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Wodka und Brot (German Edition)

Wodka und Brot (German Edition)

Titel: Wodka und Brot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mira Magén
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traf seine Krawatte und ließ sie aussehen, als hätte er Blutflecken auf der Brust.
    »Ich brauche nichts.« Der Stock schlug durch die Luft, richtete sich auf und stieß auf den Weg. »Wer hat es Ihnen erzählt, Schoschana? Sie kann nichts für sich behalten, was?«Wir waren auf dem Weg zu unserem Tagwerk, als er uns von dort entgegenkam und seinen Stock im Dunst, der vom Asphalt aufstieg, schwenkte. Nadav, der hinten angeschnallt in seinem Sitz saß, erzählte Wunderdinge von Kims Fotoapparat, als wir neben dem Alten und seinem Stock anhielten, der nicht den Weg traf, sondern gegen einen Reifen schlug.
    »Wenn ich nur wüsste, wer dieser Mistkerl war«, sagte er schwer atmend, Schweiß lief ihm von der Stirn und tropfte vom Nasenrücken auf seine Krawatte. Er hatte seit damals, seit man seinen Anzug gekauft hatte, viel Gewicht verloren, die Schulterpolster hingen herunter, ein Gürtel hielt den zu weiten Hosenbund zusammen, und der Wind blies die Hose gegen die Beine.
    »Wenn ich ihn in die Hände bekomme, wird er vergessen, wie er heißt. Juden legen Steine aufs Grab, von mir aus brauchen sie gar nichts hinzulegen, aber das Grab lächerlich machen? Was ist, soll er etwa in seinem Grab Suppe kochen, dass man ihm verwelkte Petersilie hinlegen muss? Morgen legen sie ihm dann Hühnerbeine hin.« Er fuchtelte mit dem Stock und schlug auf seine unsichtbaren Feinde ein.
    »Steigen Sie ein, Herr Levi, es ist sehr heiß.« Ich machte die Beifahrertür auf.
    »Nicht nötig. Von Hitze stirbt man nicht, und wenn ich sterbe, bin ich versorgt, ich habe einen Platz.«
    »Steigen Sie ein. Ich möchte Ihnen etwas erzählen.«
    »Der Jahrzeittag meines Enkels ist kein Tag für Geschichten. Hast du deine Schuhe an, Kleiner?« Er drückte die Stirn an die breite Scheibe, um die Füße des Jungen zu sehen, und sein Hut wurde an das Glas gequetscht. Der Junge öffnete den Gurt, zog seine Knie an und schob seine Füße zwischen die beiden Rücksitze, um sie zu zeigen.
    »Gut, gut, ich habe es gesehen. Sie sind dir zu groß. Du hast auch noch Platz bis Größe achtundzwanzig.« Er trat von der Scheibe zurück, rückte seinen Hut gerade, verabschiedete sich entschlossen, drehte sich um, und sein Stock schlug hart auf den Asphalt.
    »Mama, wen will er erwischen?« Der Junge schnallte sich wieder fest, und dabei schob er die neuen Eindrücke zugunsten der früheren zur Seite. »Mama, wenn du gesehen hättest, was für einen Blitz sein Fotoapparat hat …«
    Der Alte wurde immer kleiner in meinem Seitenspiegel, wurde zu einem grauen Strich, zu einer Linie, die den Staub durchschnitt, zu einem Streichholz, einem Punkt, bis er nicht mehr zu sehen war. Ich fuhr weiter. Früher hatte ich für drei zu sorgen gehabt, für den Jungen, den Mann, die Bank. Die Gehälter kamen von allein aufs Konto, der Aufstieg entsprach den Erwartungen, die Maßanzüge passten zum Status, der schmale Himmel im Fenster lud ein, ihn zu betrachten, der Kindergarten des Jungen entsprach seiner Entwicklung, das Leben entsprach den Wünschen, bis wir ein einfaches Leben anstrebten. Ein Lebensmittelgeschäft, eine Fischfarm, ein Dorf, Jeans, kilometerweiten Himmel und kilogrammweise Sinn. Vier Monate, und der Packen Sinn, den ich auf dem Kopf hatte, war angeschwollen, jetzt brauchte ich den Kopf einer Beduinin, um diese Last zu tragen und nicht darunter zusammenzubrechen. Wer hätte gedacht, dass diese Petersilie, statt das Herz des toten Jungen zu erfreuen, das Blut seines Großvaters zum Kochen bringen würde? Der Mensch weiß nicht mehr, was er tun soll und was nicht. Ich betrachtete die Menschen, die auf der Straße gingen, sie sahen aus, als hätten sie weniger Sorgen als wir, außer jenen, die sich an der Haltestelle der Linie 19 drängten undauf den Autobus warteten, um zum Krankenhaus gebracht zu werden, wo sie sich ihren Beschwerden entsprechend aufteilen würden, in die Onkologie, die Orthopädie, die Neurologie  … Vielleicht waren unter ihnen auch welche, die unter chronischer Migräne litten und unter einer Schwächung der Arme. Ich werde im Laden erst Inventur machen, wie eine Spinne, die ihr Netz in Ordnung hält. Ich werde Gideon anrufen, meinen Bruder Jonathan, den seltsamen Mann, der unsere Wohnung gemietet hat, und sie fragen, wie es ihnen geht. Und wenn ich mit ihnen fertig bin, werde ich alle aufzählen, die ich nicht anrufe und die nicht mitgerechnet werden, meine toten Eltern und Schoschana und Levi und Amos und der tote Junge und Madonna und

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