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Wofür du stirbst

Wofür du stirbst

Titel: Wofür du stirbst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haynes
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eigentlich dein Job. Ich will mich da nicht einmischen.«
    »Das hat er mir gar nicht erzählt.«
    »Wahrscheinlich will er dich nicht unter Druck setzen, aber weißt du, an deiner Stelle wäre ich schon gerne mit von der Partie. Du nimmst mir doch nicht übel, dass ich es dir gesagt habe, oder?«
    »Nein, natürlich nicht. Du hast ja recht – ich will mit von der Partie sein. Danke, Kate.«
    Sie eilte zum Parkplatz. Ich sah ihr nach, und eine gewisse Begeisterung ergriff mich. Ich war nicht unbedingt scharf darauf, wieder zur Arbeit zu gehen, und erinnerte mich noch gut an das Gefühl, eine Außenseiterin zu sein. Doch Kates Worte hatten mich ein wenig fröhlicher gestimmt. Keiner hatte sie gezwungen, zur Beerdigung zu kommen, dennoch hatte sie sich die Mühe gemacht, und das nicht nur, um nicht unhöflich zu sein, sondern damit sie nachher mit mir reden konnte. Vielleicht ging es ab jetzt ja aufwärts? Außerdem hatte ich jetzt ein Ziel, eine Aufgabe.
    Als wir zurück in die Keats Road kamen, hatte Irene einen Braten vorbereitet. Ich musste mich zwingen, davon zu essen, obwohl er köstlich war. Ich hatte völlig vergessen, wie sich Hunger anfühlt. Die Atmosphäre am Tisch war gedämpft, doch das lag vermutlich an mir. Bei jeder unserer Mahlzeiten wurde meistens geredet und gelacht, denn Brian war eine Frohnatur und erzählte gerne unglaubliche, völlig frei erfundene Geschichten über seine Freunde, die Arbeit, seine Kollegen, Irene oder Sam, die am Ende immer irgendeine absurde Pointe hatten.
    »Achte nicht auf ihn«, hatte Irene zu mir gesagt, als er das erste Mal eine Geschichte erzählte, die genau dreiundzwanzig Minuten dauerte, auch weil er mittendrin den Faden verlor und eine andere Geschichte über einen Hund einschob, der ein Garnelenbrötchen fraß, in dem eine Tablette gegen Angststörungen versteckt war, sodass man ihm den Magen auspumpen musste (in dem man einen geheimnisvollen Diamantring fand, von dem niemand wusste, wem er gehörte, und eine römische Münze), um dann wieder die ursprüngliche Geschichte über den Freund aufzunehmen, der irrtümlicherweise eine Überdosis Valium genommen und dann fünf Tage am Stück geschlafen hatte. Das war natürlich von A bis Z erlogen, aber ich hörte gerne zu, vor allem, weil ich dann selbst nichts sagen musste.
    Irene und Sam ignorierten ihn einfach und unterhielten sich, weil sie die Geschichte offenbar schon kannten. Dann und wann erzählte er eine neue Geschichte, dann hörten auch sie lächelnd zu und warteten auf die Pointe.
    Als wir uns an den Tisch setzten, um den Braten zu verspeisen, fing Brian mit einer Geschichte über die Beerdigung eines Kollegen an, der offenbar Hobbybauchredner gewesen war. Irene warf ihm einen strengen Blick über den Tisch zu und brachte damit die Anekdote zu einem abrupten Ende. Danach saßen wir schweigend da.
    »Ich gehe ein bisschen spazieren«, sagte ich, als wir fertig gegessen hatten.
    Alle sahen mich erstaunt an.
    »Ich komme mit«, sagte Sam und stand auf.
    »Nein, ist schon in Ordnung. Ich brauche einfach nur – äh – ein wenig frische Luft.«
    Noch bevor sie Einwände machen konnten, war ich schon durch die Tür verschwunden und hatte meinen Wagen aufgesperrt.
    Auf dem Parkplatz vor dem Polizeirevier standen fast keine Autos. Das war nicht weiter verwunderlich, denn es war vier Uhr an einem Freitagnachmittag. Alle waren im Pub oder auf dem Heimweg oder spielten Snooker im Club auf der anderen Straßenseite. Ich parkte auf einem Parkplatz der Intel.
    Dann ging ich hinauf zur Einsatzzentrale, ohne auf dem Weg jemandem zu begegnen, doch als ich die Tür öffnete, saßen dort drei Leute im Büro, die alle telefonierten. Ich erinnerte mich dunkel daran, dass sie mir irgendwann einmal vorgestellt worden waren, doch ihre Namen fielen mir nicht mehr ein. Ich setzte mich an den Schreibtisch, den Frosty mir zugeteilt hatte, und loggte mich ein. Als ich im System angemeldet war, öffnete ich mein Mailprogramm und sah, dass ich vierhundertsiebenundzwanzig neue Mails hatte. Kein schlechter Anfang. Ich sortierte die Mails nach Absender und konzentrierte mich auf die von Frosty. Fünf trugen in der Betreffzeile »Telefonrechnungen«, »Noch mehr Telefonrechnungen«, »Telefonrechnungen für Nummer 872«, »Telefonrechnung für 481« und »Tut mir leid, letzter Stapel, versprochen«.
    Ich seufzte fast schon vor Freude. Das war nicht das erste Mal, dass ich Telefonrechnungen bearbeitete; für andere waren diese detaillierten

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