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Woerter durchfluten die Zeit

Woerter durchfluten die Zeit

Titel: Woerter durchfluten die Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marah Woolf
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lag.
    Nathan griff nach seinen Klamotten und verschwand hinter einer Tür, die vermutlich ins Bad führte. Lucy rappelte sich auf und angelte nach ihrer Jeans.
    Ob Nathan eine Gästezahnbürste besaß? An der Tür klopfte es und Lucy, die nicht wusste, was sie sonst tun sollte, stand auf und öffnete. Die dicke rosa Frau, die heute früh nicht mehr rosa, sondern eher lila war, stand mit einem Tablett und offenem Mund vor der Tür.
    »Soll ich Ihnen das abnehmen?«, fragte Lucy. Die Frau nickte.
    In diesem Moment kam Nathan aus dem Bad und die Frau fand ihre Stimme wieder. »Mr. de Tremaine, Sie sollten wissen, dass Ihr Großvater keine Unzucht im Haus duldet.«
    »Das war keine Unzucht, sondern eine lebensrettende Maßnahme. Die junge Frau wäre erfroren, wenn ich sie nicht hereingeholt hätte«, erklärte Nathan schroff. »Und nun seien Sie so nett und bringen noch eine Tasse. Und dann möchte ich, dass Sie das Frühstück hochbringen. Wir werden hier essen.«
    Damit schloss er die Tür und nahm Lucy das Tablett ab. Er trug es zu einem kleinen Tischchen und goss Lucy eine Tasse Tee ein.
    Sie setzte sich auf das Bett und Nathan zog sich einen Sessel heran, um dicht neben ihr sitzen zu können. Lucy nippte an ihrem Tee.
    »Magst du einen Keks?« Sie nickte, denn ihr Magen machte vor Hunger bereits bedenkliche Geräusche.
    Wieder klopfte es und Miss Hudson brachte ein weiteres Tablett.
    »Toast, Ei, Bacon und Marmelade«, erklärte sie Nathan in beleidigtem Tonfall.
    Nathan nickte und schloss ohne eine Erwiderung die Tür. Dann goss er auch sich eine Tasse Tee ein.
    »Magst du einen Toast?«, fragte er.
    Lucy nickte. »Nur mit Butter, bitte.«
    Nathan schmierte ihren Toast und stellte den Teller mit dem Rührei zwischen ihnen ab, sodass sie beide davon essen konnten. »Du kannst den Bacon essen«, forderte Nathan sie auf. »Sie hat ihn für dich gemacht. Ich bin Vegetarier«, beantwortete er ihre stumme Frage.
    »Noch einen Toast?«, fragte Nathan, nachdem sie das Ei aufgegessen hatten.
    »Gern«, sagte sie und betrachtete seine Hände, während er die Butter auf das Brot strich. Verlegen biss sie sich auf die Unterlippe, als sie sich erinnerte, dass diese Hände vor nicht allzu langer Zeit brennende Streifen auf ihrer Haut hinterlassen hatten.
    »Satt?«, fragte Nathan, nachdem sie auch den zweiten Toast gegessen hatte. Lucy nickte und sammelte die Krümel von ihrer Jeans.
    »Möchtest du ins Bad?«
    Sie überlegte einen Moment, bevor sie sich aufrappelte. »Hast du eine Zahnbürste?«, fragte sie verlegen.
    »In dem Schrank über dem Waschbecken sind frische«, antwortete er.
    Lucy ging ins Bad und spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht. Ihre Gedanken vollführten unterdessen Drehwürmer in ihrem Kopf. Was geschah mit ihr? Da traf sie auf einen Mann, der dasselbe Mal trug wie sie. Jemand, der ihr höchstwahrscheinlich erklären konnte, woher sie kam und weshalb sie so merkwürdige Dinge sah und hörte. Und das Einzige, woran sie denken konnte, waren seine Finger auf ihrem Körper und seine Lippen auf ihren. Und dass es sich gut anfühlte, auf seinem Bett zu sitzen, es vollzukrümeln und dabei zu schweigen.
    Nachdem Lucy sich die Zähne geputzt und sich frisch gemacht hatte, verließ sie das Badezimmer. Sie hätte es noch länger darin ausgehalten. Es war mindestens doppelt so groß wie das Bad, das sie sich in der WG zu viert teilten.
    Nathan stand am Fenster und sah auf die Straße hinunter. Wieder trug er einen schwarzen Anzug und ein schwarzes Hemd. Mit dem weißen hatte er Lucy besser gefallen. Jetzt wirkte seine Aura noch düsterer. Doch sie konnte ihn schlecht bitten, sein Hemd zu wechseln. Vielleicht war jemand aus seiner Familie gestorben.
    Lucy ließ ihren Blick durch das Zimmer gleiten. Es war schlicht, aber luxuriös eingerichtet. Nathans Großvater schien ein reicher Mann zu sein. Nathan hatte sicher nie auf etwas verzichten müssen.
    »Lass uns rausgehen«, unterbrach Nathan ihre Gedanken. »Was ich dir zu sagen habe, lässt sich draußen leichter erzählen.«
    Besorgnis beschlich Lucy bei seinen Worten. Trotzdem schlüpfte sie in ihre Schuhe und ihre Jacke. Nathan musterte sie mit zusammengezogenen Brauen.
    »Du musst dir dringend eine dickere Jacke kaufen. Für das Londoner Wetter ist die definitiv zu dünn.« Er holte einen blauen Schal aus einer Kommode, die neben der Tür stand, und wickelte ihn Lucy um den Hals. Zärtlich berührten seine Finger dabei ihre Wangen.
    »Besser«, befand er und

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