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Wölfe und Kojoten

Wölfe und Kojoten

Titel: Wölfe und Kojoten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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konnte. Im
ganzen schien sie mit sich selbst zufrieden. Wenn sie sprach, strahlte sie
Vertrauenswürdigkeit und Autorität aus. Ohne sie kennengelernt zu haben, konnte
ich beim besten Willen nicht sagen, ob die Ansicht ihrer Angestellten wirklich
zutraf, Ann Navarro habe keine moralischen Grundsätze. Ich kam allerdings zu
der Überzeugung, daß sie eine Frau war, die an dem festhielt, wozu sie sich
einmal entschlossen hatte, und sei es eine Entführung. Sie würde einen solchen
Plan ruhig und unter Beachtung aller Details durchführen. Sollte sie in diesem
Augenblick in irgendeiner Weise Schuld oder Bedauern empfinden, so war ihr
davon nichts anzumerken. Während Diane Mournings Gesicht Falten der Anstrengung
oder des Schlafmangels zeigte, wirkten Ann Navarros Züge glatt und ausgeruht.
Diane Mourning unterstrich ihre Worte mit nervösen Gesten, Ann Navarro saß
ruhig und entspannt da.
    Plötzlich sah Diane Mourning zur Tür.
Ihre Gesichtszüge erstarrten, und sie griff nach ihrem Drink. Ann Navarro
folgte ihrem Blick. Ihr Ausdruck blieb unverändert, doch in ihren Augen blitzte
etwas auf — Ärger, dachte ich, wenn auch sehr kontrolliert. Ich schwenkte die
Kamera ein wenig und hatte nun einen großen Mann in weißem Dinnerjacket im
Visier, der über die Terrasse kam. Ein Latino in den Sechzigern, mit eisgrauem
Haar und schwammigem Gesicht. Die groben Züge erinnerten an Wachs, das zu lange
in der Sonne gelegen hatte. Dennoch schien sich darunter eine Härte zu
verbergen, die auf einen unbeugsamen Willen hindeutete. Gilbert Fontes?
    Der Mann lächelte höflich und
herablassend zugleich. Er nahm gegenüber von Diane Mourning Platz. Sie nickte
ihm kurz zu, trank ihr Glas aus und stellte es ab — heftig, wie mir schien.
Sogleich tauchte der Diener mit einem Drink für den Mann auf und nahm Diane
Mournings Glas, um nachzuschenken. Ann Navarro beugte sich über den Tisch und
sagte etwas zu dem Mann, das mit »Gilbert« endete. Also Fontes.
    Eine Weile führten die drei ein
belangloses Gespräch. Ich konnte nichts davon auch nur erraten. Dann drehten
sie alle den Kopf zur Tür. Fontes’ Gesichtsausdruck hieß den Ankömmling
freundlich willkommen, wenn auch mit der gleichen Herablassung, die ich schon
bei der Begrüßung der Frauen beobachtet hatte. Ann Navarro preßte die Lippen
zusammen, und in Diane Mournings Augen wurde Angst sichtbar. Ich schwenkte die
Kamera und holte mir Marty Salazar ins Bild.
    Salazar trug einen ähnlich farblosen
Anzug wie am Mittwoch abend. Die helle Terrassenbeleuchtung betonte seine
eingesunkenen Wangen und die Narbe auf der Stirn auf dramatische Weise. Mein
Objektiv machte sogar Feinheiten wie die kurzen Wimpern an seinen
halbgeschlossenen Augen sichtbar. Während er auf die Terrasse kam, hatte er eine
Zigarette aus der Tasche gezogen und angezündet. Ich folgte ihm mit der Kamera.
    Salazar nahm rechts von Diane Mourning
Platz. Sie stellte die Füße nebeneinander auf den Boden und rückte von ihm ab.
Er bemerkte es und grinste sie an. Ann Navarro rümpfte verächtlich die Nase,
rückte aber ihren Stuhl näher zum Tisch und sprach ernst auf die beiden Männer
ein. Auch diesmal konnte ich nur wenige Worte erraten, doch die Unterhaltung
war sichtlich lebhaft. Meistens sprach Salazar. Nach ein paar Minuten lehnte er
sich zurück und streckte die Arme mit den aneinandergelegten Händen von sich.
Die Finger erinnerten an den Lauf einer Pistole. Er stieß sie vor, als würde er
schießen — ein-, zwei-, dreimal. Dann warf er den Kopf zurück und lachte
schallend.
    Sonst lachte niemand. Fontes sah
Salazar forschend an, als habe er es mit einem Exemplar einer seltenen Schlange
zu tun. Ann Navarro wandte sich ab und preßte die Finger an die Schläfen. Diane
zuckte zusammen, als habe er auf sie geschossen. Nach einer Weile bestellte Fontes
eine neue Runde Drinks.
    Ich war wie betäubt und hatte ein
unangenehmes Gefühl im Magen. Hatte Salazar da demonstriert, wie er Stan
Brockowitz erschossen hatte? Das hätte er sicher nicht in Anwesenheit seiner
Witwe getan — es sei denn, sie hatte etwas mit dem Mord zu tun. Und wenn — wäre
ihre Reaktion dann so beherrscht ausgefallen? Vielleicht sollte es ja der Mord
an Timothy Mourning gewesen sein. Vielleicht hatte Diane Mourning damit zu tun
und merkte jetzt, daß die Wirklichkeit härter war, als sie vertragen konnte.
    Wer weiß? dachte ich. Im Grunde weiß
man nie, was die Menschen wirklich tun.
    Die neuen Drinks wurden serviert. Diane
Mourning griff

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