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Wofür du stirbst

Wofür du stirbst

Titel: Wofür du stirbst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haynes
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Leben war. Ich sagte kein Wort zu ihr, sondern schlenderte einfach gemächlich Helen hinterher. Ich drehte mich nicht einmal nach ihr um.
    Zu Hause ging ich schnurstracks ins Badezimmer hinauf. Meine Mutter stand in der Küche und bereitete das Abendessen vor. Ich wusste nicht, ob sie mein Kommen gehört hatte; jedenfalls schaffte ich es ungehindert ins Bad und schloss die Tür hinter mir. An meinem Schulhemd klebte Blut, meine Fingerknöchel waren rot angeschwollen, schmerzten aber nicht. Ich hatte keine Ahnung, woher das Blut kam. Ich hielt den Hemdsärmel unter den Wasserhahn und schrubbte ihn mit der Nagelbürste ab, bis er sauber war, dann hängte ich das Hemd zum Trocknen über die Heizung. Mir war bewusst, dass ich erregt war, doch mehr auf eine abstrakte Weise. Das änderte sich, als ich unter der Dusche stand. Ich überlegte noch, ob Gewalt so etwas in mir auslöste. Oder ob es daran lag, dass ich ein Mädchen geschlagen hatte. Dann sah ich vor mir, wie sie im Schmutz und Müll auf dem Asphalt lag, sich kaum bewegte – ihre weißen Beine auf dem Boden gespreizt – und der Klang von Helens Füßen, die fortrannten. Und Helens Haar wie ein Heiligenschein um ihren Kopf, die Form ihres Mundes, als sie mir HILFE zuflüsterte. Vermutlich hatte ich die ganze Situation falsch interpretiert; höchstwahrscheinlich hatte ich alles falsch verstanden. Doch das spielte keine Rolle, denn während ich meiner Erregung unter der Dusche Erleichterung verschaffte, dachte ich an all diese Dinge gleichzeitig, und nie wäre mir in den Sinn gekommen, dass man das gemeinhin nicht als normal eingestuft hätte.
    Helen verhielt sich nach dem Vorfall in der Gasse mir gegenüber ziemlich seltsam. In der Schule starrte sie mich an, grüßte mich, wenn sie mit ihren Freundinnen zusammen war, die sie daraufhin mit den Ellenbogen in die Rippen stießen und auslachten. Beim Mittagessen setzte sie sich neben mich und erzählte mir, was sie am Vorabend im Fernsehen gesehen hatte. Ich versuchte diesen Annäherungsversuchen so gut es ging aus dem Weg zu gehen, doch obwohl sie unerwünscht waren, waren sie mir irgendwie doch nicht ganz unwillkommen. Immer wenn ich Helen sah, versetzte mir das denselben Ruck, den ich in der Gasse verspürt hatte, als sie auf mich zugekommen war und mit ihren Lippen stumm dieses Wort geformt hatte.
    Das Mädchen, das ich geschlagen hatte, erholte sich wohl wieder vollständig. Jedenfalls hörte ich nie wieder von ihr und sah sie auch nie wieder.
    In ihren Monologen sprach Helen nie von dem Vorfall, was sie in meinen Augen nur noch seltsamer erscheinen ließ. Ihre Freundinnen schienen sie für verrückt zu halten, weil sie sich mit mir abgab. Und das änderte sich auch nicht, als das Sommersemester, unser letztes Semester, begann und wir wegen des bevorstehenden Abiturs enorm unter Druck standen und die Hitze und der Heuschnupfen täglich schlimmer zu werden schienen.
    Helens letzte Prüfung fand an einem Mittwoch statt; meine am folgenden Tag. Sie ging direkt nach dem Examen mit ihren Freundinnen in den Pub, und als ich aus der Bibliothek kam, war sie gerade auf dem Nachhauseweg. Ich holte sie ein, weil sie wankte, lächelte und leise trällerte.
    »Colin!«, rief sie, als sie mich sah. »Jetzt ist alles vorbei – ist das nicht herrlich?«
    »Für mich noch nicht. Ich habe morgen meine letzte Prüfung in Physik.«
    »Pah, Physik.«
    Sie schlug ihre Tasche gegen ihre Waden, und wir gingen in Richtung der Gasse. Wir waren fast den ganzen Winter über gemeinsam diesen Weg gegangen, hatten aber nie wieder ein Wort über den Vorfall verloren. Doch heute schien sie zu zögern, als wir den Weg betraten, obwohl er von der Sonne hell erleuchtet war.
    Ich hatte mich vor Helen in Gegenwart eines Mädchen noch nie wohlgefühlt, und auch bei ihr hatte es viele Monate gedauert, in denen sie mich angelächelt und mit mir geredet hatte, bis ich ihr vertrauen konnte. Doch gerade in den letzten Schulwochen, während des heißen Sommers, dem immer stärker werdenden Prüfungsdruck und der immensen Konzentration, die von uns verlangt wurde, fragte ich mich langsam, ob sie sich vielleicht von mir angezogen fühlte. Als sich der Gedanke erst einmal seinen Weg in meinen Kopf gebahnt hatte, ließ er mich nicht mehr los, also begann ich alles, was sie zu mir sagte, jede kleinste Bemerkung, jedes Lachen als Flirtversuch zu interpretieren.
    Das komplizierte System der Interaktion zwischen den Geschlechtern ergab keinen Sinn für mich. Die

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