte man sich den Laden als großartiges Veilchenbeet vorstellen können, aber die Seele hatte an anderes zu denken. Zweieinhalb Stunden bleiben mir noch, dann werde ich mir die Hände und das Gesicht waschen, ich werde mir die Haare kämmen, die sich schon zwei Zentimeter vom Schädel entfernt haben, ich werde zur Polizei fahren und wie ein zivilisierter Mensch vor den Beamten stehen, vernünftig und ausgeglichen, damit sie keinen Grund finden, den Mann zu verstehen, der mir verschwunden ist, der sich aufgelöst hat.
    Das Geschöpf in der zweiten Schachtel wurde ungeduldig, es schlug heftig gegen die Wände. Madonna legte ihre Hände mit den schwarz lackierten Fingernägeln auf die wogende Schachtel, breitete die Hände über ihr aus, um dasDrama zu erhöhen, und sagte: »Jetzt werde ich euch zeigen, dass ein Wort von Madonna ein Wort ist.« Sie nahm das Messer und zerschnitt die Schnur, mit der die Schachtel zugebunden war, der darin Eingesperrte hörte, dass man sich mit seinem Gefängnis beschäftigte, und hielt inne. Mit einer theatralischen Geste klappte Madonna die Laschen des Deckels auf und gab den Blick auf den Inhalt frei. Ein gelbes Katzenjunges hatte sich darin zusammengerollt, blinzelte in das plötzliche Licht und erschrak vor den Menschen, die sich nun über seine Schachtel beugten.
    »Das ist ein blondes Weibchen, ich habe sie für deinen Bekannten gebracht, für Amos, wegen der hundert Schekel, die ich ihm schulde.«
    »Die du ihm geklaut hast.«
    »Ich habe nicht geklaut, es ist wie ein Darlehen. Dieses Kätzchen ist mehr wert als hundert Schekel, aber ich bin großzügig, wenn ich jeden Schekel berechnen würde, hätte ich ihr den Schwanz abmachen müssen, damit es genau hundert sind, aber das macht nichts, bei Gelegenheit wird er mir den Rest geben.«
    Amjad unterdrückte ein Kichern, nachdem er um drei Flügelträger reicher geworden war, hatte er nicht das Herz, sie auszulachen. Sie wusste um die vorläufige Wertschätzung, die sie sich mit den Vogeljungen erkauft hatte, und ließ die Gelegenheit nicht ungenutzt vorbeigehen.
    »Mach mir einen Kaffee«, verlangte sie kokett. »He, Muschmusch, du kommst in gute Hände, Süße, glaub mir das, ich verstehe was von ledigen Männern.« Sie massierte das Fell des Kätzchens. »Soweit ich verstanden habe, ist er geschieden, dieser Amos, nicht wahr?«
    »Wer ist Amos?«, wollte Amjad wissen.
    »Ein Bekannter von unserer Chefin. Ich habe ihm eineBlondine mit grünen Augen gebracht, diese Kleine wird wachsen, sie wird ihm im Winter eine nette Bettgenossin sein, bis er eine Frau findet.« Sie zwinkerte Amjad zu, und er lächelte und brachte die Schachtel mit den Vögeln nach hinten, ergriff das Brotmesser und bohrte ihnen ein paar zusätzliche Luftlöcher in den Karton.
    »Sag schon, ist dein Mann zurückgekommen?«, sagte Madonna. »Pass gut auf die Kleine auf.« Sie ging zum Kühlschrank, goss etwas Milch in den Deckel einer abgelaufenen Käseschachtel und stellte ihn neben die gelbe Kugel, die in einer Ecke das Fell sträubte, schloss den Deckel über dem Gefängnis und klopfte mit einer knochigen Faust auf die Theke, zum Zeichen, dass es vorbei war, Schluss mit dem Spielen, jetzt wird gearbeitet.
    »Sortiere die Eier, Madonna, nimm alle heraus, die einen Sprung haben.« Ich erinnerte sie daran, wer hier das Sagen hatte. Plötzlich zerfiel ihr Gesicht. Die Cinderella, die dem Mercedes entstiegen war, war wieder das zerlumpte Mädchen, der großzügige Nikolaus der Tiere hatte seinen Sack geleert, jetzt musste sie Eier sortieren, die mit einem Sprung in der Schale, die

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