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Wogen der Liebe

Wogen der Liebe

Titel: Wogen der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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war das Gedränge besonders groß. Neben einem aus Bohlen zusammengezimmerten Gestell mussten sich alle niedersetzen. Hier hockten sie, ihres ungewissen Schicksals harrend. Sie bekamen weder zu trinken noch zu essen. Thoralf sprach mit einem dicken, vierschrötigen Mann. Sie diskutierten eine Weile, doch dann reichten sie sich die Hände. Thoralf nahm einen Beutel voll Münzen entgegen. Ohne sich umzudrehen, ging er und verschwand in der Menschenmenge, während die Gefangenen zurückblieben.
    Zögernd und ängstlich blickte Viviane sich um. So viele Menschen an einem Ort hatte sie noch nie gesehen. Es war ein Sklavenmarkt, hier wurden Menschen verkauft! Dieser dicke Mann musste ein Sklavenhändler sein. Bislang kannte Viviane derartige Geschichten nur vom Hörensagen. Niemals im Leben hätte sie geglaubt, einmal selbst in eine solche Situation zu kommen. Sie alle waren für einen Beutel Münzen verkauft worden!
    Angst schnürte ihren Hals zusammen. Was würde nun mit ihnen geschehen?
    Immer mehr Zuschauer versammelten sich um den Platz, auf dem die Sklaven zum Verkauf feilgeboten werden sollten. Der dickbäuchige Sklavenhändler wartete auch nicht lange, sondern lief rufend durch die angrenzenden Gassen, um auf die Versteigerung aufmerksam zu machen. Zwei fürchterlich anzuschauende Aufseher mit Lederpeitschen und breiten Schwertern bewachten die Gefangenen.
    Es ging laut zu. Die Zuschauer diskutierten über die Vor- und Nachteile der einzelnen Sklaven, über die möglichen Preise und was sie selbst gewillt waren auszugeben. Ein gewitzter Händler marschierte mit einem Bauchladen vor den Zuschauern hin und her und pries seine Fladen mit Honig oder Beerenmus an. Ihm folgte ein halbwüchsiger Junge auf dem Fuß, der Bier und Wasser ausschenkte. Er fand genügend Abnehmer.
    Die Stimmung erreichte den Siedepunkt, als einer der Aufseher zur Trommel griff und die Versteigerung eröffnete. Grob wurde ein Gefangener nach dem anderen nach vorn gezerrt. Der Händler pries sie an wie Vieh, wies auf Vorteile hin und spielte augenscheinliche Nachteile herunter.
    »Schaut, dieser Mann ist zwar klein von Wuchs, dafür besitzt er kräftige Arme und Beine. Er eignet sich für das Bergwerk ebenso wie für Arbeiten auf dem Feld oder im Steinbruch. Also, wer bietet zwei Silbermünzen?«
    Er erntete lautes Gelächter. »Du Halsabschneider, für diesen Zwerg bekommst du keine halbe Silbermünze!«
    »Wollt ihr, dass ich verhungere?«
    »So siehst du aus! Dein dicker Wanst zeugt nicht von Hunger.«
    »Anderthalb Silbermünzen. Aber tiefer kann ich nicht gehen.«
    »Einen Silberling und keinen Krümel mehr«, bot ein älterer, in einen farbenfrohen Mantel gekleideter Mann. Er schien fremd in der Stadt zu sein. Alle machten ihm ehrfurchtsvoll Platz.
    Der Sklavenhändler rang verzweifelt die Hände. »Ihr liefert meine arme Frau und meine sieben Kinder dem Hungertod aus, Herr!«
    Wieder erntete er höhnisches Gelächter. »Du hast gar keine Frau, vergreifst dich immer an deinen Sklavinnen. Und deine Kinder ziehen andere auf, weil du dich nicht um sie kümmerst, du fetter Kuckuck.«
    »Alles Lüge, Herr, hört nicht auf dieses dumme Geschwätz! Schaut her, dieser Sklave ist ein wahrer Hüne für einen englischen Insulaner. Er ist sein Geld wert, jeden Silberling.«
    »Einen Silberling«, erwiderte der Fremde unbeeindruckt. »Und dieses Weib noch dazu.«
    »Beim Thor, was für eine Anmaßung. Diese Frau ist gut drei Silberlinge oder fünf Sack Gerste wert.«
    »Die beiden für einen Silberling oder gar nichts!« Der Fremde drehte sich um und wollte den Platz verlassen. Der Sklavenhändler hielt ihn am Ärmel fest.
    »Es zerreißt mir das Herz, wenn ich die gute Ware so verschleudere. Aber was soll ich machen? Meine arme Familie …«
    Ungehalten wischte der Fremde die Hand des Sklavenhändlers weg. Er warf ihm eine Silbermünze vor die Füße, auf die sich der Händler gierig stürzte.
    »Lass die Sklaven auf mein Schiff bringen. Ich lege morgen in aller Frühe ab.«
    Stumm, mit trockenen Lippen, starrte Viviane den beiden nach, als sie fortgeführt wurden. Sie stammten aus ihrem Dorf, der Mann war Fischer, die junge Frau Witwe eines Bauern. Wohin würde es sie verschlagen? Wie würde es ihnen ergehen?
    Sie kam nicht dazu, weiter darüber nachzudenken. Der Aufseher zerrte sie hoch und stieß sie in die Mitte des Platzes.
    »Aber diese schöne Maid ist doch mindestens fünf Silberlinge wert. Sie ist gut gewachsen wie eine junge Birke, besitzt

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