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Wofuer es sich zu sterben lohnt

Titel: Wofuer es sich zu sterben lohnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åsa Nilsonne
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Spuren, die Theo hinterlassen hatte, waren entweder Angst oder Besorgnis.
    In Debre Zeit verlangsamte der Fahrer sein Tempo. Jetzt mussten sie sich durchfragen. Er hielt an und rief einem jungen Mann hinterher, der um sein Leben zu rennen schien. Nach kurzem Überlegen ging ihm wohl auf, dass das keine gute Idee wäre, und er kam widerwillig näher. Sein Blick jagte in alle Richtungen, wie bei einem in Panik geratenen Polizeipferd, dachte Monika.
    Er wisse nichts, sagte er. Er habe nie von dem Zabagna gehört, die Adresse sei ihm unbekannt. Der Fahrer glaub te ihm nicht und fragte noch einmal mit lauterer Stimme, aber das Ergebnis blieb dasselbe.
    Mehr war nicht nötig, um eine kleine Menschenmenge anzulocken. Eine ältere Frau trat hervor und kam mit ener gischen Schritten auf den Streifenwagen zu. Sie trug ein dünnes Tuch über Kopf und Schultern und schaute Moni ka an. Sie schob ihr runzliges Gesicht, so weit sie konnte, durch das halboffene Autofenster.
    »Bist du aus Schweden?«
    Monika zweifelte endgültig an ihrem Verstand. Was die Frau sagte, klang schwedisch. Es klang schonisch, aber die Stimme stammte von einer kleinen alten Frau, die in Mo nikas Augen aussah wie alle anderen kleinen äthiopischen Großmütter.
    »Ich heiße Lottie. Sprichst du Schwedisch?«
    Diesmal war kein Irrtum möglich, die kleine Dame sprach Schwedisch, und zwar wie eine, die im südlichen Schweden geboren und aufgewachsen ist.
    Sie lachte glücklich. Sicher klappte hier nicht zum ersten Mal einer Schwedin das Kinn herunter.
    »Ich habe bei mehreren schwedischen Familien als Kin dermädchen gearbeitet«, sagte Lottie jetzt mit zufriedener Miene. »Sprachen sind mir immer leichtgefallen.«
    Monika suchte nach Worten und sagte nur:
    »Hallo, Lottie.«
    Jetzt hatte sich hinter Lottie eine kleine Gruppe von Neu gierigen versammelt.
    »Weißt du«, fügte Lottie hinzu, vielleicht vor allem für ihr Publikum. »Hier in Debre Zeit gab es einen Flieger horst mit vielen schwedischen Familien. Hier haben Hun derte von Schweden gewohnt. Ich spreche ungeheuer gut Schwedisch, nicht wahr?«
    Monika konnte nur nicken. Tigist schaltete sich ein.
    »Was sagt sie? Was ist das für eine Sprache?«
    »Schwedisch. Makelloses Schwedisch.«
    Die kleine alte Frau sprach offenbar auch Englisch, denn sie nickte zufrieden.
    Monika lächelte Lottie an und bat den Fahrer um den Zettel mit dem Namen des Zabagna. Der war in Fidäl ge schrieben, deshalb konnte sie den Zettel nur ausstrecken.
    »Lottie, kannst du uns helfen? Wir suchen diesen Mann. Weißt du, wo er wohnt?«
    Lottie warf einen kurzen Blick auf den Zettel.
    »Das wissen alle. Es ist nicht weit. Denkt daran, dass ihr ganz laut an sein Tor klopfen müsst.«
    Sie erklärte dem Fahrer dem Weg und winkte, als das Auto sich in Bewegung setzte.
    »Auf Wiedersehen. Viel Glück … Möge Gott euch be schützen!«
    Tigist schaute Monika misstrauisch an.
    »Was hat sie gesagt?«
    »Sie hat uns Glück gewünscht.«
    »Okay. Ich dachte nur, dass du ein bisschen komisch aus siehst …«
    Monika gab keine Antwort. Sicher war es normal, ein Gespräch mit einer kleinen Erwähnung Gottes abzuschlie ßen - doch brauchten sie auch seinen Schutz, wenn sie dem Zabagna gegenübertraten?
    Sie waren auf einen holprigen kleinen Weg abgebogen, der steil nach unten und dann steil nach oben führte. Der Wagen schlängelte sich langsam an Gärten vorbei, die von Wellblech umgeben waren.
    Endlich hielt der Fahrer vor einem namenlosen Tor. Tigist schaute Monika an. Monika schaute Tigist an. Der Fahrer ging auf die andere Straßenseite.
    Endlich trat Monika vor und klopfte an das Blechtor. Es klang nicht überzeugend, deshalb hämmerte sie mehrmals mit der Faust. Beim letzten Mal schlug sie in die Luft, denn das Tor war von innen geöffnet worden. Sie wich unfreiwil lig zurück, als der Mann einen raschen Schritt auf sie zu trat. Er hatte eine graue Mähne und erwiderte ihren Blick mit einem blinden, milchweißen Auge in einem wütenden dunklen Gesicht.
    Sie hörte, wie Tigist hinter ihr nach Luft schnappte.
    Das hier war nichts Neues. Im Laufe der Jahre hatten viele versucht, ihr Angst einzujagen. Aber dazu war mehr vonnö ten als ein ungewöhnliches Aussehen und gute Beziehun gen zu Geistern, egal, wie böse diese sein mochten.
    Sie trat einen Schritt vor und sagte auf Schwedisch: »Hör mal gut zu, du alter Mistkerl - mir machst du keine Angst, wenn du so herumspringst. Und vor deinem Auge fürchte ich mich auch nicht.« Auf

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