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Wohin der Wind uns trägt

Wohin der Wind uns trägt

Titel: Wohin der Wind uns trägt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCullagh Rennie
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Fotografen, aber ich hielt es für eine gute Idee, die Pferde in Dublin Park in allen Lebenslagen abzulichten. Als ein Stück greifbarer Geschichte sozusagen. Einige der Pferde erkennst du sicher.«
    Sie blätterte das abgegriffene Album durch.
    »Schau mal. Das da ist He’s-a-Lad, der drei Cox-Plate-Sieger gezeugt hat«, verkündete sie stolz.
    Jo beugte sich hinüber, um den großen Fuchs zu bewundern. Ihre Großmutter roch wie immer leicht nach Rosenblüten und Zimt.
    »Und das hier ist Kingsford Gold«, fuhr Elaine fort. »Als er noch Rennen lief, hat er fast immer gewonnen oder ist zumindest unter den ersten Drei gewesen. Er war unser bester Zuchthengst, bevor wir ihn verkaufen mussten.«
    Ein träumerischer Ausdruck trat in ihre Augen.
    »Er war ein wundervolles Pferd, und dein Dad war ganz vernarrt in ihn. Ich würde ihn gern eines Tages zurückkaufen, wenn er bis dahin nicht zu alt ist.«
    Jo musterte den muskulösen, starken Körper, die Kopfhaltung, den kräftigen Hals und die Hinterläufe und musste dabei an die Geschichten über die erfolgreichen Rennpferde denken, die sie in der Kingsford Lodge gehört hatte.
    Die alte Dame und das junge Mädchen unterhielten sich bis spät in die Nacht. Jo erfuhr die Namen aller Menschen, die auf dem Gestüt arbeiteten, sowie die der Hengste, der trächtigen und nicht trächtigen Stuten und der Jungpferde, die sich in der Ausbildung befanden. Elaine erzählte ihr von Großvater Kingsfords Tod und von den schweren Zeiten, die sie durchleben musste, bis es ihr Schritt für Schritt gelungen war, das Gestüt wieder auf seinen heutigen Stand zu bringen.
    »Es ist nicht so groß und elegant wie zu Lebzeiten deines Großvaters. Vieles muss gestrichen oder repariert werden. Aber Wayne kümmert sich darum, und wir kommen zurecht. Nachdem wir Sir Lawrence gekauft hatten, fingen die Leute wieder an, uns ernst zu nehmen. Das war ein sehr angenehmes Gefühl«, erklärte Elaine.
    »Dad und du, ihr wisst so viel, Gran. Glaubst du, ich kann das auch alles lernen?«, fragte Jo ehrfürchtig. »Mum hat keine Ahnung von Pferden, obwohl sie ihr halbes Leben in ihrer Nähe verbracht hat. Sie mag sie nicht einmal.«
    »Bei dir tut sich eine Menge zwischen den Ohren, mach mir also nichts vor«, erwiderte Elaine und unterdrückte ein Gähnen. »Du bist wie dein Dad und müsstest dich selbst einmal reden hören. Wenn du dir etwas in den Kopf gesetzt hast, gibt es für dich kein Halten mehr. Aber wenn du für die Schule lernen und auch sonst noch alles in den Tag hineinpacken willst, was du dir für deinen Aufenthalt vorgenommen hast, ist es wohl das Beste, wenn du jetzt zu Bett gehst.«
    Vor lauter Aufregung bekam Jo kein Auge zu. In das große Doppelbett gekuschelt und die kostbare weiße Steppdecke bis zum Kinn hochgezogen, starrte sie mit großen Augen in die Dunkelheit. Bei jedem unbekannten Geräusch sprang sie auf, lief zum Fenster und blickte, zitternd vor Kälte, in die mondlose Dunkelheit hinaus. Aus dem Wachturm fiel Licht auf die Koppel mit den trächtigen Stuten. Jo hörte Stimmen; sie fragte sich neugierig, ob vielleicht gerade ein Fohlen zur Welt kam. Als sie mit klappernden Zähnen zurück ins Bett kroch und den schmalen Lichtstreifen betrachtete, der unter der Tür hereindrang, nahm sie sich fest vor, Großmutter zu bitten, sie möge doch Nina überzeugen, den albernen Plan mit der Modelkarriere fallen zu lassen.
    Jo konnte den morgigen Tag kaum erwarten, trotzdem wurde sie das Gefühl nicht los, dass jemand fehlte, um ihre Freude vollkommen zu machen.
    Achselzuckend drehte sie sich um und presste das Gesicht in die Laken. Sie musste lernen, sich damit abzufinden. Rick würde ihr wahrscheinlich für den Rest ihres Lebens fehlen. Trotz dieses ernüchternden Gedankens war sie, als sie endlich einschlief, so glücklich wie schon seit Wochen nicht mehr.

6
    Die Sonne strahlte durch das Zimmerfenster. Ärgerlich, weil sie verschlafen hatte, sprang Jo aus dem Bett und in ihre Kleider und putzte sich hastig die Zähne. Nachdem sie ihr Haar zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden und sich die Bluse zugeknöpft hatte, rannte sie in die Küche, wo die Uhr zu ihrem Entsetzen bereits zwanzig nach acht anzeigte. Sicher war Linda schon zu ihrer Runde mit dem Tierarzt aufgebrochen. Elaine saß auf einem großen Holzstuhl am Fenster und ging ihre Liste für den Tag durch.
    »Keine Panik, Jo, mein Kind«, meinte die Großmutter, als sie die Miene ihrer Enkelin bemerkte. »Wir haben zwar zum

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