Woelfe der Dunkelheit
Grund kämpfte sie seit fast zwei Stunden mit sich, ob sie Christopher anrufen sollte, aber konnte sie sich ihm einfach so aufdrängen? Er hatte eine Frau und soweit sie wusste eine Tochter.
Sein Bild kam ihr wieder in den Sinn und ihr Herz schlug für einen Moment schneller. Er hatte sie zusammen mit Josh befreit und ihm hatte eine Zeit lang ihr Herz gehört. Aber damals hatte sie das gleiche Problem, wie gegenwärtig mit Josh. Beide waren verheiratet und beide gründeten zu der Zeit eine Familie. Nur das sie bei Christopher nie schwach geworden war.
Sie nahm ihren ganzen Mut zusammen und wählte seine Nummer. Nach dem dritten Klingeln hob er ab und meldete sich mit seinem Vornamen. Lydia schwieg kurz, bevor sie ein fast geflüstertes »Hallo« herausbrachte. »Ich brauch deine Hilfe.«
»Lydia? Bist du das?« Sie musste schmunzeln. Sie hatte damals schon gespürt, dass er sie mochte, wobei sie es auf eine platonische Liebe schob. Er hatte eine hochschwangere Frau, als sie sich kennenlernten. Und er war wegen dieser Wölfin aus dem Rudel ausgetreten, um ein eigenes zu gründen.
»Ja. Ich bin es. Ich hab großen Mist gebaut.«
»Erzähl!« Seine Stimme hatte sich in den Jahren nicht verändert. Wie lange hatte sie nicht mehr mit ihm telefoniert? Es war schon ein paar Jahre her. Sie waren irgendwann auf E-Mails umgestiegen, die allerdings sehr sporadisch kamen.
»Ich hab mit Josh geschlafen.« Am anderen Ende der Leitung war es still geworden. Jetzt war er sicher enttäuscht von ihr und sie hätte am liebsten wieder aufgelegt, aber seine Frage, die nicht sonderlich vorwurfsvoll klang, hielt sie davon ab.
»War ich nicht erst bei seiner Hochzeit?« Lydia holte tief Luft. Das war er tatsächlich und sie hatte sich geärgert, dass sie nicht die Möglichkeit gehabt hatte, mit ihm zu reden. Sie hatte ihn nur später auf den Fotos sehen können.
»Ja, das warst du. Cassandra hat ihn deswegen verlassen.«
»Wie hat sie davon erfahren?« Sie ahnte, dass er annahm, dass sie es ihr erzählt hatte, um eine Nebenbuhlerin los zu werden. Doch die Wahrheit war um einiges pikanter.
»Sie hat uns auf frischer Tat ertappt.«
»Ach Lydia. Was hast du nun vor?« Er klang weniger enttäuscht, als sie es sich vorgestellt hatte. Sie hatte ihm gesagt, was sie für Josh empfand und er hatte sie darin bestärkt, ihm ihre Gefühle zu offenbaren. Das war allerdings vor Cassandra.
»Ich gehe erst mal zu ihr und entschuldige mich. Dann werd ich hier verschwinden.«
»Du läufst einfach so davon?« Sie schwieg. »Lydia?« Was nun folgte, würde sie am liebsten aus ihren Gedächtnis verdrängen. Es hatte sie tief verletzt und ihr gezeigt, dass sie ihm Joshs Rudel keine Zukunft hatte.
»Ich hab Emily bei einem Gespräch mit Josh belauscht. Er hat nicht aus Lust mit mir geschlafen oder weil ich ihm etwas bedeute. Er wollte nur ein weiteres Kind.« Er hatte vorgehabt, sie als Leihmutter oder etwas in der Art zu missbrauchen. Als sie das gehört hatte, was ihr Herz gebrochen. In tausend Stücke. Zum Glück waren sie nicht bis zum Schluss gekommen, da Cass sie unterbrochen hatte. Sonst wäre sie jetzt evtl. schwanger.
»Cassandra möchte kein Weiteres?« Christopher klang überrascht.
»Doch, sie würde eine ganze Fußballmannschaft haben, aber sie wäre bei der Geburt ihrer ersten Tochter fast gestorben.«
»Und er wollte mit dir ein Kind zeugen.« Es war keine Frage, sondern nur eine Feststellung. Sie seufzte.
»Ja. Ich bedeute ihm nichts und das halt ich nicht weiter aus. Ich hab die ganze Zeit gedacht, ich könnte ihn für mich gewinnen. Aber das wird wohl nie passieren.«
»Wo willst du hin?« Er klang hoffnungsvoll.
»Das ist der Grund, warum ich dich angerufen hab.«
»Wann soll ich dich abholen?« Sie lächelte. Ja, er würde ihr helfen. Das hatte er immer schon. Er hatte ihr einmal sogar angeboten, in sein neues Rudel überzuwechseln, aber damals trug sie noch die rosa Brille und verzehrte sich regelrecht nach Josh. Jetzt nicht mehr. Nie wieder.
»Es wäre nicht für lange. Ich will dich und deine Familie nicht lange belästigen. Nur bis ich was Eigenes habe.« Oder, bis sie alles für ihre Reise geplant hatte, um ihre letzten Verwandten zu suchen.
----
5. Kapitel
Christopher war aus allen Wolken gefallen, als er plötzlich ihre Nummer auf dem Display seines Telefons gesehen hatte. Er musste es dreimal klingeln lassen, bevor er den Mut gefasst hatte, das Gespräch anzunehmen.
Er hatte sie schon seit Jahren
Weitere Kostenlose Bücher