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Wogen der Liebe

Wogen der Liebe

Titel: Wogen der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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Hasen. Aus dem Fell würde sie sich Schuhe fertigen. Sorgfältig nahm sie das Tier aus, legte die Innereien in den Kessel. Daraus würde sie Suppe kochen. Einen Teil des Fleisches briet sie im Feuer, auf kleine Stöcke gespießt, den größeren Teil aber wollte sie im Schnee frosten. So würde sich das Fleisch lange halten, und sie könnte eine geraume Weile davon leben, wenn sie sparsam damit umginge.
    Nach langer Zeit konnte sie das erste Mal wieder essen, bis sie satt war. Sie zwang sich, das Fleisch nicht zu verschlingen, obwohl der Hunger fast übermächtig wurde. Ihr Magen war nicht mehr ans Essen gewöhnt, die Todesangst hatte alles zusammengeschnürt. Das Fleisch schmeckte rauchig und stellenweise verbrannt, aber es erschien ihr das köstlichste Gericht, das sie je gegessen hatte.
    Trägheit erfasste sie, und eine tiefe Ruhe breitete sich in ihr aus. Sie würde überleben. Sie besaß den Willen dazu und jetzt auch die Möglichkeiten. Yngvar hatte gesagt, dass die Menschen das Grab fürchteten und mieden. Sie hoffte, dass niemand sie hier finden würde. Wer wäre so verrückt, sich ausgerechnet in den Grabhügel eines Riesen oder Ungeheuers der grauen Vorzeit zu flüchten?
    Sie schob das Laub zusammen und legte sich hinein, das Gesicht dem Feuer zugewandt. Es war angenehm warm. Ihr Blick fiel auf den seltsamen Stein. Wieso legte man einem Toten einen Stein ins Grab? Was war so wertvoll an dem Brocken, dass man ihn mit auf den Weg ins Jenseits geben würde?
    Entweder war es ein Zauberstein, der dem Riesen auch in der anderen Welt Macht verlieh, oder er bestand aus einem Material, das überaus wertvoll und kostbar war. Kostbarer als Sicheln, Messer und Krüge mit Met und Getreide.
    Viviane richtete sich wieder auf und nahm den Stein in die Hand. Er war etwa so groß wie der Kopf eines Kindes, aber sehr schwer, von dunkler, fast schwarzer Farbe und seltsam abgerundet, als hätte er schon einmal in einem sehr heißen Feuer gelegen.
    Viviane drehte ihn nach allen Seiten. Die Form war unregelmäßig, wie eine dicke Knolle, stellenweise glänzte der Stein fettig. Wenn sie mit dem Messer dagegenklopfte, klang es metallisch. Er konnte aus Eisen sein, aber auch aus einem anderen Metall. Damit kannte sie sich aus. In der Schmiede ihres Vaters hatte sie selbst schon mit Eisen gearbeitet. War es eine besondere Art von Erz? Doch woher kam es?
    Solch einen Stein hatte sie noch nie gesehen. Solch einen Stein konnte es auf der Erde gar nicht geben. Sie war überzeugt, er war vom Himmel gefallen.
    Ehrfürchtig legte sie ihn wieder neben das Feuer. Wenn es ein Stein aus dem Himmel war, dann würde er ihr Glück bringen. Langsam dämmerte sie in den Schlaf hinüber. Von fern hörte sie Wölfe heulen. Seltsamerweise schreckte es sie nicht. Sie fühlte sich gut beschützt.
     
    Im Halbschlaf glaubte sie sich auf einem Schiff, das sanft auf dem Meer schaukelte. Sie sah ein Segel über sich, am Heck stand Thoralf, das Steuer fest in der Hand. Die Wogen hoben und senkten das Schiff, einmal war Thoralf oben, dann wieder tief unten. Viviane beobachtete das seltsame Spiel. Die Wellen spielten mit den beiden Menschen, hoben und senkten sie nach Lust und Laune. Es war wie ihre Liebe, einmal wunderschön und jubelnd, überschwenglich und berauschend auf dem Gipfel, dann stürzten sie wieder hinab in ein tiefes dunkles Tal. Doch die nächste Woge hob sie wieder hinauf ins helle Glück. Zum ersten Mal seit langer Zeit war sie sich sicher, dass die Liebe sie aus diesem Wellental wieder herausheben würde. Thoralf müsste nur zurückkommen.
    Viviane hielt den Traum fest. Es war ihr Traum, niemand konnte ihn ihr nehmen, niemand konnte zuschauen. Sie befand sich mit Thoralf allein auf dem Schiff. Sie brauchte sich nicht zu überwinden, ihm zu winken. Thoralf lächelte, dann band er das Steuer mit einem Seil fest. Mit schnellen Schritten kam er über die schwankenden Planken herüber und beugte sich zu ihr herab. Sie lag auf einem geöffneten Ballen von feinstem Baumwollstoff, der sich angenehm auf der Haut anfühlte. Sie blickte an ihrem Körper herab und stellte erstaunt fest, dass sie keine Kleidung trug. Nur der feine Stoff umhüllte sie. Sie kam nicht dazu, darüber nachzudenken, ob sie sich wohl selbst entkleidet hatte. Nur die Wärme in ihrem Gesicht verriet ihre schamhafte Erwartung.
    Zärtlich strich Thoralf über ihr Haar. Dann richtete er sich wieder auf und löste seinen breiten Gürtel mit dem kunstvoll geschmiedeten Verschluss aus

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