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Wofuer es sich zu sterben lohnt

Titel: Wofuer es sich zu sterben lohnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åsa Nilsonne
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steigen. Sie rutschte ab, machte noch einen Versuch, und am Ende stand sie, keuchend und zitternd, mit Theo wie einem toten Gewicht in den Armen da.
    Ihr Bein schien zu bluten.
    »Monika!«
    Das war Tigist, sie war unten angekommen, sie streckte eine Hand aus, sie zog Monika und Theo zu sich hin.
    Der Zabagna war in die Hocke gegangen und kehrte ih nen den Rücken zu. Das Huhn protestierte noch immer, sein Gegacker warf Echos.
    Tigist packte Theo und hob ihn hoch, Monika schob an, und am Ende hatten sie ihn aus dem Wasser geschafft. Er lag auf der Seite auf einem flacheren Teil des Felsens, sie mussten ihn festhalten, damit er nicht wieder hinunterkul lerte. Aus seinem Mund und seiner Nase lief Wasser. Moni ka hatte soeben angefangen, nach einem Puls zu suchen, als das Huhn plötzlich verstummte. Zugleich hustete Theo und spuckte eine überraschende Menge Wasser aus. Sein Atem kam stockend in Gang.
    Der Zabagna warf den kopflosen Rumpf der Henne ins Wasser.
    »Ein Leben für ein Leben. Jetzt wird er für eine Weile zu frieden sein. Aber wir müssen machen, dass wir nach oben kommen.«
    Monika schaute den schwimmenden Hühnerleichnam an, dessen Flügel noch immer ohne höheren Befehl zuck ten. Sie sah Theo an, den Zabagna, Tigist.
    Es war besser, keine Fragen zu stellen.
    Zwanzig Minuten später saßen sie im dunklen Haus des Zabagna. Theo hatte eine Beule am Hinterkopf und klap perte mit den Zähnen, aber das Atmen machte ihm kei ne Probleme. Er hatte Ähnlichkeit mit seinem Vetter, sah aber nicht so unzufrieden aus, und unter seinem linken Arm zog sich eine glänzende Narbe vom Ellbogen bis zum Handgelenk. Das reichte als Ausweis. Monika hatte sich wirklich das Schienbein aufgeschrammt, aber es blutete jetzt nicht mehr. Sie und Theo waren in dicke weiße De cken gewickelt und hielten Becher mit heißem Tee in den Händen.
    Wie auf eine schweigende Übereinkunft hin hatten sie Salomon, Juri, den Schrank in Mariams Haus oder Theos Abneigung gegen Vernehmungen bisher nicht erwähnt.
    Der Tod hinterlässt immer eine Stille, eine kleine Zeit für die Wiederanpassung ans Leben. Monika und Theo sahen sich mit neuen alten Augen um. Eine Katze schaute herein, sie erschien ihnen als gestreiftes kleines Wunder.
    Der Zabagna hatte sich in eine Zimmerecke zurückgezo gen. Sein weißes Auge funkelte in der Dunkelheit - er be hielt sie im Blick. Tigist schaute immer wieder unruhig zu ihm hinüber, wie zu einem großen, aggressiven und unbe rechenbaren Hund.
    Sie hatte sich strategisch zwischen Theo und die Tür ge setzt. Es sah zwar aus, als ob Theo sich so bald überhaupt nicht wieder bewegen würde, aber man konnte ja niemals ganz sicher sein.
    Am Ende sagte er eintönig:
    »Ich habe Salomon erschossen. Warum habt ihr mich nicht einfach ertrinken lassen?«
    Monika hatte schon längst aufgehört, mit Dankbarkeit zu rechnen, aber diesmal hätte sie ein kleines Dankeschön ja doch für angebracht gehalten. Sie musste jedoch ehrlich zugeben, dass sie ebenso an sich wie an Theo gedacht hat te, als sie ins Wasser gesprungen war. Sie hatte gewusst, dass sie nicht einfach stehen bleiben und zusehen könnte, wie er vor ihren Augen ertrank.
    Tigist hob die Hände, bremste ihn.
    »Halt! Du fängst am falschen Ende an, Theo. Ich will hier keine Geständnisse hören. Wir kriegen so viele Geständ nisse, dass wir damit den Boden düngen könnten. Zuerst will ich wissen, was du aus dem Schrank deiner Mutter ge holt hast.«
    Theo schaute überrascht auf. Sein Geständnis hatte nicht die erwartete Wirkung gehabt, und die Antwort kam rasch, unüberlegt.
    »Ihre Sicherheits CD.«
    Gute Arbeit, Tigist, dachte Monika.
    »Wir haben ihr Zimmer durchsucht, ohne die zu finden. Wo war sie?«
    »Ein Schrankfach hat einen doppelten Boden. Da hat sie sie immer versteckt.«
    »Woher wusstest du das?«
    »Das hat sie mir gezeigt. Sie wollte, dass ich das wusste, für den Fall, dass etwas passierte.«
    Tigists Stimme wurde weicher.
    »Für den Fall ihres Todes, meinst du?«
    Er nickte.
    »Aber sie war doch jung, gesund …«
    »Sie war Ärztin. Sie hatte ab und zu erzählt, wie schnell und unerwartet das passieren kann … außerdem waren zwei andere Röntgenärzte ermordet worden.«
    »Das hat sie dir erzählt?«
    Theo schüttelte den Kopf, hörte dann aber plötzlich da mit auf und schloss die Augen. Als er sie wieder öffnete, sagte er:
    »Nein. Aber ich wusste es trotzdem.«
    Angesichts von Tigists fragendem Blick fügte er hinzu: »Ich habe gehört, wie

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