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Wodka und Brot (German Edition)

Wodka und Brot (German Edition)

Titel: Wodka und Brot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mira Magén
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das ein.
    Madonna zog einen schwarzen Lippenstift aus ihrer Tasche, erneuerte die Farbe ihrer Lippen und bereitete sich auf das vor, was noch kommen würde.
    »Was ist, arbeitest du ab jetzt jeden Tag hier?«, fragte sie und schaute hinauf zu der Staubwolke, die sich draußen sammelte. »Wow, der Himmel ist verschwunden, das Ende der Welt kommt näher.« Sie verschränkte die Hände, umarmte sich selbst, schützte ihren mageren Körper, ließ dann plötzlich los und rief: »Weißt du, weshalb dein Mieter im Gefängnis gesessen hat?«
    »Hat er es dir erzählt?« Amjad riss sich aus seinen Gedanken. »Warst du dort, und hat er dich wirklich reingelassen, nachdem du ihn bestohlen hast?«
    »Was für ein Dummkopf du bist. Ich habe nicht gestohlen, ich habe dir doch gesagt, dass ich nur etwas genommen habe. Und ich habe es schon zurückgegeben, ich habe ihm eine weiße Katze gebracht. Die ist mehr wert als hundert Schekel, auch wenn sie hinkt, ein Bein ist zu kurz, er war sofort ganz wild auf sie, kaum dass er sie gesehen hat.«
    Zwei junge Leute mit Gel in den Haaren kamen herein. »Hi, wie geht’s? Kannst du jetzt?«, fragten sie Madonna.
    »Was soll ich können?« Ihre schwarzen Lippen wurden hart. »Ich arbeite, also haut ab.«
    »Was für eine Arbeit?«, fragte der eine lachend und stieß den anderen in die Seite. »Was habe ich dir gesagt? Los, komm, rück eine Marlboro raus.«
    Sie warf ihm eine Schachtel hin, er legte einen Geldschein auf die Theke und strich ihn mit dem langen Nagel seines kleinen Fingers glatt. Sie gab ihm das Wechselgeld und knallte die Kassenschublade laut zu.
    »Los, komm, ich hab’s dir gesagt. Hab ich es dir nicht gesagt?«
    »Du hast es gesagt, was hast du denn.« Sie gingen hinaus und Amjad wandte den Blick von Madonna zu den Rücken, die sich entfernten, dann wieder zu Madonna, wie ein Tennisball, der hin und her springt. Auch sie schaute ihnen hinterher, bis sie in der Dunstwolke verschwunden waren. »Hast du das mit deinem Mieter gehört? Der die Wohnung gemietet hat? Er war Manager von einem Steinbruch, man hat ihn beschuldigt, Sand gestohlen zu haben, und er soll versucht haben, den Wachmann umzubringen. Er hat Berufung eingelegt, und sie haben gesagt, jemandhätte ihn falsch beschuldigt, er wurde freigesprochen. Bestimmt bekommt er jetzt eine Entschädigung vom Staat.«
    »Hat er dir das alles erzählt?« Amjad lachte, ein Lachen, das tief unter seinem Zwerchfell gelegen hatte und das er jetzt erst freilassen konnte, nachdem er das Geheimnis mit dem stellvertretenden Leiter der Gemüseabteilung losgeworden war.
    »Versteh doch, er weiß nicht, dass ich hundert Schekel genommen habe. Irre, man hat einen Dieb aus ihm gemacht, und er versteht nichts vom Klauen. Er kann noch nicht mal jemandem ein Streichholz wegnehmen. Ein armer Kerl, wegen der falschen Beschuldigung hat ihn seine Frau verlassen, und seine Kinder schämen sich, weil ihr Vater ein Dieb ist, man hat ihm das ganze Leben zerschlagen, nichts hat er mehr, nur die hinkende Katze, die ich ihm gebracht habe.«
    »Hast du diesmal auch etwas von ihm genommen?«
    »Ich habe dir gesagt, die Katze ist mehr wert als die hundert Schekel, die ich ihm schuldig war, deshalb habe ich die Summe aufgefüllt, ich habe aus seiner Hosentasche im Badezimmer genau so viel genommen, wie die Katze wert ist.«
    »Was ist sie wert, sie hinkt.«
    »Na und? Geht sie etwa zur Olympiade?«
    Amjad lachte befreit. »Sie geht zur Olympiade und bringt Gold, man wird die HaTikwa spielen, und diese, wie heißt sie noch, Livnat, wird aufs Podium springen und der Katze die Ehre erweisen, sie wird die Katze küssen. Ist sie wirklich weiß?«
    Madonna lachte, griff sich an ihren flachen Bauch und sagte: »Und ob sie weiß ist, die Katze, wenn sie durch den Schnee geht, wird man sie nicht sehen, leg sie auf einenStuhl und man wird sie als Kissen ansehen und sich auf sie setzen. Wie komisch.«
    Amjad wischte die Theke mit einem Lappen ab und fragte, woher sie all diese Tiere eigentlich hatte, sie betrachtete konzentriert ihre schwarz lackierten Fingernägel und sagte: »Was heißt da, woher, man gibt sie mir.« Dann schwieg sie, und auch er schwieg, und plötzlich waren alle wieder da, wo sie vor der Katze und dem Mieter, den man falsch beschuldigt hatte, gewesen waren, sie stand in der Ladentür, legte die Arme um sich und betrachtete das Ende der Welt, und er stand auf seinem Platz hinter der Theke und betrachtete die Staubwolke, die die andere Straßenseite

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