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Wofür du stirbst

Wofür du stirbst

Titel: Wofür du stirbst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haynes
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zurückließ. Was danach geschah, war mir nicht mehr wichtig. Nichts war mehr wichtig.
    Susan kam aus Australien zum Begräbnis, blieb zwei Wochen und flog dann wieder nach Hause zurück. Ich wusste, dass sie bis zu meinem Begräbnis nicht mehr nach England zurückkehren würde, und vielleicht nicht einmal dann – aber das hätte ich ja sowieso nicht mehr erfahren, oder?

 
    Annabel
    Moms Beerdigung fand elf Tage nach meiner Entlassung aus dem Krankenhaus statt. Sam half mir bei den Vorbereitungen. Er verglich die Preise mit denen anderer Bestattungsinstitute und fuhr mit der Organisation fort, als ich wieder in der Lage war, Entscheidungen zu fällen. Er wollte nicht, dass ich alleine zum Bestattungsinstitut im Einkaufszentrum zurückging, als mir irgendwann wieder einfiel, was dort alles passiert war – dass das der Ort war, an dem ich den Engel, oder wer er auch immer in Wirklichkeit war, getroffen hatte.
    Irene half mir bei den Vorbereitungen. Sie lieh mir einen schwarzen Rock und einen hübschen Kaschmirpulli. Zuerst dachte ich, er würde mir nicht passen, stellte dann aber fest, dass er sogar ziemlich locker saß.
    »Wie wäre es mit ein wenig Make-up?«, fragte sie mich. »Das heitert dein hübsches Gesicht ein wenig auf? Hm?«
    »Normalerweise trage ich nie welches«, sagte ich.
    »Komm mit.«
    Ich hatte langsam begriffen, dass es keinen Sinn hatte, Irene zu widersprechen. Sie nahm mich mit ins Schlafzimmer, das vorne im Haus lag, und setzte mich auf die Kante des Doppelbetts. Dann machte sie irgendwas in meinem Gesicht, während ich die Augen geschlossen hielt.
    »Ich fühle mich mit Lippenstift immer gleich viel besser«, sagte sie.
    Wenn ich mich früher geschminkt habe, habe ich mich immer irgendwie schmutzig gefühlt, aber das sagte ich ihr nicht. Es war einfacher, sie machen zu lassen.
    »Es ist sehr nett, dass du mich so herzlich aufgenommen hast«, sagte ich. »Was hast du gedacht, als Sam sagte, dass ich bei euch wohnen würde?«
    Sie lachte. »Das hat mich nicht überrascht. Er hat viel von dir erzählt. Er hat sich wirklich Sorgen gemacht, als du im Krankenhaus warst, weißt du.«
    »Ach?«
    »Natürlich.«
    »Ich weiß gar nicht, warum er sich solche Mühe mit mir gibt.«
    Irene kramte in ihrem Schminktäschchen. Ich spähte ungläubig hinein – wozu brauchte man so viel Schminke? Für was war die überhaupt gut?
    »Ich denke, er sieht viel von dir in sich selbst. Als seine Mom starb, war er sehr traurig, weißt du. Er hat sie sehr geliebt und lange gebraucht, um über ihren Tod wegzukommen.«
    »Ich dachte, er wollte bloß an die Story kommen.«
    Sie runzelte die Stirn. Wie hübsch sie ist, dachte ich. Jünger als Brian. Ich fragte mich, wie alt sie war.
    »Nein, so ist unser Sam nicht. Er ist zwar ein guter Journalist, aber mit moralischen Prinzipien. Er wollte dir helfen, dazu war er fest entschlossen. Sam ist was Besonderes.«
    Sie trat zur Seite und ließ mich in den Spiegel gucken. Ich sah ganz anders aus. Gar nicht wie ich selbst. Ich versuchte, mir zuzulächeln.
    Als ich wieder in mein Zimmer ging, lag neben meinem Bett eine kleine, weiße Feder auf dem Boden. Das war bestimmt eine Botschaft meiner Mutter, die mir sagte, dass sie bei mir war. Ich war erleichtert. Es hatte Momente gegeben, da wusste ich nicht, ob ich noch an Engel glauben sollte, und vielleicht hatte ich ja auf ein Zeichen gehofft. Und hier war es.
    Ein paar Leute vom Geselligkeitsverein kamen zur Beerdigung, auch Len von nebenan, allerdings ohne seine Frau. Zu meiner Überraschung erschien Kate und sagte mir, auch Frosty habe versucht zu kommen, sei aber in letzter Minute verhindert worden. Sam war natürlich auch da. Er folgte mir auf Schritt und Tritt, was mir so langsam auf die Nerven ging.
    Trotzdem wirkte das Krematorium erschreckend leer. Nachdem Tante Bet von uns gegangen war, hatte Mom sehr zurückgezogen gelebt, sie kannte fast niemanden und hatte keine Freunde. Das war ein schrecklicher Schock für mich, doch noch mehr schockierte mich, dass ich auf dem besten Weg war, genauso zu werden. Wie viele Leute wären zu meinem Begräbnis gekommen? Vermutlich auch nicht viel mehr. Unaufhörlich sagte ich mir, wie nah ich selbst diesem Tag gekommen war.
    Der Gottesdienst im Krematorium begann mit drei Minuten Verspätung. Sam hielt meine Hand. Normalerweise wurde peinlich genau auf Pünktlichkeit geachtet, aber vermutlich wartete man ab, ob nicht doch noch ein paar Trauergäste kämen. Dann las der Zelebrant die

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