Wogen der Liebe
Haut wie die Sahne einer stolzen Kuh, das Haar wie Kupfer, das die Sonne schmilzt. Sie versüßt jedem Mann die Nächte, wärmt das Bett und verheißt alle Freuden, die man sich wünschen kann.«
»Hier, hier, ich zahle vier Silberlinge. Sie ist es wert!« Der ältere Mann mit dem struppigen grauen Bart hob die Arme, um auf sich aufmerksam zu machen. Im nächsten Augenblick zog ihm jemand von hinten einen großen, aus Reisig gebundenen Besen über den Schädel.
»Untersteh dich, du alter Bock! Dafür hast du dein Weib. Ich werde dir zeigen, wer im Haus das Sagen hat. Junge Weiber anschleppen, die dir deinen alten Kopf verdrehen! Was ist, wenn du an Entkräftung stirbst? Dann stehe ich allein mit den Kindern da. Du kannst doch nicht einmal mehr deinen ehelichten Pflichten nachkommen. Du Hochstapler!« Immer wieder schlug sie auf ihren Mann ein, der sich verzweifelt mit den Armen zu schützen versuchte. Die Zuschauer johlten und lachten. Diese Versteigerung war so recht nach ihrem Geschmack.
Vivianes Augen suchten eine Möglichkeit zur Flucht, doch vergebens. Zu dicht umstanden die Leute den Platz, zu aufmerksam wachten die Aufseher über sie. Sie presste die Hände zusammen. Geduld, sie musste nur Geduld haben. Vielleicht wollte niemand sie kaufen. Dann würde sie …
»Ich nehme sie, aber nur für anderthalb Silberlinge. Sie kann in meiner Wirtschaft arbeiten, Bier ausschenken. Vielleicht verführt sie die Gäste dazu, mehr zu trinken.«
Der Sklavenhändler wirbelte herum. »Anderthalb Silberlinge? Du steigerst deinen Umsatz, und mir zahlst du so einen Hungerlohn? Drei Silberlinge, und keinen Krümel weniger.«
»Du Fettwanst, es ist mein Risiko. Weiß ich denn, ob ich wirklich mehr Bier verkaufe, wenn sie bedient? Anderthalb Silberlinge. Mein letztes Wort!«
»Ich mache nur Verluste, nur Verluste«, klagte der Sklavenhändler.
»Dann gib dein Geschäft auf«, höhnte ein anderer Zuschauer. »Ich frage mich nur, woran du dich so fett gefressen hast!«
»Es ist Kummerspeck, weil mich alle übervorteilen wollen.«
Der Schankwirt drückte dem Sklavenhändler die Münzen in die Hand und packte Vivianes Haar, um sie mit sich zu zerren. Wohl oder übel musste sie ihm folgen. Sie verzog das Gesicht vor Schmerz.
»Lass los, ich laufe nicht weg. Ich bin doch fremd hier.«
»Sicher ist sicher!« Er drehte sich zu ihr um und entblößte seine fauligen Zahnstummel. Ein widerwärtiger Geruch schlug Viviane entgegen. Sie schloss die Augen vor Ekel. Bei diesem Mann sollte sie für den Rest ihres Lebens dienen, Bier austragen, sich von betrunkenen, rauhen Wikingern anfassen und beleidigen lassen? Ihr wurde übel.
»Nun komm schon und zier dich nicht. Du hast nichts zu befürchten, ich habe kein rabiates Eheweib daheim. Ich habe gar kein Eheweib. Du genügst mir vollkommen.«
Viviane geriet in Panik. Lieber würde sie sterben, als mit diesem stinkenden Spucknapf zu leben und ihm zu Willen zu sein.
Sterben? Nein, Viviane hing zu sehr am Leben, um es leichtfertig aufzugeben. Ihr Blick fiel auf einen Stand mit Tüchern.
»So willst du mich also heimführen? Schau doch an, wie ich aussehe. Der Händler hat uns nicht einmal etwas zu essen oder zu trinken gegeben. Und mein Kleid ist zerrissen und schmutzig. Ich schäme mich, so in dein Haus einzutreten.«
Der Wirt blieb stehen und musterte sie nachdenklich.
»Na ja«, meinte er schließlich. »Du siehst tatsächlich ärmlich aus. Das lasse ich mir von meinen Gästen nicht nachsagen.« Er trat an den Stand heran, an dem verschiedene Stoffe ausgelegt waren.
»Den da!« Viviane wies auf einen kräftig blau gefärbten Wollstoff. »Und eine gelbe Borte dazu.«
»Was? Du bist eine Sklavin! Dir steht keine Borte an der Kleidung zu.«
Viviane huschte am Stoffhändler vorbei hinter den Tisch. »Aber diese Borte gefällt mir. Schau, wie gut sie zu diesem blauen Stoff passt. Du willst doch, dass ich schön aussehe? Wie soll ich deine Gäste zum Trinken verführen, wenn ich nicht schöne Kleider trage? So schau doch, welche wunderbaren Stoffe es hier gibt. Wie wäre es mit diesem roten oder diesem gelben? Der stammt bestimmt von weither und steht mir gut.« Sie packte den Ballen und hielt ihn sich an ihren Körper. Flink sprang sie zum nächsten Stoff, zu den ausgehängten Borten, durchzogen mit feinen Fäden von Gold und Silber.
»Komm her, jetzt reicht es! Du bist eine Sklavin und sollst in meinem Schankhaus die Tische scheuern. Dazu brauchst du kein Kleid aus Wollstoff und
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