Wodka und Brot (German Edition)
Härchen,die an unserem Nacken klebten. »Du siehst aus wie ein Mann«, sagte Nadav. Ich kaufte ihm ein Eis, und dann kaufte ich mir auch eins. Der Wind strich um das Eis und löste rosafarbene Tröpfchen, wir lachten, leckten sie schnell auf und lachten wieder, schließlich waren wir gesund, unsere Köpfe waren geschoren und luftig, wir hielten Eis am Stiel in der Hand, und vom Gehweg aus, vor dem Haus des Friseurs, schien das Leben groß und vielversprechend zu sein.
Wenn es einem gut geht, denkt man an andere erfreuliche Situationen. »Ich möchte noch mal zum Sohn von Herrn Levi fahren.«
»Das werden wir tun, Nadav, natürlich fahren wir wieder hin. Pass auf, dir läuft Eis über das Kinn.«
Der Friseur kam heraus und hielt uns Papiertücher hin, er deutete mit der offenen Schere zum Himmel. »Man sagt, es wird ein regenreicher Winter«, sagte er, er ließ den Blick über den Horizont wandern, blieb noch einen Moment stehen und kehrte dann zu seiner Arbeit zurück. Bis wir das Eis aufgegessen hatten, häuften sich Haare auf dem Boden des Ladens und Wolken am Himmel, und der Junge sagte: »Bald fängt der Winter an, und es wird in den Geschäften wieder Schokoküsse geben.«
11
Ausgerechnet im Cheschwan, dem Monat ohne viele Aufregungen, der selbst wenig zu bieten hat, keine Feste und keine Schlusstage von Festen, keine besonderen Launen der Natur, hatte sich eine Wendung in unserem Leben gezeigt. Gideon hatte eine Arbeit gefunden und ließ sich in »Chagis Hof« nieder, er brachte seine wenigen Besitztümer mit und bekam einen Wohnwagen am nördlichen Ende des Geländes. Am Abend rief er an, beschrieb das Anwesen, und seine Stimme war flach, leer von Trauer oder von Freude, als lese er eine Liste ab, ein Fenster seines Wohnwagens ging zum Apfelgarten hinaus, das andere zu bewaldeten Hängen. Er hatte einen alten Lieferwagen bekommen, einen Hund und ein Funkgerät. Wasser und Essen hatte er frei.
Obwohl er nicht nach dem Jungen fragte, freute ich mich, dass er überhaupt ein Gespräch führte.
Mein Mann, der keine Gefühle mehr hatte, empfand eine Art Phantomschmerz und rief an. Das Rad unseres Lebens drehte sich endlich langsam rückwärts, es gibt dich noch, Gideon, fahr los, gib Gas, es gibt dich noch.Es war nur eine Frage der Zeit, wann wir in unseren Mazda steigen und nach Norden fahren würden, aber zuerst mussten wir auf Gott vertrauen und ihm Zeit lassen, damit der Hof einen glücklichen Einfluss auf ihn nehmen konnte, und wir mussten auch abwarten, was der Herbst mit den Herzen von hier und denen von dort anstellen würde. Inzwischen führten wir unser Leben weiter. Die Sehnsucht und das Verlangen, die davor ein Pfeil gewesen waren, gerichtet auf den Mann, der uns verlassen hatte, hatten etwas von ihrer Spitze verloren, der Junge fragte weiterhin nach seinem Vater, aber statt der fordernden Glut wurde die Zunge nun von dem Wort »hoffentlich« angetrieben, hoffentlich fahren wir nach Amerika, hoffentlich gewinnen wir im Lotto, hoffentlich treffen wir Papa. Der Laden blühte weiterhin, Kunden kamen und gingen, und Madonna hüpfte wie eine Heuschrecke, und alles an ihr hüpfte mit, die Haartolle, die kleinen Brüste, das kurze Röckchen. Ich bremste sie nicht mehr in ihrem Verhalten, sie sprach, wie sie wollte, rauchte und zog an, was ihr gefiel. Mit Erfolg diskutiert man nicht. Sie schien nur dazu auf der Welt zu sein, um unseren Laden in Schwung zu bringen. Sie wollte, dass wir bunte, flackernde Glühbirnen über dem Laden anbrachten, also bestellte ich einen Elektriker und ließ es erledigen, sie wollte, dass wir Cafétische und Stühle vor dem Laden aufstellten, also kaufte ich zwei kleine Tische und vier Stühle, und wir stellten sie auf. Am Vormittag saßen alte Frauen an den Tischen, auf dem Heimweg von der Krankenkasse, und tranken Kaffee, nachmittags saßen Mütter mit Kindern da und tranken Saft und Cola, und abends wurde Bier getrunken. Madonna sah, dass die Stühle immer besetzt waren, und sagte, vielleicht solltest du noch einen Tisch kaufen, und eine Kaffeemaschineund Espressotassen, also kaufte ich das Verlangte. Ich gab ihr freie Hand und berechnete ihr nicht, was sie aß und trank und was sie sich zum Essen und Trinken mit nach Hause nahm, ich gab ihr nur eine einzige eindeutige Anweisung: Jeder Schekel, der in den Laden kommt, wird registriert. Soweit ich es verfolgen konnte, richtete sie sich danach. Sie liebte die Arbeit im Laden, sie hatte etwas zu verlieren. Manchmal
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