Wohin die Liebe führt
dabeigewesen wäre. »Ich hab’ gar keine Lust auf eine Party, Nanny.«
»Kind, tu jetzt, was ich dir sage.« Die Bonne sprach mit verlegener Strenge. Sie wußte, was Dani dachte.
»Okay.« Das Kind drehte sich um und ging hinaus. In der Halle traf sie Onkel Sam und Charles. Beide trugen ein paar Koffer. »Onkel Sam!« rief Dani und lief auf ihn zu.
Er blieb wartend stehen. Charles ging mit dem Gepäck die Treppe hinunter.
»Ja, Dani?«
»Onkel Sam, ich hab’ ’ne Eins in Kunst!«
»Das ist ja großartig, Dani!«
Aber in Onkel Sams Stimme war etwas so Sonderbares, daß sie aufschaute und in sein Gesicht sah. Er sah müde aus, und sie spürte, daß er traurig war. Sie warf einen Blick auf die Koffer. »Fährst du auch übers Wochenende weg? Wirst du dich mit Mutter treffen, Onkel Sam?«
»Ich fahre weg, ja. aber ich werde mich nicht mit deiner Mutter treffen.«
»Schade! Ich dachte, wenn du sie siehst, könntest du’s ihr gleich sagen.« Er schien an etwas anderes zu denken. »Was sollte ich ihr sagen, Kind?«
»Daß ich eine Eins in Kunst hab’.«
»Aber ich werde sie nicht sehen, Dani.«
»Wirst du am Montag wieder zurück sein?«
Er sah sie eine Weine Weile schweigend an, dann stellte er die Koffer hin. »Nein, Dani - ich werde Montag nicht zurück sein. Ich komme überhaupt nicht zurück.«
»Überhaupt nicht?« fragte sie verwundert.
»Nein. Ich ziehe aus.«
Plötzlich kamen ihr die Tränen in die Augen. Es war genau wie mit Daddy. Eines Tages zog er aus, und nach einer Weile kam er sie auch nicht mehr besuchen. »Warum? Hast du uns nicht mehr lieb, Onkel Sam?«
Er sah die Tränen in ihren Augen und hörte den Kummer in ihrer Stimme. Er nahm ihre Hand. »Das ist es nicht, Dani. Und mit dir hat es überhaupt nichts zu tun. Aber manchmal gehen die Dinge eben nicht so, wie sie gehen sollten. Deine Mutter und ich., wir lassen uns scheiden.«
»So wie Mutter und Daddy?« Er nickte.
»Das heißt., du wirst mich auch nicht mehr besuchen kommen?«
Dani fing an zu weinen. »Niemand kommt mich mehr besuchen.«
Er legte bekümmert den Arm um sie. »Ich käme dich gern besuchen, Dani. Aber ich kann nicht.«
»Warum nicht?« fragte sie. »Susie Colters Mutter ist fünfmal geschieden, und alle ihr Väter kommen sie besuchen. Ich weiß es, weil sie in der Schule neben mir sitzt und mir immer die Geschenke zeigt, die sie ihr mitbringen.«
»Deine Mutter will es nicht.«
»Warum zieht sie nicht selbst aus, wenn sie sich scheiden läßt?« fragte Dani zornig. »Warum ist es immer der Daddy, der ausziehen muß?«
»Ich weiß es nicht, Dani.«
Impulsiv umarmte sie ihn. »Geh nicht weg, Onkel Sam! Du wirst mir so schrecklich fehlen!«
Er lächelte und legte seine Wange an die ihre.
»Du wirst mir auch fehlen, Dani. Aber jetzt sei ein großes Mädchen und laß mich gehen - und ich werd’ dir auch ab und zu ein Geschenk schicken. Das zeigst du dann deiner Freundin, damit sie weiß, sie ist nicht die einzige, die von den Daddys Geschenke bekommt.«
»Gut«, sagte Dani zögernd. Sie küßte ihn. »Aber fehlen wirst du mir doch immer.«
Sam küßte sie wieder und richtete sich auf. Er nahm sein Gepäck. »Nun muß ich mich beeilen.«
Sie folgte ihm die Treppe hinunter. »Gehst du auch nach La Jolla und wirst du auch auf einem Boot wohnen wie mein Daddy?«
Er lachte. »Nein, Dani. Ich werde eine Zeitlang in New York wohnen.«
Ihre Stimme klang enttäuscht. »Schade. Wenn du auf einem Boot wohntest, könnten wir doch mal zusammen segeln!«
Er lachte wieder. »Weißt du, Dani, ich kann nicht so gut segeln wie dein Daddy.«
Dani ging mit bis zur Tür und sah zu, wie Charles das Gepäck in einem Taxi verstaute. Onkel Sam beugte sich noch einmal zu ihr herunter und küßte sie. »Leb wohl, Dani - mach’s gut!«
Sie winkte ihm noch, als das Taxi anfuhr. »Leb wohl, Onkel Sam!« rief sie, und weil ihr nichts anderes einfiel, rief sie ihm nach: »Und amüsier dich gut!«
Nachdenklich ging sie durch das Haus zur Küche. Charles, Cookie und Nanny warteten auf sie. Alle, bis auf Violet, die Zofe ihrer Mutter. Violet war nie im Haus, wenn die Mutter fortfuhr.
»Mutter und Onkel Sam werden sich scheiden lassen«, verkündete sie. »Onkel Sam wird in New York wohnen.«
Mrs. Holman holte die Schokoladentorte und stellte sie auf den Tisch. »Nun. wie gefällt dir unser Kuchen?«
Dani sah ihn an. »Oh, er ist herrlich.« Aber ihre Stimme klang gar nicht begeistert.
»Komm, setz dich an den Tisch, und ich
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