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Wodka und Brot (German Edition)

Wodka und Brot (German Edition)

Titel: Wodka und Brot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mira Magén
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glänzte. »Weißt du nicht mehr, wer ich bin?«
    Nadavs Mund schloss sich, um zu schlucken, dann ging er voller Staunen wieder auf. Über ihm richteten sich lange weiße Beine auf und leuchteten in der Sonne. Auch der Alte, der durch die Ritzen schaute, konnte zwischen der Haartolle, den nackten Schultern und, dem Wind sei Dank, ihrer geblümten Unterhose wählen.
    »Erinnerst du dich an die Parole?«, flüsterte sie dem Jungen zu, und ihr Kleid klaffte vorn auf, hob sich hinten in die Höhe und entblößte den Körper eines Mädchens, eine attraktive, freche, unreife Frucht, die vermutlich schon von groben Händen berührt worden war.
    »Kleine russische Hure«, platzte er heraus, wie ein automatischer Anrufbeantworter, und sie lachte und legte beide Hände auf den Mund, und ihre kleine Plastikhandtasche schaukelte und glitzerte.
    Ich wollte nicht, dass die flache Reproduktion von Marilyn Monroe unser Haus betrat und Spitzenpyjamas in unseren Betten versteckte. Ich sagte mir, beginnen und beenden wir den Besuch im Hof, im Stehen, machen wir ihn kurz und ungeduldig.
    »Hi, deine Haare sind gewachsen.« Sie drehte den Kopf nach rechts und nach links und begutachtete meinen Schädel. »Bestimmt schon einen Zentimeter. Nun, geschnittene Haare wachsen blitzschnell nach. Ich verstehe etwas vom Friseurhandwerk.«
    Nadav machte endlich den Mund zu. Er fühlte sich erleichtert. Nun, da sie sich von ihm abgewandt hatte undmich anschaute, konnte er sich ganz seinem Erstaunen hingeben.
    »Danke, dass du mir mit der Polizei geholfen hast.« Sie zog ein Bein an, blieb wie ein Storch stehen. »Ich bin gegen Kaution freigekommen, was ich dich bitten wollte, sag immer, wenn sie dich ausfragen, ich hätte bei euch geschlafen.«
    »Hör zu, Süße.« Ich näherte meinen Mund ihrem Ohr und senkte die Stimme. »Wir haben nicht vor, dein Alibi zu sein. Mach keine Dummheiten, dann werden sie weder dich verhören noch mich.«
    »Ich werde dich nicht unnötig in irgendetwas verwickeln. Ein Wort von Madonna ist ein Wort, du brauchst dir keine Sorgen zu machen.«
    Aus Angst vor dem Alten bedeutete ich ihr mit einer Handbewegung, leiser zu sprechen, inzwischen verbargen dünne Wolken die Sonne, ballten sich zusammen und erinnerten uns daran, dass nach dem Sommer der Winter kam, und dann würde man ein Dach über dem Kopf brauchen, auch diese Mädchenfrau vor mir. Und überhaupt, wo war sie zu finden, wenn man mich zufällig nach ihr fragen würde. Ich wartete, dass der Rabe, der kreischend zwischen unserem Dach und dem Dach des Alten flog, sich beruhigte, und fragte sie, wo sie wohne.
    »Da und dort, wie es sich gerade ergibt. Aber ich schlafe nie irgendwo, wo es keinen Wasserhahn und keine Dusche gibt.«
    »Arbeitest du? Wovon lebst du?«
    »Ich komme schon zurecht. Sieht man das etwa nicht?« Sie drehte sich im Kreis wie eine Ballerina, machte eine Verbeugung und lachte, und die gegelte Tolle auf ihrem Kopf zitterte. »Vielleicht entdeckt mich ja ein Filmproduzent, vielleicht nimmt mich irgendein Oligarch …«
    »Dieses Kleid ist also zu Ehren eines oligarchischen Filmproduzenten?«
    »Wieso denn das. Nein, wegen meines Geburtstags. Ich habe heute Geburtstag.«
    »Herzlichen Glückwunsch.«
    »Das Glück ist gerade im Eimer, aber es wird schon werden.« Sie legte drei Finger auf den Mund und schickte einen Kuss zum Himmel. »Ich kann die Welt um meinen Finger wickeln, aber Gott hält mich kurz, er sagt, warte noch ein bisschen, bleib ruhig sitzen, Madonna, du hast es nicht eilig, deine Zeit wird noch kommen.« Sie lachte und verschluckte ein Stückchen Sonne, hob ihr Gesicht nach oben und machte den Engeln schöne Augen, damit sie sich bei ihrem Herrn für sie einsetzten.
    Dann fragte sie: »Du bist alleinerziehende Mutter, nicht wahr?«, und blickte weiter hinauf zum Dach der Welt, als stelle sie die Frage der Sonne. »Du bist immer allein mit dem Jungen, sonst niemand, nur einmal war ein Mann da …« Sie wandte das Gesicht von der Sonne und fragte, ob es möglich wäre, bei uns zu schlafen, falls sie einmal abends keinen anderen Platz fände, wenn ich wollte, könnte sie bei uns sauber machen, den Boden putzen und das alles, als Bezahlung für das Übernachten.
    Plötzlich ließ ein Bellen die Kiefernnadeln erzittern, Wodkas Nase hatte sie gerochen, leichter Parfümduft strömte von ihren Achselhöhlen und ließ ihn aufspringen, wild und begeistert kam er angerannt, scheuchte einen Schwarm Spatzen nach allen Seiten, warf eine

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