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Wohin der Wind uns trägt

Wohin der Wind uns trägt

Titel: Wohin der Wind uns trägt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCullagh Rennie
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körperlicher Arbeit. »Ich weiß, nach welchen Pferden ich schauen und worauf ich achten muss.«
    Das Fohlen zuckte erschrocken zusammen und blickte sich furchtsam um.
    »Na, bist du aufgewacht?«, meinte Linda liebevoll zu dem Pferdchen, machte sich los und stand auf. »Ich muss mich um die Stuten kümmern«, sagte sie kurz angebunden, drängte sich an Jo vorbei und zog sich dabei die dünnen Gummihandschuhe aus.
    Sie hatte nur drei Stunden geschlafen, und ein übereifriges Schulmädchen aus der Stadt bei Laune halten zu müssen, hatte ihr gerade noch gefehlt. Nachdem sie Sue angewiesen hatte, zwei weitere, nur leicht erkrankte Fohlen zu versorgen, schlüpfte sie aus dem Schutzanzug und hängte ihn an einen Haken neben die Box.
    »Hol Nick, falls du noch Hilfe brauchst, und wenn sich am Zustand des Fohlens etwas verändert, funk mich sofort an.«
    Sie tauchte ihre Stiefel in die Desinfektionswanne an der Tür und warf Jo einen raschen Blick zu.
    »Wenn du dich nützlich machen willst, schnapp dir einen der Jungs und lade die Futtersäcke hinten auf meinen Lieferwagen. Ich bin gleich zurück. Und vergiss nicht, dir die Füße zu desinfizieren, bevor du hinausgehst«, fügte sie hinzu und verschwand im abschließbaren Medikamentenlager.
    Jo verkniff sich eine patzige Antwort, tauchte ihre Stiefel in die Wanne und machte sich auf die Suche nach den Futtersäcken.
    »Ich werde dich auf dem Rückweg mit einer unserer wundervollen Ammenstuten bekannt machen«, sagte Linda bei ihrer Rückkehr etwas weniger unfreundlich. Sie hatte bemerkt, wie tüchtig Jo beim Verladen der Futtersäcke gewesen war.
    »Wirklich?«, rief Jo. Sie mutmaßte, dass damit die gutmütigen Zugpferde gemeint waren, die als Ersatzmütter für die verwaisten Fohlen fungierten. Großmutter hatte erwähnt, dass sie drei weitere davon angeschafft hatte. Das hieß, dass es in diesem Jahr insgesamt sechs auf dem Gestüt gab. »Aber ich kann warten. Wahrscheinlich hattest du letzte Nacht sehr viel zu tun«, fügte sie hastig hinzu.
    Linda nickte.
    »Ich wünschte, ich wäre da gewesen, um dir zu helfen«, seufzte Jo sehnsüchtig.
    »Wir sollten uns besser beeilen. Das Wetter gefällt mir gar nicht«, erwiderte Linda und ließ den Wagen an.
    Jo blickte nach Westen, wo sich dunkle Wolken zusammenballten. Der Lieferwagen holperte über den langen Kiesweg zu den Koppeln, wo trächtige und nicht trächtige Stuten weideten. Sobald die Pferde das Fahrzeug erblickten, kamen sie herbeigestürmt, um es zu begrüßen. Sie beschwerten sich mit fliegenden Mähnen und vom kalten Wind gepeitschten Schweifen laut wiehernd darüber, dass ihr Frühstück so spät kam.
    »Wie lange arbeitest du schon in Dublin Park?«, erkundigte sich Jo auf der Fahrt zur nächsten Koppel.
    Linda wurde allmählich ein wenig zugänglicher.
    »Seit einem halben Jahr. Es gefällt mir sehr gut hier. Mrs Kingsford ist eine wundervolle Chefin. Tut mir leid, dass ich vorhin so muffig war, aber ich habe in den letzten Tagen kaum geschlafen …«
    Sie wurde vom Funkgerät unterbrochen. Sue meldete, dass es dem Fohlen gut ging. Allerdings habe sich eine der jungen Stuten erschreckt, sei in den Zaun gerannt und nun schwer verletzt. Der Tierarzt hatte vor zwanzig Minuten das Gestüt verlassen.
    »Bring sie beide in den Hof, Sue, und versuch weiter, Phillip zu erreichen. Ich bin unterwegs«, sprach Linda ins Mikrofon.
    Die Lippen zusammengepresst, wendete sie das Fahrzeug und steuerte auf die Ställe zu. Verdammt, der heutige Tag versprach offenbar, ein Albtraum zu werden.
    »Ich mache für dich weiter«, erbot sich Jo, während sie zurückrasten. »Es ist nur noch eine Koppel mit trächtigen Stuten zu versorgen. Anschließend füttere ich die nicht trächtigen Tiere und die Jährlinge auf der westlichen Koppel.«
    Linda nickte dankbar.
    Nachdem sie Linda bei der verletzten Stute zurückgelassen hatte, fuhr Jo auf der Schotterstraße zurück und sang dabei fröhlich vor sich hin. Schon am zweiten Tag ihres Besuches durfte sie die Stuten füttern. Es gab keinen Grund zur Besorgnis, denn diese Stuten würden in frühestens drei bis vier Wochen fohlen. Linda hatte ihr das erklärt und Jo außerdem versichert, dass sie erst gestern persönlich nach den Tieren gesehen habe.
    Jos Wangen waren von der Kälte gerötet. Gerade hatte sie die Hälfte der Einzeltröge gefüllt, die aus auseinandergeschnittenen alten Autoreifen bestanden, als sechs trächtige Stuten auf sie zugestürmt kamen. Ihre Mähnen und Schweife

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