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Wofuer es sich zu sterben lohnt

Titel: Wofuer es sich zu sterben lohnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åsa Nilsonne
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Vulkan?«
    »Der Vulkan ist nicht gefährlich, aber in dem See, der an ders ist als andere Seen, soll es einen Geist geben.«
    Wieder der Zusammenstoß der Kulturen. Wenn sich jetzt auch noch Geister in die Ermittlung einmischten, dann würde Monika wirklich nicht wissen, wie sie sich verhal ten sollte.
    »Dieser Geist«, fügte Tigist hinzu, »ist unerhört stark, er ist einer der wenigen, die die Christianisierung des Landes überlebt haben. Er besaß eine solche Kraft, dass er nicht aus dem See vertrieben werden konnte.«
    »Hat er einen Namen?«
    »Wir sprechen diesen Namen nicht gern aus. Aber er be deutet so ungefähr ›der, dessen Arme und Beine abgerissen worden sind‹.«
    Wie mochte ein Körper aussehen, dessen Arme und Beine abgerissen worden waren? Monika wollte nicht daran den ken. Seltsam, dass Tigist so besorgt wirkte, obwohl doch an der dünnen Kette um ihren Hals ein Goldkreuz hing.
    »Das klingt richtig unheimlich.«
    Tigist nickte.
    »Es ist auch unheimlich. Der Geist ist stark, und der Za bagna scheint ihn gut zu kennen.«
    Wie um sich zu entschuldigen, fügte sie hinzu:
    »Sogar Haile Selassie, der alte Kaiser, wollte mit dem Geist auf gutem Fuß stehen. Er war ein echter Politiker.«
    Was hatten gute Beziehungen zu einem Geist mit Poli tik zu tun? In dem Moment, in dem die Frage auftauchte, wusste Monika auch schon die Antwort. Wer eine gute Be ziehung zu einem mächtigen Geist hat, wird beschützt. Es wäre sicher schwierig, einen besseren Alliierten zu finden. Das sah sie ja schon daran, wie der Zabagna es geschafft hatte, seinen Mitangestellten Angst einzujagen.
    Endlich lag die Stadt hinter ihnen. Die Landschaft war von Kühen und Menschen geprägt, und in den Dörfern, die sie passierten, hingen Waren am Straßenrand - Obst, Kör be, Gebäck, Textilien.
    Monika fragte, was Tigist vorhatte, wenn sie ihr Ziel er reichten.
    »Wir müssen mit dem Zabagna sprechen, auch wenn sei ne Kraft zu Hause, am See, noch viel stärker ist.«
    Was soll eine schwedische Polizistin zu einer solchen Be merkung sagen? Monika glaubte nicht einmal an Gott, au ßer als Herrschaftskonstrukt der Gesellschaft. Böse Geister lagen so weit jenseits ihres Horizonts, dass sie sich nicht vorstellen konnte, wovor Tigist und die anderen sich fürch teten.
    »Was kann dieser Geist ausrichten?«
    »Alles. Er sehnt sich nach unversehrten, gesunden Kör pern, da sein eigener so verstümmelt ist. Er verursacht Krankheit, er nimmt Leben. Er kann auch denen, die auf seiner Seite stehen, Macht schenken.«
    »Wenn er dem Zabagna Macht geschenkt hat, warum ist der noch immer Zabagna?«
    Tigist sah sie erschrocken an. Ihre Hände machten kleine zum Schweigen mahnende Bewegungen.
    »Sprich nicht auf diese Weise über ihn, man weiß nie …«
    Das hier konnte Monika einfach nicht verstehen. Sie wechselte das Thema.
    »Tigist?«
    Als Antwort gab es einen ängstlichen Blick.
    »Ich habe eine ganz andere Frage. Eine, die mit Theo zu tun hat.«
    Tigist sah genauso erleichtert aus, wie Monika gehofft hatte.
    »Wenn Theo Salomon erschossen hat, meinst du, das spricht dafür, dass er auch den Jungen in Schweden ersto chen haben kann? Oder umgekehrt - wenn wir nun fest stellen, dass er Juri umgebracht hat, würde ihn das in Salo mons Fall verdächtiger machen?«
    Tigist runzelte die Stirn und konzentrierte sich.
    »Es ist trotz allem ungewöhnlich, dass die Leute sich ge genseitig umbringen. Die meisten von uns haben da eine Sperre. Egal, wie sehr wir jemandem auch den Tod wün schen, wir stoßen ihn trotzdem nicht die Treppe hinun ter oder vor einen Zug. Aber wer diesen Schritt einmal ge macht hat, ohne erwischt zu werden und ohne große Prob leme mit sich selbst bekommen zu haben, der hat sicher keine Schwierigkeiten damit, es wieder zu tun. Das ist das Schlimme an Mördern.«
    »Betrachtest du Theo also als Doppelmörder oder als ei nen, der gar kein Mörder ist?«
    Tigist lachte.
    »Jetzt greifst du den Problemen wieder vor. Zuerst finden wir ihn. Dann sprechen wir mit ihm. Danach fangen wir an, uns ein Bild zu machen.«
    Aber Monika musste sich einfach ihre Gedanken ma chen. Sie glaubte an eine Art menschlicher Homöopathie. Wir hinterlassen Spuren bei allen, die uns begegnen, und diese Spuren verraten etwas darüber, wer wir sind. Sie war Theo noch nie begegnet. Sie kannte nur die Eindrücke, die er bei denen hinterlassen hatte, die mit ihm in Kontakt ge kommen waren. Also bei Vivi, der Schulschwester, seiner Mutter, seinen Lehrern. Die

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