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Wofür es sich zu leben lohnt

Wofür es sich zu leben lohnt

Titel: Wofür es sich zu leben lohnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Pfaller
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Todestrieb identifizierte. Mit dieser ethischen, quasi medizinischen Wirksamkeit verbindet die Komödie ein theoretisches Moment. Sie macht klar, wie die materialistischen Positionen zusammenhängen: Aus dem Beharren auf dem Glück im Leben folgt konsequenterweise die Kritik des imaginären Charakters.

5 . Sind die Gescheiterten immer die Gescheiteren?
Über Nachteile postmoderner Romantik:
Verlierermentalität, Beuteverzicht, Ressentiment
    1 . Wenn nichts hilft, dann wenigstens darüber reden?
    Am Beginn des 21 . Jahrhunderts scheinen große Teile der in Kreativberufen Tätigen daran interessiert zu sein, eine neue, positive Perspektive auf das Scheitern zu gewinnen. Der Anlass wirkt naheliegend: Immer mehr gutausgebildeten Leuten droht das Scheitern (etwa in Gestalt von Prekariat, permanentem Praktikum, Volontariat etc.); da ist es doch angebracht, wenigstens eine Sprache und mithin eine Umgangsform dafür zu entwickeln. So bilden sich Initiativen, die (im Anschluss an Christoph Schlingensiefs Projekt »Chance 2000 «) »Scheitern als Chance« begreifen, Verbände »glücklicher Arbeitsloser« oder Clubs wie jener der »polnischen Versager«. [71] Auch diejenigen, die sonst in ein namenloses Nichts fallen könnten, bekommen dadurch, so die verbreitete Auffassung, wenigstens etwas – nämlich einen Diskurs.
    Ein entscheidendes Moment der genannten Initiativen allerdings ist, im Fall Schlingensiefs, die bittere Ironie, die darin bestand, eine Idee, die der Mangagementtheoretiker Tom Peters
für Unternehmen
präsentiert hatte, als anwendbares Prinzip
für die Gesellschaft als ganze
vorzuschlagen. Bei den polnischen Versagern gibt es immerhin eine gute Portion Sarkasmus und schwarzen Humors – kulturelle Qualitäten, die in der Kunst und Populärkultur der letzten, politisch korrekten Jahrzehnte weitgehend abhanden gekommen scheinen; von einem affirmativen Konzept des Scheiterns aber sind auch sie damit weit entfernt. Und die glücklichen Arbeitslosen fallen eigentlich vollständig heraus aus dieser Reihe von scheinbaren Umwertungsunternehmen des Misslichen in etwas, das auch Glanz hat oder verdient. Sie stellen sich selbst nämlich nicht als Gescheiterte dar, sondern vielmehr als die Einlösung eines Glücksversprechens, das die kapitalistische Produktionsweise ebenso wie viele, die sie bekämpfen, aus dem Blick verloren hat: der Befreiung von Arbeit.
    Dem Scheitern eine Faszination anzudichten, zeugt also diesbezüglich von einem Missverständnis; von einem Ironieverlust – und nicht unbedingt von Klugheit im Umgang mit dem Elend spätkapitalistischer Verhältnisse. Abgesehen davon, dass der größte und massivste Teil dieses Elends Menschen betrifft, die wohl kaum als Gescheiterte bezeichnet werden können, da sie, anders als die diversen schlechtbezahlten Cultural Workers in den reichsten Ländern, nicht bloß ein Ziel verfehlen, sondern aufgrund ihrer elenden Lage niemals auch nur in die Nähe eines solchen Zieles gelangten. Scheitern lässt sich somit soziologisch als Phänomen oberer Mittelschichten im Weltmaßstab beschreiben, die immerhin das Privileg von Aussichten besitzen, wenn auch nicht immer das noch seltenere ihrer Verwirklichung.
    Kann aber ein Diskurs den Gescheiterten helfen? – Man sollte nicht übersehen, was ein Diskurs aus Leuten macht, wie Michel Foucault in Bezug auf die sexuellen Geständnismoden nach 1968 gezeigt hat: nämlich
Subjekte
. Was ihnen mehr oder weniger zufällig widerfahren sein mag, wird so zu ihrer intimen Essenz. Einige homosexuelle Erfahrungen machen (durch Sprechen) nun schon
einen Homosexuellen
; ein kleiner Karriereknick
eine Gescheiterte
etc. Und unter den Bedingungen des Privatfernsehens erhält diese Subjektivierung eine zusätzliche Qualität: Während Öffentlichkeit früher möglicherweise eine Art »Schiefheilung«, [72] eine »Aufhebung« des individuellen Geschicks oder Missgeschicks in der Gruppe mit sich gebracht haben mag, ist es heute genau umgekehrt: Das Outing des schwarzen Schafs veranlasst die Zuschauer keineswegs zur Solidarisierung, sondern vielmehr dazu, erleichtert aufzuatmen und mit dem Finger auf dieses zu zeigen. Unter den gegenwärtigen Kommunikationsverhältnissen führt die Benennung und Bekanntmachung eines Unglücks nicht zu seiner Verallgemeinerung, sondern vielmehr zu seiner Vereinzelung. Vom Diskurs haben die Gescheiterten somit keinen Nutzen zu erwarten; sondern vielmehr, dass sie nun noch fester und isolierter auf ihrem Debakel

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