Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Woerter durchfluten die Zeit

Woerter durchfluten die Zeit

Titel: Woerter durchfluten die Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marah Woolf
Vom Netzwerk:
Jetzt lag sie weich und warm. Was war passiert? Dann registrierte sie, worauf sie lag. Es war kein Kissen.
    Es war eine Brust und noch dazu eine männliche Brust. Sie musste nicht nach oben schauen, um zu wissen, zu welchem Mann sie gehörte. Sie erkannte den Geruch, den seine Haut verströmte. Wie zum Teufel war sie in sein Bett gekommen?
    Lucy hob den Kopf. Nathan schlief noch. Seine Arme waren so fest um sie geschlungen, dass sie sich kaum bewegen konnte. Trotzdem konnte sie der Versuchung nicht widerstehen und strich behutsam über seine samtweiche Haut. Immer weiter wanderte ihre Hand über seinen flachen Bauch, seine athletische Brust, seinen Arm. Lucy ertappte sich bei dem Wunsch, diese Haut nicht nur zu berühren, sondern auch zu küssen. In diesem Moment bewegte sich Nathan. Er griff nach ihren neugierigen Fingern und hielt sie fest. Ertappt wandte Lucy ihm ihr Gesicht zu.
    »Ich wollte dich nur wärmen«, stellte Nathan klar. »Du warst ein Eisblock und ich wusste nicht, wie ich dich sonst auftauen sollte.«
    Wenn das keine überdeutliche Abfuhr war, dachte Lucy und wollte aufstehen. Aber Nathans Arme hielten sie weiter fest umschlungen.
    »Das hättest du nicht tun müssen«, antwortete sie beleidigt.
    »Ich konnte dich schlecht dort sitzen lassen«, erklärte Nathan und zog sie höher. Sein Mund war jetzt direkt unter ihren Augen. Sein Atem strich über ihre Haut.
    Lucy wusste, dass sie mit ihm reden sollte, dass sie ihn fragen musste, woher das Licht gestern Abend gekommen war. Sie musste herausfinden, was er wusste und weshalb er fortgelaufen war. Aber in diesem Moment sah sie nur seine Lippen. Die Lippen, die sie gestern so leidenschaftlich geküsst hatten. Nur ganz kurz schwor sie sich.
    Sie beugte sich vor und verschloss Nathans Mund mit einem Kuss. Kurz erstarrte er bei diesem unerwarteten Angriff, bevor er ihn erwiderte.
    Ihre Körper reagierten, ohne zu zögern. Lucy schmiegte sich an ihn und grub ihre Hände in sein dichtes Haar. Nathan drehte sich, sodass sie unter ihm zum Liegen kam. Jeder klare Gedanke löste sich auf. Nathans Hände glitten unter ihr T-Shirt, berührten ihre Haut und er versenkte sich tiefer in den Kuss. Lucy bog sich ihm entgegen und ein Seufzen entfloh ihren Lippen, woraufhin Nathan sie noch enger an sich zog. Sie spürte ihn mit jeder Faser ihres Körpers.
    Ein Telefon schrillte einmal, zweimal, dreimal. Erst dann schien Nathan zu sich zu kommen. Er zog sich von ihr zurück und sah sie mit demselben fiebrigen Blick an, den er hatte, wenn er las. Er setzte sich auf und griff nach dem Telefon.
    »Großvater?«, meldete er sich.
    Lucy zog sich die Decke über den Kopf. Was war das gerade gewesen? So eine Intensität hatte sie noch nie erlebt. Dabei hatte es nur ein Kuss werden sollen. Doch es war viel mehr gewesen. Ein Verschmelzen, ein Versprechen – es war, als hätte sie etwas gefunden, nach dem sie, ohne es zu wissen, schon lange gesucht hatte. Ob Nathan es auch gespürt hatte?
    Sie lauschte seinen Worten.
    »Ja, Großvater, ich bin fast soweit. Ja, Großvater. Sie wird es verstehen. Ja, ich bin sicher. Nein, du musst dich nicht einmischen. Lass mich sie überzeugen.«
    Sie? Wen meinte er damit, fragte sich Lucy.
    Nathan beendete das Gespräch, starrte aber weiter auf das dunkle Display. Lucy lugte unter der Decke hervor und überlegte, ob ihr ihr leidenschaftlicher Ausbruch peinlich sein musste.
    »Es hat sich richtig angefühlt«, sagte Nathan und drehte sich zu ihr um. Sie sah, dass er seine Hände zu Fäusten ballte, als ob er dem Impuls, sie zu berühren, widerstehen wollte.
    Lucy nickte und hoffte, dass er wieder zu ihr unter die Decke kam.
    Doch Nathan griff nach ihrer rechten Hand. Dann drehte er sein linkes Handgelenk herum und Lucy stockte der Atem. Sie sah das genaue Abbild ihres Mals. Nur war seines nicht mit weißen Linien gezeichnet, sondern mit schwarzen. Als Nathan sanft die Umrisse des Zeichens nachfuhr, begannen die Male zu glühen. Zarte Leuchtfäden erhoben sich und verwoben sich miteinander. Ganz fein schwebten sie über ihren Handgelenken.
    »Du bist mir eine Erklärung schuldig«, sagte Lucy und unterbrach damit das Spiel des Lichtes. Langsam zog es sich zurück und hinterließ einen traurigen Nachhall in ihr.
    »Ich weiß«, sagte Nathan. »Wir sollten reden. Aber wir sollten dieses Gespräch bekleidet führen.« Er lächelte. »Ich glaube, das wäre sicherer.«
    Lucy schluckte, als ihr bewusst wurde, dass sie in Slip und T-Shirt neben ihm

Weitere Kostenlose Bücher